Viele nachhaltige Aktienfonds nennen als Ausschlusskriterium Tierversuche. Das heißt aber nicht, dass sie keinerlei Tierversuche zulassen. / Foto: Pixabay

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Leserfrage: Gibt es Aktienfonds, die Tierversuche vollständig ausschließen?

"Ich will mein Geld nicht in Unternehmen investieren, die Tierversuche durchführen. Viele Aktienfonds geben an, Versuche an Tieren auszuschließen, erlauben sie bei genauerem Hinsehen aber. Wie kann ich sichergehen, dass ein Fonds wirklich komplett auf Tierversuche verzichtet?“ (Leila H.)

Wer in Online-Datenbanken nach Aktienfonds ohne Tierversuche sucht, wird schnell fündig. Das Ausschlusskriterium Tierversuche taucht bei zahlreichen Fonds auf. Allerdings fehlen in den Datenbanken oft Informationen dazu, ob die Fonds bei ihren Ausschlusskriterien Toleranzschwellen zulassen. Was tun?

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Beim Ausschlusskriterium Tierversuche existiert nach Recherchen von ECOreporter immer eine Minimaltoleranz. Das bedeutet: Die jeweiligen Fonds investieren zwar nicht in Unternehmen, die vermeidbare Tierversuche für Konsumgüter- und Kosmetikprodukte durchführen lassen. Sie tolerieren aber Tierversuche, die aufgrund von gesetzlichen Vorschriften stattfinden – dies ist vor allem, aber nicht nur im medizinischen Bereich der Fall. In China beispielsweise müssen auch für Kosmetika Tierversuche durchgeführt werden. Fonds, die Unternehmen im Portfolio führen, die in China Kosmetika anbieten, sind höchstwahrscheinlich nicht tierversuchsfrei.

Selbst bei allgemein als sehr nachhaltig gelobten Fonds gibt es diese Minimaltoleranz. Dokumentiert findet man sie beispielsweise in den Nachhaltigkeitsrichtlinien der Steyler Bank (https://www.steyler-fair-invest.de/mb1501/Steyler-Nachhaltigkeitsrichtlinien.pdf?v=16), den Anlagegrundsätzen der GLS Bank (https://www.gls-fonds.de/fileadmin/Redakteure/allgemein/files/gls_anlage-und_finanzierungsgrundsaetze-1.pdf) und den Fonds-Porträts von Ökoworld (https://www.oekoworld.com/privatkunden/investmentfonds/oekoworld-oekovision-classic/portrait/).

"Es ist schwierig, einem Unternehmen vorzuwerfen, dass es sich an gesetzlich vorgeschriebene Regeln hält“, begründet Samuel Drempetic, Head of Ethics and Sustainability der Steyler Bank, gegenüber ECOreporter die Toleranzschwellen in den Steyler-Fonds. Aus ethischer Sicht müsse man abwägen, inwieweit die medizinischen Fortschritte Tierversuche legitimierten. Die Frage betreffe jedoch nicht nur Medizinprodukte, sondern auch Nahrungsmittel, Kleidung und Haushaltsprodukte. Drempetic: "Wenn man genau hinschaut, stellt man fest: Tierversuche sind in vielen Bereichen vorgeschrieben, um Verbraucher und Patienten zu schützen.“

Wie groß ist der medizinische Nutzen?

Die GLS Bank hält es für möglich, Tierversuche kategorisch aus Aktienfonds auszuschließen. Dazu müssten Unternehmen aus der Kosmetik-, Pharma- und Konsumgüterindustrie gemieden werden. Insbesondere der Gesundheitsbereich werde jedoch von vielen Fondsanbietern als nachhaltig angesehen.

Auch für die GLS Bank kommen Unternehmen der Medizintechnik sowie Anbieter alternativer Heilmethoden als Investition in Frage. Laut Thomas Graf aus dem Nachhaltigkeitsresearch der GLS Bank können beispielsweise Generika (wirkstoffgleiche Kopien etablierter Medikamente) einkommensschwachen Menschen den Zugang zu Medizin ermöglichen. Generikahersteller seien in der Regel zu Tierversuchen gesetzlich verpflichtet. Graf: "Wichtig sind die kritische Auseinandersetzung und die sorgfältige Abwägung, insbesondere in Bezug auf den medizinischen Nutzen. Aus unserer eigenen Praxis wissen wir, dass dies nicht immer einfach ist.“

"Ein Restrisiko bleibt immer bestehen“

Was tun, wenn man sein Geld garantiert tierversuchsfrei in Fonds anlegen möchte? ECOreporter hat mehrere Fachleute bei nachhaltigen Ratingagenturen, Fondsanbietern und Banken befragt. Niemand von ihnen konnte einen Aktienfonds nennen, der Tierversuche vollständig ausschließt.

Konsequenterweise bleibt nur ein Investment in einzelne Aktien – doch auch hier gilt es, genau hinzusehen, bevor man eine Anlageentscheidung trifft.

"Um Investments in Tierversuche zu vermeiden, könnten sich spezifische Themenanlagen anbieten, beispielsweise zu Erneuerbaren Energien oder nachhaltiger Mobilität“, sagt Thomas Graf von der GLS Bank. "Allerdings gibt es auch Konzerne, die in mehreren Bereichen tätig sind. Ein Restrisiko bleibt leider immer bestehen.“

Was möchten Sie zur nachhaltigen Geldanlage wissen? Mailen Sie Ihre Frage an [email protected] – wir recherchieren und antworten auf www.ecoreporter.de (Sie selbst bleiben anonym).

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07.02.19
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