Anleihen / AIF

Mit Spargroschen Protest einlegen - Bewegungsstiftung will durch Protestsparbriefe politische Kampagnen fördern

Noch drei Wochen können Anleger mit ihren Spargroschen Protest einlegen. Denn zum Stichtag 3. März 2006 läuft die Frist aus, die sich die Bewegungsstiftung aus Verden mit ihrer Initiative "Protestsparen" zur Finanzierung von Protestkampagnen gesetzt hat. Mit Hilfe des Protestsparens will die Bewegungsstiftung Kampagnen sozialer Bewegungen unterstützen. Während der 100 ersten Tage der neuen Bundesregierung wirbt die Stiftung mit so genannten "Potestsparbriefen" für dieses Ziel zinslose Darlehen ein. "Aktuell haben wir 21 verbindliche Zusagen für Darlehen in Höhe von 81.000 Euro", sagt Felix Kolb, Initiator und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der Bewegungsstiftung, gegenüber ECOreporter.de.

Mit ihrer Protestsparinitiative will die Stiftung ein Zeichen setzen. Die Politik der Großen Koalition aus CDU und SPD in Berlin führe mit der geplanten drastischen Erhöhung der Mehrwertsteuer, Einschränkungen beim Kündigungsschutz und Einschnitten beim Arbeitslosengeld II die Politik der sozialen Kälte fort, heißt es im Aufruf zum Protestsparen. Und programmatisch: "Eine andere Politik ist möglich". Daran wollen die Stifter aktiv mitwirken. Sie haben die alte APO-Idee wiederbelebt und aktualisiert: Eine "außerparlamentarische Opposition" soll mit "starken Protestbewegungen" auf die Alternativen hinweisen; Protestsparen will sie dabei finanziell unterstützen.

Protestsparbriefe gibt es in Stückelungen von 1.000, 2.000, 5.000 und 10.000 Euro. "Die Spanne bei den Darlehen liegt zurzeit zwischen 1000 und 20.000 Euro", berichtet Kolb. Die Wertpapiere haben eine Laufzeit von vier Jahren, dann bekommen die Anleger ihr Kapital zurück. Die Stiftung will das Geld während dieser Zeit zu 90 Prozent in ökologische Sparbriefen der Bochumer GLS Gemeinschaftsbank eG und zu 10 Prozent auf einem Festgeldkonto der EthikBank aus dem thüringischen Eisenberg angelegen. Die Zinsen kommen den politischen Kampagnen zugute. Bei den Protestsparbriefen handele es sich um eine Geldanlage, die sich durch ihre ideelle "politische Rendite" auszeichne, so die Initiatoren. Für jede 100.000 Euro, die in Protestsparbriefen angelegt würden, könnten cirka 7.500 Euro bereit gestellt werden.

An der Entscheidung darüber, wer das Geld bekommt, sind die Zeichner der Protestsparbriefe beteiligt. "Von zehn Kampagnen, die sich bis zum 31. Januar für Zuschüsse aus dem Protestsparen bewarben, entsprach die Hälfte nicht den Förderrichtlinien", erklärt Kolb. "Wir werden die alle Anleger per Rückmeldebogen befragen, welche der verbliebenen fünf Kampagnen sie fördern wollen. Der Stiftungsrat der Bewegungsstiftung wird am 6. März 2006 auf der Basis dieses Stimmungsbildes entscheiden. Ob wir eine der zwei Kampagnen unterstützen können, hängt dann vom Volumen der gezeichneten Sparbriefe ab."

Wer will, kann sich statt mit einem Darlehen auch mit einer steuerlich abzugsfähigen Spende an der Protestsparaktion beteiligen; die Bewegungsstiftung ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. "Auf dieses Angebot gab es bisher allerdings kaum Resonanz. Es sind nur um die 500 Euro an Spenden zusammen gekommen", sagt Kolb. Im Gespräch mit ECOreporter.de gibt er die Verwaltungs- und Prospektkosten für "Protestsparen" mit "cirka 5 - 6000 Euro für den Prospekt und jährlich 1,5 Prozent der eingeworbenen Summe für die Verwaltung an. "Dazu gehört unter anderem auch die Information der Zeichner des Protestsparbriefes über den Fortgang des Projekts", erklärt er.

Die Sparbriefe rangieren als "nachrangige Darlehen". Normale Darlehen darf ein Förderverein wie die Bewegungsstiftung nach dem Kreditwesengesetz (KWG) nicht aufnehmen. Nachrangige Darlehen gehören laut der Stiftung dagegen zu den von der zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) "geduldeten Gestaltungen". Im Prospekt für das Protestsparen heißt es, eine Insolvenz des Fördervereines könne dazu führen, dass die Darlehen aus den Protestsparbriefen nicht vollständig oder gar nicht zurückgezahlt werden könnten. Kolb sieht darin kein Problem: "Die Stiftung erzielt keine Einnahmen aus der Protestsparaktion, sie ist darauf insofern auch nicht angewiesen. Wir arbeiten zu weiten Teilen ehrenamtlich, die Kosten sind gering." Die Stiftung verwaltete zum Stichtag 26. November 2005 ein Vermögen in Höhe von 1,7 Millionen Euro.
Von dem Protestsparprojekt erhoffe sich die Stiftung vor allem Publizität, so Kolb weiter. "Wir wollten einerseits zusätzliche Mittel für Bewegungen mobilisieren. Auf der anderen Seite könnte aus dem einen oder anderen Protestsparer auch ein Stifter werden. Wir rechnen darauf, dass die Menschen unsere Arbeit schätzen und vielleicht demnächst höher einsteigen."



Diese fünf Kampagnen wurden für das Protestsparen nominiert:

- Mal richtig abschalten! VerbraucherInnen-Druck gegen AKW-Laufzeitverlängerungen
Info: www.x1000malquer.de/

- Wir wollen keine 2-Klassen-Medizin: Kampagne für ein sozial gerechtes Gesundheitssystem
Info: www.campact.de/

- Soziale Absicherung ist kein Privileg für Reiche - sie ist ein Recht für alle! Protestaktionen gegen weiteren Sozialabbau durch die große Koalition
Info: http://www.attac.de/

- Offensive Abwehr - Mit Sicherheit zur Stadt für alle?
Info: www.buko.info/

- Euromayday Hamburg 2006 - Mapping the City - Ein Bewegungsstadtplan
Info: www.hamburg.euromayday.de/

Bilder: Motive aus dem Flyer "Protestsparen - Eine andere Politik" ist möglich der Bewegungsstiftung
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