Dr. Helge Wulsdorf, Nachhaltigkeitsbeauftragter der Bank für Kirche und Caritas. / Foto: Unternehmen

  Finanzdienstleister

Interview: „Nachhaltigkeit gehört zu unserem Kerngeschäft “

Die Bank für Kirche und Caritas mit Sitz in Paderborn ist eine katholische Kirchenbank. Sie hat als eine der ersten Kirchenbanken in Deutschland eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Helge Wulsdorf ist Bankkaufmann, Diplomtheologe und promovierter Sozialethiker. Seit 2003 leitet er bei der Bank für Kirche und Caritas den Bereich Nachhaltige Geldanlagen.

ECOreporter.de: Dr. Wulsdorf, Sie sind der erste Nachhaltigkeitsbeauftragte einer Kirchenbank in Deutschland. Seit 2003 - zehn Jahre lang. Hätten Sie nicht nach der ersten Hälfte aufhören sollen?

Dr. Helge Wulsdorf: Nein, warum?

ECOreporter.de: Weil vor nahezu fünf Jahren die Finanzkrise begann. Hat sie das Thema Nachhaltigkeit in den Hintergrund gestellt und schwieriger werden lassen?

Wulsdorf: Ganz im Gegenteil! Die Krise hat uns bestärkt, dass wir mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie auf dem richtigen Weg sind. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass man in der Krise sehr schnell sehen konnte, wie es um die Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit manch eines Nachhaltigkeitsansatzes in der Finanzbranche bestellt war. Wo Nachhaltigkeit draufstand, war Nachhaltigkeit noch lange nicht drin. War sie nur Modelabel, blieb sie schlicht auf der Strecke.

ECOreporter.de: Gehen wir zurück, bis vor Ihrem Beginn bei der Bank für Kirche und Carita: Was hat die Bank dazu bewogen, einen Nachhaltigkeitsbeauftragten einzustellen?

Wulsdorf: Letztlich war es das Gespür des Vorstandsvorsitzenden unserer Bank, Dr. Richard Böger. Für ihn war schon vor über zehn Jahren klar, dass, wie es jüngst Ulrich Grober ausgedrückt hat, Nachhaltigkeit der „Navigationsbegriff für die Reise in die Zukunft“ sein wird. Die Bank für Kirche und Caritas sollte sich auf diese Reise machen. Vor allem ging es Dr. Böger darum, dass die Diskussion von der ethischen Seite fachkompetent begleitet und die Bank auf der Basis christlicher Werte zukunftsfest aufgestellt wird.

ECOreporter.de: Sie sind Bankkaufmann, aber auch Sozialethiker, waren persönlicher Referent des damaligen Paderborner Weihbischofs und heutigen Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx. Wo ist die Verbindungslinie von Nachhaltigkeit und Sozialethik?

Wulsdorf: Die lässt sich schnell ziehen: Wie wir die Zukunft unseres Planeten nachhaltig gestalten wollen, ist eine zutiefst sozialethische Frage. Sie fordert klare Wertvorstellungen und Zielperspektiven ein. Auch wenn sich auf die Frage sicher keine einfachen Antworten finden lassen, so geben christliche Wertvorstellungen hier Orientierung. Der biblische Schöpfungsauftrag zeigt etwa, dass dem Bebauen bewusst das Bewahren gegenübergestellt wird und damit menschliches Handeln immer mit Grenzen zu tun hat. Oder nehmen Sie nur den diesjährigen Evangelischen Kirchentag in Hamburg, der mit seinem Motto „Soviel du brauchst“ ein zentrales Nachhaltigkeitsthema aufgegriffen hat. Nachhaltigkeit ist in der Mitte der Kirche angekommen und macht dann auch an Fragen der Finanzen nicht halt. Als Kirchenbank sind wir christlichen Werten verpflichtet. Wir haben diese in unserem Geschäft umzusetzen und unseren Kunden entsprechende Nachhaltigkeitsprodukte anzubieten.

ECOreporter.de: Was umfasst die Arbeit eines Nachhaltigkeitsbeauftragten in einer kirchlichen Bank?

Wulsdorf: Die Arbeit eines Nachhaltigkeitsbeauftragten ist äußerst vielfältig. Wesentliche Aufgabe ist es, Nachhaltigkeit im Kerngeschäft unserer Bank zu implementieren und die entsprechenden Abteilungen zu vernetzen. Herzstück meiner Arbeit ist unser Nachhaltigkeitsfilter, der für unsere gesamten Eigenanlagen sowie hauseigenen Produkte gilt und beständig weiterentwickelt wird. Nachhaltigkeit ist aber vor allem „Storytelling“. So gehört es zu meinen Aufgaben, unsere Kunden für die Thematik mit all ihren Wirkungsweisen immer wieder zu sensibilisieren, entsprechende Materialien zu erstellen und gezielt hierfür Dienstleistungen, wie Workshops und Vorträge, anzubieten. Meine Kolleginnen und Kollegen habe ich darüber hinaus im Vertrieb zu unterstützen. Bei unserem Um- und Erweiterungsbau vor zwei Jahren galt es zudem, auf positive betriebsökologische Entscheidung hinzuwirken, die sich langfristig auszahlen und damit einen klaren Mehrwert darstellen.

ECOreporter.de: Im Treppenhaus der Bank glitzert es. Das ist aber
kein Gold in den Wänden, oder?


Wulsdorf: Glitzern ist vielleicht etwas übertrieben und von Gold kann schon gar keine Rede sein. Aber richtig beobachtet: Wir haben einen besonderen Putz, nämlich Lehmputz, bei unserem Umbau verwendet. Er sorgt für ein angenehmeres Raumklima als der Normalputz. Insgesamt ging es bei unseren Baumaßnahmen darum, dass wir hier vorbildlich nachhaltig handeln. Die Nachhaltigkeit lässt sich aber nicht allein am Lehmputz festmachen. Sie ist insbesondere eine Frage der Haustechnik und Energieversorgung. Hier haben wir sehr hohe Standards aufgestellt, um unser Gebäude auf lange Sicht zukunftsfähig zu machen.

ECOreporter.de: Kommen wir zum Kerngeschäft: Was war der erste Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, den die Bank mit Ihnen gegangen ist?

Wulsdorf: Eigentlich eine Grundsatzentscheidung, über die ich bis heute sehr glücklich bin. Wir legen über unsere Eigenanlagen einen Nachhaltigkeitsfilter und machen unsere Anlageseite so nachhaltig wasserdicht. Damit war der unumstößliche Grundstein für unsere Nachhaltigkeitsstrategie gelegt. Der Schritt war aus damaliger Sicht sehr mutig, betrifft er doch unsere gesamte Anlagepolitik. Heute können wir sagen, dass er genau der richtige war, um eine Bank in Richtung Nachhaltigkeit zu positionieren.

ECOreporter.de: In der Folge haben Sie auch eine nachhaltige Vermögensverwaltung entwickelt. Für welche Kunden ist sie gedacht?

Wulsdorf: Ab einem Volumen von 2,5 Millionen Euro bieten wir institutionellen und Privatkunden eine individuelle nachhaltige Vermögensverwaltung an. Der Nachhaltigkeitsfilter kann dann ganz individuell auf die persönlichen Nachhaltigkeitsvorstellungen des Kunden zugeschnitten werden. Das heißt, der Kunde kann anhand seiner Wertorientierung aus rund 250 Kriterien auswählen, welche Ausschlüsse er in seinem Portfolio umsetzen möchte und ob und inwieweit ergänzend hierzu ein Best-in-Class-Ansatz zum Zuge kommen soll. Nachhaltigkeit ist aber nicht nur eine Frage des Finanzprodukts. Wir haben überdies auch einige Dienstleistungen im Angebot, die insbesondere diejenigen in Anspruch nehmen, die sich in Richtung Nachhaltigkeit weiterentwickeln wollen. Mit unserem nachhaltigen Portfolioscreening können wir anhand der individuellen Nachhaltigkeitsvorstellungen des Kunden aufzeigen, wie nachhaltig sein Depot bereits aufgestellt ist. Will der Kunde sein bislang konventionelles Portfolio in ein nachhaltiges umwandeln, haben wir hierfür einen Beratungsleitfaden zur Hand. Abgerundet werden unsere Dienstleistungen durch die Erstellung von Anlagerichtlinien und individuellen Nachhaltigkeitsfiltern.

Die Fortsetzung des Interviews mit Helge Wulsdorf finden Sie hier. Darin erklärt er unter anderem, welche Rolle Nachhaltigkeit bei den Produkten und der Kreditvergabe der Bank für Kirche und Caritas spielt.

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