Nachhaltige Aktien, Meldungen

Jahresrückblick Windaktien: Stürmische Zeiten für Windradhersteller



Noch liegen die Gesamtzahlen für die Windkraft nicht komplett vor, doch die Experten des Weltverbandes der Windenergiebranche World Wind Energy (WWEA) prognostizierten bereits vor einigen Monaten, dass 2011 wieder ein ordentliches Wind-Jahr werden würde. Demnach dürften im Jahresverlauf, weltweit neue Windräder mit 43.900 Megawatt (MW), also 43,9 Gigawatt (GW) neu in Betrieb gegangen sein. Verglichen mit 2010 wäre das eine Steigerung um rund 16 Prozent. Damit dürften alle Windkraftanlagen weltweit Ende 2011 eine Leistungskapazität von 240 GW erreicht haben – genug, um drei Prozent des Welt-Strombedarfs zu decken.

China blieb in 2011 Windenergie-Nation Nummer eins vor den USA und Deutschland. Es folgen Spanien und Indien. Drei Viertel der weltweit bis Juni 2011 laufenden Windräder produzierten ihren Strom in einem dieser fünf Länder. Allerdings holen Kanada und die Schwellenländer Südeuropas auf.

Perspektive Offshore-Windkraft als Reaktion auf Fukushima

Auftrieb erhielt die Windenergiebranche 2011 vor allem durch die Reaktionen auf die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, wo im März 2011 ein Atomkraftwerk havarierte. So beschloss beispielsweise die deutsche Bundesregierung, stark auf Offshore-Windparks zu setzen. Für Strom aus Offshore-Windkraftwerken legt das ab 2012 gültige überarbeitete deutsche Erneuerbare-Energie-Gesetzes (EEG) 15 Cent je Kilowattstunde Vergütung fest statt wie bisher 13 fest. Anders als bei der Solarenergie, wo die Einspeisevergütung auf 20 Jahre festgeschrieben ist, gilt dieser Satz für zwölf Jahre. Alternativ können die Betreiber von Offshore-Windparks auch acht Jahre lang 19 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Marktbeobachter prognostizieren der Offshore-Windenergie weltweit ein rasantes Wachstum: Allein in Europa dürften in den kommenden acht Jahren 17 Milliarden Euro in die Windenergie auf See fließen, sagt der europäische Branchenverband European Wind Energy Association (EWEA) voraus. dass Als mögliche Investitionsschwerpunkte nennt die EWEA Großbritannien und Deutschland sowie einige aufstrebende Länder Südosteuropas.
Bildnachweis: Aufbau einer Windturbine für den Offshore-Windpark alpha ventus. / Quelle: Windreich AG.

2011 hatten vor allem die Hersteller von Windkraftanlagen mit einem zunehmend schwierigen Marktumfeld zu kämpfen: Der Markt für Windkraft an Land ist in Westeuropa immer mehr gesättigt, und die schnell wachsenden Zukunftsmärkte Asiens, vor allem China, sind für westliche Anbieter schwierig. Auch Märkte wie Nord- und Lateinamerika oder Ozeanien glichen das nicht aus. Im Vergleich zum Preisniveau von 2008 verbilligten sich Windkraftanlagen 2011 durchschnittlich um 22 Prozent. Die Finanzkrise erschwerte den Absatz weiterhin.

Die Aktie des nach wie vor weltgrößten Windradherstellers Vestas Wind Systems beschloss den letzten Handelstag 2011 an der Deutschen Börse bei 8,43 Euro. Damit büßte sie auf Jahressicht 65 Prozent an Wert ein. Für die ersten neun Monate 2011 wies das Unternehmen aus Randers in Dänemark satte 84 Millionen Euro Verlust vor Zinsen und Steuern (EBIT) aus. Im Vorjahreszeitraum hatte Vestas noch 52 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet. Der Umsatz dieser Bilanzperiode war mit 3,8 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Für das Gesamtjahr 2011 hat Vestas eine Gewinnwarnung ausgegeben und auch die Langfristprognose korrigiert: Das vormals für 2015 ausgerufene Umsatzziel von 15 Milliarden Euro bei 15 Prozent Gewinnmarge sei unerreichbar geworden, hieß es. Vestas kündigte ein Kostensenkungsprogramm an.

Die spanische Gamesa Corp. Tecnologia aus Zamudio im Baskenland erzielte in den ersten drei Quartalen 2011 knapp zwei Milliarden Euro Umsatz und damit 13 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Das EBIT kletterte um 11 Prozent auf 83 Millionen Euro. Das Nettoergebnis der ersten neun Monate erhöhte sich auf Jahressicht um 20 Prozent auf 30 Millionen Euro. Prognosen zur Bilanzentwicklung für das Gesamtjahr 2011 gab Gamesa nicht ab. Über das Jahr verteilt hatte Gamesa einige größere Vertriebserfolge in Asien und Lateinamerika gemeldet und stark in die weitere Erschließung Chinas als Markt und Produktionsstandort investiert. Die Gamesa-Aktie beschloss das Börsenjahr 2011 rund 45 Prozent unter Vorjahresniveau mit 3,22 Euro.
Bildnachweis: Windräder von Gamesa. /Quelle Unternehmen.

Die Aktie des Hamburger Windturbinenbauers Nordex SE sank 2011 um 28 Prozent auf 3,95 Euro. Dank guter Geschäfte in den USA hatte Nordex den Umsatz in den ersten neun Monaten 2011 um 8,8 Prozent auf 668 Millionen Euro gesteigert. Dennoch sank das EBIT in diesem Zeitraum um 35 Prozent auf 11 Millionen Euro. Das Ergebnis sei durch hohe Fixkosten, etwa für das Personal belastet gewesen, hieß es. Für das Gesamtjahr 2011 erwartet Nordex rote Zahlen. Gerechnet wird mit rund zehn Millionen Euro EBIT-Verlust. Auch das Umsatzziel von einer Milliarde Euro wurde aufgegeben. Nordex erwartet nunmehr 920 Millionen Euro Umsatz.

Die Aktie des Hamburger Windturbinenhersteller REpower SE ist nach neun Jahren vom Börsenparkett verschwunden. Der indische Mutterkonzern Suzlon, ebenfalls ein Hersteller von Windkraftanlagen, hatte den Minderheitsaktionären über eine andere Tochtergesellschaft, die zu diesem Zeitpunkt schon 95 Prozent der REpower besaß, die verbliebenen REpower-Anteile abgekauft.

Mit der Sinovel Wind Group Co. Ltd. gab ein echtes Schwergewicht unter den Windturbinenbauern am asiatischen Markt im Januar 2011 sein Debüt an der Börse in Shanghai. Dabei warb der größte Windradhersteller Chinas 1,4 Milliarden US-Dollar ein. Analysten stuften das Börsendebüt dennoch als vergleichsweise schwach ein. Über das Jahr büßte die Sinovel-Aktie fast 81 Prozent ein; am Jahresende notierte sie noch bei 15,64 Yuan (2,48 Dollar).

Schlagzeilen machte der Konzern mit Sitz in Peking durch den andauernden Rechtsstreit mit dem US-Windkraftzulieferer American Superconductor (AMSC), dessen größter Kunde Sinovel war. Die Unternehmen streiten um Rechnungen aus dem zweiten Halbjahr 2010, die Sinovel nicht bezahlt haben soll. Außerdem verklagte der Zulieferer aus Devens im US-Bundesstaat Massachusetts Sinovel wegen Diebstahl geistigen Eigentums.
Aktien der Zulieferer unter Druck

Der Streit brachte AMSC finanziell in arge Bedrängnis und drückte den Aktienkurs. Im Jahresverlauf 2011 verlor sie mehr als 23 Prozent an Wert. An der US-Technologiebörse Nasdaq lag der Kurs am Jahresende bei 1,23 Dollar. Wegen des Streits mit Sinovel verzögerte sich bei AMSC die Bilanzerstellung. Für das letzte Quartal in 2011 erwartet AMSC rund 30 Millionen Dollar Nettoverlust bei 15 Millionen Dollar Umsatz. Auch das dritte Quartal 2011 hatte der Windkraftzulieferer mit 52 Millionen Dollar Defizit beendet. In der Folge des Rechtsstreits mit Sinovel war die von AMSC angestrebte Übernahme eines finnischen Technologiezulieferers geplatzt. Dass hatte zusätzliche Abschreibungen verursacht. Schließlich kündigte AMSC an, knapp die Hälfte seiner 848 Mitarbeiter zu entlassen.

Auch die Aktie des Windkraftzulieferers Zoltek Companies Inc., notiert an der Nasdaq, sank: um 35 Prozent auf 7,62 Dollar. Das Geschäftsjahr 2011 (Bilanzstichtag 30. September) beendete Zoltek in der Verlustzone. Allerdings gelang es dem Unternehmen aus St. Louis in Missouri, den Nettoverlust von 10,6 Millionen in 2010 auf 4,7 Millionen in 2011 zu reduzieren. Der Jahresumsatz kletterte um 18 Prozent auf 152 Millionen Dollar. Insgesamt war 2011 für Zoltek ein Jahr der Konsolidierung. Im letzten Quartal des Geschäftsjahres kehrte das Unternehmen in die Gewinnzone zurück.

Erfolge im Offshore-Geschäft stärken Projektierer-Aktien

Die Aktien von Windkraftprojektierern waren 2011 im Schnitt erfolgreicher als jene der Hersteller und Zulieferer. Die mit knapp 22 Prozent Kursplus stärkste Windaktie des Jahres war die der PNE Wind AG. Sie notierte zum Handelsschluss 2011 bei 1,85 Euro. Das Wertpapier hatte zum Jahresende kurzfristig stark zugelegt, nachdem der Windkraftprojektierer aus Cuxhaven den Verkauf seines Nordseewindparks Gode Wind II an einen dänischen Investor gemeldet hatte. Er soll einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die Projektrechte zahlen.

Für die ersten neun Monate 2011 verbuchte die PNE Wind AG allerdings einen kräftigen Gewinneinbruch. Nach 7,9 Millionen Euro EBIT in 2010 wies das Unternehmen für die ersten drei Quartale in 2011 rund 700.000 Euro EBIT-Defizit aus. Der Umsatz des Berichtszeitrums sank von 56,2 in 2010 auf 33,1 Millionen Euro. Diesen Rückgang führte PNE auf den Schwenk von Onshore- zu Offshore-Windparks zurück. In diesem Geschäftsbereich flössen Erträge erst später, hieß es. Für die Jahre 2011 bis 2013 gab die PNE Wind AG zwischen 60 und 70 Millionen Euro als Umsatzziel an. Der Vertriebserfolg bei Gode Wind II könne das Erreichen der Prognose allerdings beschleunigen, so PNE Wind.

Fortschritte vor allem im Offshore-Windkraftgeschäft meldete auch der Bremer Projektierer Energiekontor AG. Durch den Verkauf der Projektrechte am Hochsee-Windkraftprojekt Borkum Riffgrund West, der 40 Kilometer vor der Nordsee-Insel Borkum entstehen soll, erzielte Energiekontor erstmals größere Gewinne in diesem Geschäftssegment. An der Deutschen Börse stieg die Aktie im Vergleich zu ihrem Vorjahreskurs um 3,74 Prozent. Sie beschloss das Jahr bei 4,21 Euro.


Ausblick: Windstrom in drei Jahren nicht mehr teurer als fossile Energie?

Die nächste Zukunft bleibt besonders für die Windradhersteller schwierig: Verschiedene Studien sagen voraus, dass die asiatischen Akteuere ihre Preisvorteile bei der Produktion weiter ausnützen,  den Druck auf die westlichen Mitbewerber verstärken und den Markt zunehmend prägen werden. Das Marktforschungsinstitut Roland Berger sieht zudem größere Konzerne im Vorteil vor kleineren und mittleren Unternehmen, weil diese leichter in großen Stückzahlen produzieren können. Sollte der Windbranche generell der Übergang hin zu Kleinserienfertigung gelingen, könne Windstrom „in drei bis fünf Jahren Netzparität erreichen“, so die Experten. Entscheidend sei, inwiefern die Unternehmen sich sowohl regional aus auch was die Technologie betrifft, gut auf den Windmärkten der Zukunft positionieren werden.
Windräder in Deutschland. / Quelle: Vollmer / Fotolia
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