Anleihen / AIF

German Pellets in der vorläufigen Insolvenz - was Anwälte Anlegern raten

Eine Anwältin der Kanzlei White & Case hat das Ruder im vorläufigen Insolvenzverfahren von German Pellets übernommen. Warum die Sanierung in Eigenregie damit trotzdem noch nicht vom Tisch ist und wie Fachanwälte die Lage der Genussrecht- und Anleihe-Anleger jetzt beurteilen.

Das zuständige Insolvenzgericht hat Bettina Schmudde, Partnerin der Kanzlei White & Case am Standort Dresden zur vorläufigen Insolvenzverwalterin der German Pellets GmbH berufen. Die Spezialistin für Insolvenzrecht soll sich nun ein Bild von der Lage bei German Pellets machen, um dann zu entscheiden, ob und wie German Pellets saniert werden kann. Die German-Pellets-Führung  erklärte nach gegenüber Medienvertretern, dass ihr Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenregie „vorerst gescheitert“ sei. Um überhaupt auf Geld aus dem Insolvenzverfahren hoffen zu können, müssen die Gläubiger ihre Forderungen an der Insolvenztabelle anmelden. Das geht bei der Insolvenzverwaltung. Allerdings erst, wenn das reguläre Verfahren eröffnet wird. German Pellets, teilt heute mit, dass damit Anfang Mai 2016 zu rechnen sei.

Berufung der vorläufigen Insolvenzverwalterin keine Überraschung


Es gibt Insolvenzfälle, in denen das Gericht sehr schnell zu einer Entscheidung pro Eigenverwaltung kommt. Dass dies bei German Pellets nicht der Fall ist, überrascht Fachleute kaum.  So kritisierte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) das Unternehmen aus Wismar schon vor der Insolvenz als intransparent und forderte eine Begutachtung der wirtschaftlichen Lage durch externe Experten sowie den Rücktritt der Geschäftsführung (ECOreporter.de   berichtete) Marc Gericke  ist Fachanwalt für Kapitalanlagerecht der Kanzlei Göddecke Rechtsanwälte. Er sieht unter anderem den Umgang mit den Anlegern kurz vor der Insolvenz als einen Argument, der gegen eine mögliche Sanierung in Eigenregie spricht: „Das Management hat in den letzten Monaten alles getan, um das Vertrauen der Anleihegläubiger zu verspielen“, so Gericke. Dazu gehöre nicht zuletzt die kurzfristig für den 10.Februar 2016 anberaumte und dann einen Tag vorher abgesagte Gläubigerversammlung, sagt der Jurist.

Klaus Nieding, ebenfalls Fachanwalt für Kapitalanlagerecht und Vorstand der Nieding+Barth Rechtsanwaltsaktiengesellschaft, untermauert dieses Argument:  „Es gab für die Anleger keinerlei Hinweis auf diese Katastrophe. Zwar stand fest, dass Ende März eine Anleihe im Volumen von 52 Millionen Euro zur Rückzahlung ansteht, aber die Gesellschaft hatte keine negativen Informationen veröffentlicht. Im Gegenteil hörten sich Veröffentlichungen im vergangenen  Jahr noch zuversichtlich bis erfreulich an“, erklärt er. Zudem halten sich weiterhin Gerüchte über Probleme mit Lieferanten und zum Teil seit Monaten stillstehende Werke, die German Pellets auf Nachfrage nicht kommentierte. „Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens ist schwer zu beurteilen, da die veröffentlichten Informationen und Finanzkennzahlen nicht aktuell sind“, sagt Fachanwalt Klaus Nieding. Wichtig zu wissen: In Vorbereitung auf die kurzfristig abgesagte Gläubigerversammlung hatte German Pellets zwischenzeitlich Eckdaten von vorläufigen Bilanzen des ersten Halbjahres 2015 online gestellt (mehr dazu lesen Sie in diesem  ECOreporter.de-Bericht zur Situation  rund um die abgesagte Gläubigerversammlung.

Es erscheint nachvollziehbar, dass das zuständige Gericht zunächst durch die vorläufige Insolvenzverwalterin Bettina Schmudde die Lage einschätzen lässt, um über die Art des Verfahrens befinden zu können. Bis dahin bleiben drei Wege offen: Die Eigenverwaltung durch die German-Pellets-Führung, die einen Sanierungsexperten ins Boot geholt hat, die Regelinsolvenz mit einem  Insolvenzverwalter beziehungsweise einer Insolvenzverwalterin, oder die Zerschlagung und Verwertung der Insolvenzmasse.  

Droht den Investoren der Totalverlust?


Von der Insolvenz sind zahlreiche Anleger betroffen, die mehr als 240 Millionen Euro in drei Anleihen und zwei Genussrechte von German Pellets investiert haben. Allein 224 Millionen Euro davon entfallen auf die drei Anleihen aus den Jahren 2011,2013 und 2014. Klaus Nieding macht den Anlegern sehen derzeit kaum Hoffnung auf nennenswerte Kapitalrückflüsse aus der Insolvenz. „Legt man den aktuellen Anleihekurs von rund 1 Prozent zugrunde, bedeutet das de facto, dass die Forderungen aus den Anleihen über rund 224 Millionen Euro derzeit lediglich 2,24 Millionen plus Zinsen wert sind. Das ist quasi ein Totalausfall“, erklärt Klaus Nieding. Im Prospekt zur Genussrechte-Emission von November 2015 hatte German Pellets selbst die komplexe Unternehmensstruktur als Risiko für den Insolvenzfall dargestellt. Ein Problem: Mehrere für die Strategie von German Pellets wichtige Werke werden zwar von der Eigentümerfamilie Leibold kontrolliert, gehören aber nicht zur Gruppe und fallen damit nicht der Insolvenzmasse zu.

Schadenersatz als Hoffnungsschimmer für Anleger?

Fachjuristen raten Anlegern dazu, Schadenersatzansprüche prüfen zu lassen. Ein Ansatz dazu wären ihnen zufolge mögliche Fehler oder Falschdarstellungen in den Geldanlageprospekten. „Auch die Behauptung der Gesellschaft im Rahmen der Veröffentlichung der Einladung zur Gläubigerversammlung, dass die Zinszahlung Ende März/Anfang April sicher sei, sehe ich durchaus als möglichen Ansatzpunkt für eine fehlerhafte Kapitalmarktinformation“,  erklärt Klaus Nieding dazu.
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