Nachhaltige Aktien, Meldungen, Anleihen / AIF

Lehren aus Pleiten bei nachhaltigen Direktbeteiligungen, Teil 2: Dicke Wolken über Solarinvestments

Eine Pleitewelle viele Solarunternehmen vom Markt gespült, darunter eine ganze Reihe börsennotierter Solarfirmen. Das hat das Vertrauen vieler Anleger nachhaltig erschüttert. Schließlich gingen die Pleiten zu Lasten der Aktionäre und der Investoren, die Anleihen oder Genussrechte von gescheiterten Solarfirmen gezeichnet haben. Teilweise gaben die Anleger Solar-Unternehmen auch Kredite. Aber nicht jeder Krisenfall führte zum Totalverlust. Manchmal verhalfen auch einsichtige Anleger beim Überleben des Unternehmens.

Centrosolar

Centrosolar war lange sehr erfolgreich. Im Herbst 2013 stellte das Hamburger Solar-Unternehmen dann den Insolvenzantrag. Umsatz und Gewinn waren zuvor stark geschrumpft. Um das Photovoltaikunternehmen komplett zu entschulden, sollten laut eines Insolvenzplans alle Aktien auf Gläubiger übertragen werden. Die Altaktionäre sollten ebenso wie die Gläubiger eines Nachrangdarlehens entschädigungslos ausscheiden. Die Zeichner einer Anleihe, die Centrosolar 2011 bis 2016 50 Millionen Euro überlassen hatten, sollen Aktien statt einer Rückzahlung erhalten. Im Juli 2014 hieß es, die Centrosolar AG werde mit rund 25 Mitarbeitern im Rahmen des Insolvenzverfahrens weiter fortgeführt. Doch vor wenigen Tagen teilte die Unternehmensführung mit, dass sie hat den Insolvenzplan zurückgezogen habe. „Aufgrund gegensätzlicher Gläubigerinteressen“ könne dieser nicht umgesetzt werden. Damit gehen die Altaktionäre wohl endgültig leer aus. Die Gläubiger der Anleihe sollten mit neuen Aktien aus einer Kapitalerhöhung entschädigt werden (hier  erfahren Sie mehr darüber).

Gelernt: Wer feste Zinsen für eine Anleihe verspricht, muss Gewinne erwirtschaften. Eine Binsenweisheit, die manchmal in Vergessenheit gerät.

DCM Capital

Das Insolvenzverfahren gegen das Münchner Emissionshaus Deutsche Capital Management (DCM) Capital AG wurde im Juni 2013 eröffnet. Ihr Schwerpunkt waren zwar Immobilienfonds, doch als nachhaltiges Investment könnten nur die geschlossenen Solarfonds von DCM Capital gelten. Die Fonds seien als rechtlich selbstständige Gesellschaften nicht unmittelbar von der Insolvenz betroffen, betonte Insolvenzverwalter Dr. Michael Jaffé von der Münchner Kanzlei Jaffé Rechtsanwälte.

Gelernt: Geschlossene Fonds sind von einer Pleite der Muttergesellschaft nicht automatisch betroffen. Aber ein sicherer Hafen sind sie nur, wenn das Geschäftsmodell stimmt.

S.A.G. Solarstrom

Noch im Frühjahr 2013 hatte die S.A.G. Solarstrom AG aus Freiburg für das Geschäftsjahr 2012 einen Gewinn ausgewiesen und eine Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet. Im Dezember 2013 war das Unternehmen dann insolvent. 2013 war ein hoher Verlust entstanden. Als Erklärung dienten Verzögerungen bei britischen Großprojekten. Das Solarunternehmen steht bei zahlreichen Anlegern in der Kreide, die in Anleihen der S.A.G. Solarstrom AG investiert haben. Sie müssen mit deutlichen Verlusten rechnen. Noch trüber sind die Aussichten der Aktionäre der Gesellschaft. Immerhin: Seit kurzem zeichnet sich eine Rettung der S.A.G. Solarstrom ab. Insolvenzverwalter Dr. Jörg Nerlich gab Anfang September bekannt, dass die SF Suntech Deutschland GmbH für 65 Millionen Euro das Solarunternehmen übernehmen will. Bei ihr handelt es sich um ein Tochterunternehmen der Shunfeng Photovoltaic International Ltd. aus China. Der Kaufvertrag sieht dem Insolvenzverwalter zufolge vor, dass das operative Geschäft der S.A.G. Solarstrom Gruppe mit allen Geschäftsbereichen fortgeführt wird und das S.A.G.-Management an Bord bleibt. Laut Nerlich können die Gläubiger der S.A.G. Solarstrom Gruppe nun mit einer überdurchschnittlichen Insolvenzquote von 50 Prozent rechnen.

Gelernt: Manchmal rutscht ein Unternehmen so schnell in die Krise, dass selbst Aktionäre kaum noch Zeit zum Handeln haben.

SolarWorld

Auch die SolarWorld-Aktionäre und Anleihen-Investoren waren nach horrenden Verlusten der SolarWorld im Geschäftsjahr 2012 erschreckt. Das bisherige Flaggschiff der deutschen Solarbranche musste einen harten Sanierungskurs einschlagen. Dabei hatte doch SolarWorld-Gründer Frank Asbeck in Saus und Braus gelebt – Schloss von Thomas Gottschalk gekauft, Maserati gefahren, Löwengehege geplant.

Bildhinweis: Solarzellenfertigung bei SolarWorld. / Quelle: Unternehmen

Nur weil die Altaktionäre einem Kapitalschnitt um 95 Prozent zustimmten und auch die Anleihen-Investoren riesige Abstriche hinnahmen, konnte SolarWorld der Pleite entgehen. Ob der Solarkonzern sich dauerhaft gegen die starke Konkurrenz aus Fernost behaupten kann, bleibt fraglich. Denn die profitiert von der Verlagerung des weltweiten Solarmarktes nach Fernost, wo SolarWorld weniger zum Zug kommt. Im ersten Halbjahr 2014 hat die SolarWorld AG ihr Umsatzziel nicht erreicht und einen operativen Verlust erwirtschaftet (in diesem  Aktientipp  loten wir Zukunftsaussichten des Solarkonzerns aus).

Gelernt: Wenn Vorstandsvorsitzender Frank Asbeck die SolarWorld-Zukunft rosarot malt, dann liegt er oft richtig. Sind die Anleger ihm gefolgt und die Kurse gestiegen, holt Asbeck per Kapitalerhöhung immer weiteres Kapital herein. Dann ist es Zeit, SolarWorld-Anteile zu verkaufen, denn nun beginnt der Abstieg der Kurse. Sind sie am Tiefpunkt, steigt Asbeck gerne selbst wieder ein. Und nun beginnt das Roulette von vorn….

Solen

Der Solarprojektierer Solen AG aus Meppen ist seit dem Frühjahr 2013 insolvent. Das Photovoltaikunternehmen hat sich an einer Anleihe (ISIN: DE000A1H3M96) mit 27,5 Millionen Euro Gesamtvolumen verhoben, die zuletzt nicht mehr hatte bedient werden können. Das wiederum erklärte Solen mit dem Einbruch im deutschen Photovoltaikmarkt. Versuche des Unternehmens, sich mit den Investoren, die die Anleihe des Unternehmens gezeichnet hatten, über eine Stundung der Ansprüche zu einigen, scheiterten ebenso wie der Plan, Solaranlagen in Italien zu verkaufen und damit wieder flüssig zu werden.

Gelernt: Manch italienische Solaranlage erzeugt viel Strom, aber wenig Umsatz.

Solvis

Die Solvis GmbH & Co. KG, eine Spezialistin für Solarheizsysteme aus Braunschweig, hat rund 600 Kapitalanleger, darunter etwa 400 Kommanditisten und etwa 200 private Darlehensgeber. Laut Solvis-Geschäftsführer Helmut Jäger haben diese Anleger zwischen 1.000 und 250.000 Euro in Solvis investiert und sollten dafür eigentlich zwischen 5,5 und 7,5 Prozent Zinsen pro Jahr bekommen. Solvis benötigt aber einen Restrukturierungsplan. Und der sieht vor, dass die rund 600 Anleger auf Teile ihrer Zinsansprüche verzichten. Intensiv verhandelt werde auch mit den Banken, hieß es bei Solvis. Genauere Auskünfte? Fehlanzeige.
Bereits im Januar 2014 hatten sich die Anleger mehrheitlich dazu bereit erklärt, 2014 und 2015 auf Teile ihrer Zinsansprüche zu verzichten, um Solvis notwendigen Spielraum zu verschaffen. Die Darlehensgeber stimmten zudem zu, für 2015 nur ein Prozent Zinsen auf ihr Investment zu erhalten und die Kündigungsfristen ihrer Darlehen bis 2018 zu verlängern. Geschäftsführer Jäger betont, dass sein Unternehmen jederzeit Herr des Verfahrens war. Es habe weder Außenstände bei Löhnen und Gehältern noch gegenüber Lieferanten oder anderen Partnern gegeben, erklärt Jäger.

Gelernt: Wenn Geschäftsführung und Anleger an einem Strang ziehen und einander vertrauen können, sind Krisen manchmal zu bewältigen.

Fazit:

Es hat viele Pleiten und Pannen gegeben im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen. Es gibt keine Untersuchungen darüber, ob es mehr waren als in der konventionellen Finanzszene. Eines aber ist klar: Pech war nicht der Grund für die Pleiten und Pannen. Sondern Unvermögen, Managementfehler, Gier, Großmannssucht. Und in dieser Aufzählung versteckt sich tatsächlich etwas Positives: Überall da, wo diese Elemente sich in Grenzen hielten, gab es keine Pleite und keine existenzbedrohenden Pannen. Und das war dann doch die Mehrzahl der nachhaltigen Anlageprodukte.

Dieser Beitrag ist die Fortsetzung und der Abschluss unseres Artikels über Pleiten aus dem Bereich der nachhaltigen Geldanlage.  Hier  gelangen Sie zum 1. Teil unseres Überblicks.

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