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„Kunden wollen Nachhaltigkeit.“ – Großes ECOreporter.de-Interview mit Kirchenbankern
Die Gesprächspartner:
Dr. Richard Böger (50) ist seit 1998 Vorstandsvorsitzender der Bank für Kirche und Caritas (BKC) aus Paderborn.
Dr. Helge Wulsdorf (41), Theologe und Bankkaufmann, leitet seit 2003 bei der BKC den Bereich Nachhaltige Geldanlage.
Dr. Ekkehard Thiesler (44) ist seit 2005 Vorstandsvorsitzender der Dortmunder KD-Bank.
Christian Müller (38) ist Bereichsleiter Vorstandsstab/Marketing bei der KD-Bank.
ECOreporter: Nachhaltigkeit liegt im Trend – auch bei Kirchenbanken. Haben Sie damit nicht recht spät angefangen?
Dr. Ekkehard Thiesler, KD-Bank eG – die Bank für Kirche und Diakonie: Unser Kerngeschäft ist nachhaltig – das war es schon immer. Wir finanzieren soziale Projekte. Und das seit 1927, als die KD-Bank gegründet wurde, um eine Kindertagesstätte zu finanzieren. Bei solchen Projekten, etwa im Bereich von Krankenhäusern, der Behinderten- oder der Altenhilfe, liegt unser Schwerpunkt.
ECOreporter: Haben Sie auch nachhaltig angelegt?
Thiesler, KD-Bank: Ja, wobei man Nachhaltigkeit natürlich heute etwas anders definiert als früher. Tiefer gehende nachhaltige Kriterien sind recht neu, und die Informationen zur Beurteilung, ob ein Unternehmen nachhaltig agiert, waren schwer zu erfassen. Erst in den 1990er- Jahren ist die Erhebung nachhaltiger Unternehmensinformationen zu einer Dienstleistung geworden, die wir bei der Geldanlage einsetzen können.
Böger, Bank für Kirche und Caritas (BKC): Ich sehe das ähnlich. Auch wir haben immer schon das Geld unserer Kunden verantwortungsvoll angelegt, nur hatten wir nicht die Definitionen für Nachhaltigkeit, die in den letzten Jahren aufgekommen sind. Unsere Bank, 1972 gegründet, kommt mehr von der Seite der Geldanlage her. Früher hatten wir ein im Vergleich zu heute hohes Kirchensteueraufkommen; unsere Aufgabe war es, diese Mittel verantwortungsvoll zu verwalten – und natürlich auch caritative Projekte zu finanzieren.
ECOreporter: Was hat dazu beigetragen, dass Sie sich mit nachhaltiger Geldanlage beschäftigen?
Böger: Früher haben wir uns vor allem auf Pfandbriefe und Bankschuldverschreibungen konzentriert. Erst in den letzten zehn Jahren ist es üblich geworden, Geld internationaler anzulegen. Damit wurde es schwieriger, zu erkennen, was mit dem Geld geschieht. Die Idee des nachhaltigen Investments ist eng mit dieser Entwicklung hin zu mehr Internationalität verbunden. Unsere Kunden können schon lange bei uns nachhaltig investieren, weil wir als Kirchenbanken Nachhaltigkeitsfonds mit gestaltet haben. Als Bank selbst sind wir vor etwa fünf Jahren in den Prozess ein- gestiegen, die eigenen Anlagen auf Nachhaltigkeit umzustellen. Und zwar aus Überzeugung, nicht als Feigenblatt.
ECOreporter: Kam der Impuls zur Umstellung von außerhalb der Bank oder von innen heraus?
Böger, BKC: Bei uns kam der Impuls wesentlich von innen. Gerade am Anfang gab es natürlich auch Widerstände im eigenen Haus, die es zu überwinden galt. Aber heute kann ich sagen, dass bei uns alle hinter unserem Nachhaltigkeitskonzept stehen: Kunden, Mitarbeiter, Vorstand und Aufsichtsgremien.
Dr. Helge Wulsdorf, BKC: Die Entwicklung war bei uns stark vom Vorstand abhängig. Als vor sechs Jahren eigens eine Stabsstelle für nachhaltige Geldanlagen eingerichtet wurde, war das für manch einen unserer Mitarbeiter zunächst vielleicht etwas befremdlich. Aber die Kundenbetreuer haben schnell gesehen, dass die Bank damit Fachkompetenz in Sachen Nachhaltigkeit zeigt, und sie können diese einmalige Kompetenz speziell in Kundengesprächen gut einsetzen. Nachhaltigkeit ist für uns ein beständiger Prozess geworden. Es gibt schließlich nicht den einen Punkt, den man erreicht, und dann ist man „nachhaltig“. Wir bemühen uns stets um ein Mehr an Nachhaltigkeit. Dabei wollen wir die Kunden mitnehmen, selbst aber immer vorangehen.
ECOreporter: Und wie begann die Entwicklung bei der KD-Bank?
Thiesler, KD-Bank: Wir haben die Idee im Vorstand diskutiert und in die Gremien hineingetragen. Die Rückmeldungen waren positiv. Vielen Mitarbeitern spricht es aus der Seele, dass wir verantwortungsvoll mit dem anvertrauten Geld umgehen, weil sie sich auch privat ökologisch verhalten und sich ehrenamtlich engagieren. Also ist es für sie wichtig, wie sich die Bank ihr Arbeitgeber, verhält. Sie würden zum Beispiel nicht für eine Rüstungsfirma arbeiten.
Christian Müller, KD-Bank: Nachhaltige Geldanlage bedeutet für uns keinen Kursschwenk um 180 Grad. Das ist eher ein Kanalisieren und Ausschöpfen der Möglichkeiten im Research. Diese Möglichkeiten haben wir in unsere Anlagekonzepte eingebaut – und damit eine Vorreiterposition in Deutschland erlangt.
ECOreporter: Welche Rolle spielen die Kunden?
Thiesler, KD-Bank: 2005 hat das Institut für Demoskopie Allensbach für die KD-Bank eine umfangreiche Kundenbefragung durchgeführt. Ein Ergebnis war, dass die Kunden Wert auf das Thema Nachhaltigkeit legen. Dabei war es unseren Kunden wichtig, dass die Nachhaltigkeit nicht zu Lasten der Rendite gehen dürfe. Dieser Punkt spielte auch bei den Diskussionen innerhalb der Bank eine große Rolle. Es hieß ja früher, dass man für Nachhaltigkeit einen Preis zahlen müsse. Und kirchliche institutionelle Anleger geraten in Not, wenn sie bei der Geldanlage auf Rendite verzichten, weil sie dann vielleicht Personal einsparen müssen.
ECOreporter: Müssen denn die Kunden wegen der Nachhaltigkeit auf Rendite verzichten?
Thiesler, KD-Bank: Ganz klares Nein.
Wulsdorf, BKC: Natürlich gab es gerade am Anfang Bedenken in die Richtung, Nachhaltigkeit sei ein „Renditekiller“. Es musste sich erst zeigen, dass man auch mit Nachhaltigkeit attraktive, marktkonforme Renditen erwirtschaften kann - plus natürlich einem guten Gewissen.
Böger, BKC: Gerade heute sehen wir: Wer in den letzten Jahren nachhaltig angelegt hat, der hat nicht in diese „toxischen“ Papiere mit Kreditstrukturen investiert, die jetzt weitgehend wertlos sind. Die Finanzmarktkrise bedeutet eine Zeitenwende für die gesamte Finanzbranche. Viele haben noch gar nicht erfasst, dass das gesamte Finanzsystem, in dem wir uns bewegen, zur Zeit nicht nachhaltig ist. Nun müssen wir (Politik und Finanzmarktakteure) daran arbeiten, nachhaltige Strukturen zu schaffen. Mit ein paar Schönheitsreparaturen wird es nicht getan sein.
Morgen veröffentlichen wir die Fortsetzung des ECOreporter.de-Interviews mit den Kirchenbankern.
Die Bank für Kirche und Caritas eG (BKC) aus Paderborn, 1972 als Selbsthilfeeinrichtung kirchlich caritativer Einrichtungen gegründet, ist eine genossenschaftlich organisierte Kirchenbank. Institutionelle Kunden können sich an ihr beteiligen. Die BKC-Kunden sind die katholische Kirche und deren Institutionen sowie deren hauptamtliche Mitarbeiter. Die Bank hat 75 Mitarbeiter und verwaltet (Stand Ende 2008) rund 3,1 Milliarden Euro von Kunden.
www.bkc-paderborn.de
Die Dortmunder Bank für Kirche und Diakonie, kurz KD-Bank eG, ist eine Genossenschaftsbank mit christlichen Wurzeln und Werten. Sie ist 2003 hervorgegangen aus dem Zusammenschluss der Bank für Kirche und Diakonie und der Evangelischen Darlehensgenossenschaft in Münster. Die Bank hat etwa 170 Mitarbeiter, fünf Filialen und eine Bilanzsumme (Stand: Ende 2008) von 4,1 Milliarden Euro Zum Kundenkreis der Bank zählen 5.500 Institutionen aus Kirche und Diakonie und 23.000 christlich orientierte Privatkunden. www.kd-bank.de