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Markt auf dem absteigenden Ast - Studie untersucht Angebot der nachhaltigen Zertifikate
Die Marktanalyse von der International School of Management Dortmund und dem ecofin-Verbund basiert auf Daten, die bis Ende 2010 vorlagen, bezieht aber auch Entwicklungen des laufenden Jahres mit ein. Laut Dr. Annett Baumast, Autorin der Studie, waren im vergangenen Jahr in Deutschland 256 nachhaltige Zertifikate zum Vertrieb an Privatkunden zugelassen. Davon kamen 41 Produkte neu auf den Markt. Das Investmentvolumen der neu aufgelegten Produkte stagnierte jedoch und lag Ende 2010 wie im Vorjahr bei rund 250 Millionen Euro. Es pendelt seit Mitte 2008 um dieses Niveau, nachdem der Sektor in den Jahren zuvor starke Zuwächse des Investmentvolumens verbucht hatte. Doch die Einführung der Abgeltungssteuer Ende 2008 verringerte die Attraktivität von Investmentzertifikaten deutlich. Nur bis Ende Juni 2008 konnten Zertifikate erworben werden, deren Verkauf nach zwölfmonatigem Halten bis zum Ende der Übergangsfrist (30. Juni 2009) steuerfrei war. Seither gilt für Zertifikate der neue Steuersatz von 25 Prozent.
Das Gesamtemissionsvolumen der nachhaltigen Zertifikate auf dem Markt war 2010 rückläufig, es sank von 7,4 Milliarden Euro Ende 2009 auf 7,2 Milliarden Euro Ende 2010. Dies erklärt Baumast damit, dass offenbar in 2010 fällig gewordene Produkte durch nachhaltige Zertifikate mit einem geringeren Emissionsvolumen ersetzt wurden. Dieser Trend werde sich voraussichtlich in den kommenden Jahren fortsetzen. Auch sei davon auszugehen, dass die Anzahl der Emittenten sinke.
Wie die Studie festhält, hatte etwa die DWS Go, eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, Ende 2010 nur noch zwei Produkte auf dem Markt. Im Vorjahr waren es noch elf gewesen. Auch HSBC habe ihr Angebot reduziert, nachdem etliche ihrer nachhaltigen Zertifikate ausgelaufen waren. Mit der in finanzielle Turbulenzen geratenen Sal. Oppenheim sei Anbieter ganz von diesem Markt verschwunden. Zu den Anbietern, die ihr Angebot ausgebaut haben, gehören die Österreichischen Volksbanken, die es der Studie zufolge auf 52 nachhaltige Zertifikate verdreifachte, und die DZ Bank mit einem Anstieg von 13 auf 23 Produkte. Die UniCredit erhöhte die Menge von 2009 auf 2010 um etwa ein Drittel auf 20 nachhaltige Zertifikate.
Weiter stellt die Untersuchung einen deutlich Trend zu Produkten mit Kapitalschutz fest. Auf sie entfalle mittlerweile mit rund 2,5 Milliarden Euro etwa ein Drittel des gesamten Emissionsvolumens der nachhaltigen Zertifikate, mit stark steigender Tendenz. Derartige Produkte garantieren den Investoren, dass sie nach dem Ende der Laufzeit zumindest den Nominalwert Ihrer Anlage zurück erhalten. Dafür ist die Beteiligung am Wertzuwachs des jeweiligen Aktienkorbes in der Regel stark eingeschränkt. Bei den so genannten Index- und Partizipationszertifikaten sind meist größere Gewinne möglich, dafür aber auch ein mitunter deutlicher Wertverlust. Ein Anlagerisiko tragen Investoren aber bei allen nachhaltigen Zertifikaten: das Schuldnerrisiko. Denn Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen, das investierte Kapital ähnelt also einem Kredit. Geht der Anbieter Pleite, sind dessen Zertifikate wertlos. So geschah es 2008 im Fall von Lehman Brothers. Das Aus für die US-Investmentbank bedeutete einen Totalverlust für Investoren, die deren nachhaltige Zertifikaten erworben hatten.
Laut dem Report verfolgen die meisten nachhaltige Zertifikate auf dem deutschen Markt „einen breiteren Nachhaltigkeitsansatz“, mischten also verschieden Nachhaltigkeitsthemen oder wählten die Titel nach dem Best-in-class-Ansatz aus. Das bedeutet, dass Aktien aus allen Branchen in Frage kommen, also zum Beispiel auch Ölkonzerne oder Bergbauunternehmen. Das aber in jeder Branche die Nachhaltigkeitsbesten für das Investment herausgefiltert werden. Mit rund 3,1 Milliarden Euro entfiel Ende 2010 der Löwenanteil des gesamten Emissionsvolumens der nachhaltigen Zertifikate auf derart breit ausgerichtete Produkte.
Der Anteil der nachhaltigen Zertifikate mit Fokus auf Erneuerbare Energien fiel mit 1,6 Milliarden Euro etwa halb so groß aus. Auf Platz 3 rangiert das Anlagethema Ressourcen mit rund 1,1 Milliarden Euro. Der Studie zufolge leigt hier der Schwerpunkt eindeutig auf dem Unterthema Wasser. Nur eine Nebenrolle spielt das Thema Klimaschutz. Nur 18 Zertifikate mit einem Emissionsvolumen von rund 900 Millionen Euro spielen dieses Thema. Davon setzen zudem 7 Produkte nicht auf Aktien von Unternehmen, sondern auf den Handel mit Emissionsrechten und damit letztlich auf Spekulationsgeschäfte.
Ohnehin ist fraglich, was Zertifikate zur Nachhaltigkeit beitragen. Schließlich fließen die Mittel, die Anleger in nachhaltige Zertifikate stecken, nicht in Nachhaltigkeit. Es sind reine Börsengeschäfte, es findet kein Austausch mit Unternehmen über deren Nachhaltigkeit statt wie etwa bei nachhaltigen Investmentfonds. Anders als bei ihnen gehen der Zusammensetzung des Aktienkorbes bei einem nachhaltigen Zertifikat meist auch keine Nachhaltigkeitsanalysen voraus. Auch die vorgelegte Studie äußert sich kritisch: „Viele der aufgenommenen Zertifikate sind aus Nachhaltigkeitssicht kritisch zu bewerten, da sie nicht unbedingt allgemein gültigen Nachhaltigkeitskriterien entsprechen“, heißt es darin.