„Grüne Immobilien werden eine der Triebfedern des Nachhaltigen Kapitalmarktes“ - Interview mit Fabian Tacke, KlimaGut Immobilien AG



ECOreporter.de: Welche Bedeutung hat der Immobiliensektor für den Klimaschutz?

Fabian Tacke: Die Immobilien verursachen in Deutschland mit 40 Prozent den größten Anteil am Energieverbrauch und sind für etwa ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Damit liegen sie noch vor der Industrie und dem Verkehr. Angesichts einer Neubauquote von derzeit etwa 0,5 Prozent liegt der Schwerpunkt beim Gebäudebestand. Gleichzeitig sind die Potentiale zur Energie- und CO2-Einsparung gewaltig. Drei Viertel des Altbaubestandes wurde noch vor der ersten Wärmeschutzverordnung 1979 errichtet. Diese Gebäude sind oft gar nicht oder kaum energetisch saniert. Die Mehrheit ihrer Heizungssysteme entspricht nicht dem Stand der Technik. Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist der zentrale Schlüssel zur Modernisierung der Energieversorgung und zum Erreichen der Klimaschutzziele. Das belegen verschiedene Szenario-Studien.

ECOreporter.de: Welche Maßnahmen können helfen, die Klimabelastung durch Gebäude einzudämmen?

Tacke: An erster Stelle steht die Dämmung der Hülle, also der Außenwände, der obersten Geschossdecken, der Kellerdecken und die Erneuerung der Fenster. Aber auch mit sehr kleinen Maßnahmen lassen sich große Effekte erzielen. Die Regulierung der Pumpen und ein hydraulischer Abgleich des Heizungsnetzes können zum Beispiel schon erhebliche Effekte erzielen. Eigentümer sollten im Einzelfall abwägen und sich von einem Energieberater beraten lassen.
Dann stellt sich die Frage, wo die Energie herkommt. Schon die Umstellung von Kohle oder Heizöl auf Erdgas bringt erhebliche Effekte. Wenn man das dann noch mit einem Blockheizkraftwerk oder Solaranlage kombiniert, kommt man schnell auf eine Einsparung von 50 bis 70 Prozent der Primärenergie.
Wer es besonders gut machen will, kann sein Haus zum Niedrigenergie- oder Passivhaus machen. Das ist in der Regel aber mit erheblichen Investitionen verbunden. Eine geschickte Kombination aus einzelnen Dämmmaßnahmen mit dem Einsatz von regenerativen Energien kann ein Haus mit vertretbaren Investitionen zum klimaneutralen Haus machen.
Mit einer Umstellung auf regenerative Energien kann man sich zudem von der Entwicklung des Ölpreises abkoppeln und langfristige Preisstabilität erreichen. Auch das Thema Versorgungssicherheit stellt sich damit anders dar. Man muss nicht unbedingt Klimaschützer sein, um auf Energieeinsparung und regenerative Energien zu setzen.

ECOreporter.de: Inwiefern gibt es bereits politische Vorgaben für mehr Klimaschutz in dem Sektor?


Tacke: In Deutschland gibt es eine Energieeinsparverordnung (ENEV), die Vorgaben zum Energiestandard für Neubauten macht. Bei Altbauten gibt es Vorgaben nur wenn Sanierungen oder Umbauten erfolgen. Es gibt bislang jedoch keinen Zwang, sein Haus zu sanieren. Die ENEV soll ab 2012 verschärft werden. Darüber wird derzeit intensiv diskutiert, so dass noch nicht abzusehen ist, was tatsächlich kommen wird. Auch das neue Energiekonzept der Bundesregierung enthält dazu nichts Konkretes.

ECOreporter.de: Ist der vorgesehene Zwang zur energetischen Rundum-Sanierung vom Tisch und wie bewerten Sie die Entscheidung dazu?


Tacke: Ja, der Sanierungszwang ist erst mal vom Tisch, auch die Malus-Regelung für Sanierungsverweigerer. Angesichts der Dramatik der Klimaentwicklung und der Verweigerungshaltung einiger Verbände wäre ein wenig Zwang vielleicht nicht schlecht gewesen. Andererseits würde das wahrscheinlich nur zu Rechtsstreitigkeiten führen. Die Bundesregierung hat also die Peitsche eingepackt und das Zuckerbrot rausgeholt. Sie will die Gebäudesanierung mit verschiedenen Instrumenten fördern. Das sind in erster Linie finanzielle Anreize. Außerdem soll das Energiesparcontracting erweitert und die Mietgesetzgebung angepasst werden. Ein besonderer Leckerbissen könnte die steuerliche Förderung werden. Insgesamt verfolgt die Regierung das Ziel, bis zum Jahr 2050 den Primärenergieverbrauch im Gebäudebestand um 80 Prozent zu senken.
Allerdings fehlen im Konzept konkrete Angaben und Zahlen wie dieses Ziel erreicht werden soll. Die beschriebenen Maßnahmen sind sehr beliebig und die meisten nicht neu. Gegenüber dem ersten Entwurf wurden auch schon erhebliche Abstriche gemacht. Die Ziele sind wenig ambitioniert. Angesichts der Bedeutung der Gebäude für den Klimaschutz hätte ich mir deutlich mehr gewünscht.
Aber, wenn diese Ziele jetzt ernsthaft angepackt werden, wird das der Immobilien- und Bauwirtschaft einen erheblichen Schub verpassen.

ECOreporter.de: Wie steht es um die staatliche Förderung von energetischer Gebäudesanierung?

Tacke: Die KfW stellt verschieden Darlehens- und Zuschuss-Programme bereit. Nach dem neuen Energiekonzept sollen diese ausgebaut werden. Zahlen werden dazu bislang nicht genannt. Die Gebäudesanierung soll außerdem künftig auch steuerlich gefördert werden. Einige Bundesländer haben noch ergänzende Fördertöpfe.

ECOreporter.de: Inwiefern gibt es alternative Konzepte zu den Plänen der Bundesregierung, um die erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen mit vertretbarem ökonomischen Aufwand anzustoßen?

Tacke: Es gibt viele gute Beispiele. Eine energetische Sanierung kann wirtschaftlich interessant, sozial verträglich sein und zu architektonisch schönen Ergebnissen führen. Die Deutsche Energieagentur zeigt mit ihren Effizienzhäusern solche Beispiele. Auch wir haben ein Konzept entwickelt, mit wirtschaftlich vertretbaren Investitionen Miethäuser so zu sanieren, dass sie klimaneutral betrieben werden.

ECOreporter.de: Welche Rolle spielt die EU beim Klimaschutz im Immobiliensektor?

Tacke: Bislang leider keine Vorreiterrolle. Die im Frühsommer verabschiedete Energieeffizienzrichtlinie ist sehr dünn. Sie schreibt vor, dass ab 2020 Neubauten klimaneutral sein sollen. Für Altbauten gibt es keine nennenswerten Vorgaben.

ECOreporter.de: Welche Erwartung haben Sie für die Zukunft und inwiefern können Anleger sich am Klimaschutz im Immobiliensektor beteiligen?


Tacke: Das Forum Nachhaltige Geldanlagen hat in seiner jüngsten Studie ermittelt, dass grüne Immobilien in Zukunft eine der Triebfedern des Nachhaltigen Kapitalmarktes sein werden. Die Anleger wollen neben Wind, Sonne, Wasser auch in grüne Immobilien investieren. Hier entsteht gerade ein neuer Markt. Das Problem ist, dass es bislang zu wenig grüne, nachhaltige Immobilien gibt. Mit der Einführung eines Labels für nachhaltige Immobilien im letzten Jahr ist allerdings eine wichtige Voraussetzung geschaffen worden. Seit Mitte 2009 gibt es die ersten nachhaltigen Immobilienfonds. Allerdings kann man die bislang noch an einer Hand abzählen.
Wir haben im vergangenen Jahr die KlimaGut Immobilien AG gegründet, um genau diese Lücke zu schließen. Wir entwickeln nachhaltige Wohnimmobilien und daraus Immobilienfonds für umweltbewußte Anleger. Bis Ende Oktober bieten wir noch eine Beteiligung an dieser Entwicklungsgesellschaft an und suchen dafür Menschen, die die Weitsicht haben, Unternehmertum und Klimaschutz miteinander zu verbinden.

ECOreporter.de: Herr Tacke, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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