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"Nachhaltigkeit geht nicht zu Lasten der Performance, im Gegenteil": Interview zum Global Challenges Index mit Hendrik Janssen, Börse Hannover

Zehn Jahre ist es her, dass der nachhaltige Aktienindex Global Challenges Index (GCX) von der Börse Hannover und der Nachhaltigkeits-Ratingagentur oekom research gestartet wurde. Seither hat sich der GCX im Performancevergleich mit konventionellen Indices wie Dax und EuroStoxx50 gut behauptet. Liegt es an der Aktienauswahl? Wie können Anleger am Wertzuwachs des GCX teilhaben? ECOreporter.de befragte dazu Hendrik Janssen, Geschäftsführer der Börse Hannover und Vorstand der BÖAG Börsen AG.


ECOreporter.de: Herr Janssen, der GCX wird zehn Jahre alt. Was waren die wichtigsten Veränderungen für den Index in dieser Zeit?

Hendrik Janssen:  Der Global Challenges Index umfasst ausschließlich Unternehmen, die substanzielle und richtungweisende Beiträge zur Bewältigung der sieben globalen Herausforderungen dieses Jahrtausends leisten (die sieben globalen Herausforderungen sind: Kampf gegen Klimawandel, Versorgung mit sauberem Trinkwasser, nachhaltiger Umgang mit Wäldern, Erhalt der Artenvielfalt, Umgang mit Bevölkerungswachstum, Bekämpfung der Armut, Unterstützung verantwortungsvoller Führungs-(Governance-)Strukturen, Anm. d. Red.).

Wir sind in den zehn Jahren unseren strengen Auswahl- und Ausschlusskriterien treu geblieben. Das hat dazu geführt, dass auch namhafte Unternehmen aus dem GCX ausscheiden mussten, weil sie die strengen Kriterien nicht mehr erfüllten oder durch negative Ereignisse auffällig wurden. Wir hatten jedoch stets interessante Nachfolgekandidaten, die auf die frei gewordenen Plätze aufrücken konnten. Bewährt hat sich in den zurückliegenden Jahren vor allem die konstruktive Zusammenarbeit zwischen unserem GCX-Beirat, oekom research und der Börse Hannover.

Ist die Auswahl der Titel in dieser Zeit strenger geworden?

Ich würde es so formulieren: Wir waren von Anfang an sehr streng bei den Auswahl- und Auschlusskriterien und sind es bis heute geblieben. Von daher mussten wir nicht viel ändern oder nachbessern. Diese konsequente Haltung hat sich über zehn Jahre bewährt und die Glaubwürdigkeit in den GCX permanent erhöht. Selbstverständlich verfolgen wir die Entwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit und speziell bei nachhaltigen Kapitalmarktprodukten sehr genau und prüfen regelmäßig, ob wir den GCX noch weiter verbessern können. Themen wie die 17 UN Sustainable Development Goals (das sind die  17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der United Nations,  Anm. d. Red) einschließlich des Themas "Dekarbonisierung" stehen bei uns damit auf der Agenda.

Auf Fünf-Jahressicht konnte der Global Challenges Index um fast 150 Prozent zulegen. Der DAX erreichte im selben Zeitraum lediglich ein Plus von rund 100 Prozent und der EuroStoxx50 ein Plus von rund 90 Prozent. Wie erklären Sie das Plus des GCX?

Das ist ein Beleg dafür, dass nachhaltige Geschäftsmodelle sich besser entwickeln als konventionelle Unternehmen. Wir beobachten diese Marktentwicklung seit Jahren und konnten feststellen, dass der GCX fast durchgehend die führenden Aktienindizes wie DAX und EuroStoxx50 geschlagen hat. Damit ist auch der Nachweis erbracht, dass Nachhaltigkeit nicht etwa zu Lasten der Performance geht, sondern im Ergebnis sogar besser abschneidet.

Wie können Anleger am leichtesten am Wertzuwachs des GCX partizipieren? Haben Sie einen Tipp?

Mit den beiden in Deutschland zugelassenen Publikumsfonds NORD/LB AM Global Challenges Index-Fonds (WKN: A1T756) und dem PRIMA Global Challenges A (WKN: A0JMLV) haben Anleger die Möglichkeit, indirekt in den GCX zu investieren. Beide Fonds investieren ausschließlich in die Aktien des GCX und bilden den GCX annähernd eins zu eins ab. Beide Fonds werden übrigens auch an den Börsen Hannover und Hamburg gehandelt. Sehr erfreut sind wir über die Vergabe des ersten Preises für den NORD/LB AM GCX-Fonds im März 2016 durch die EUROPEAN FUNDS TROPHY. Unter 2.300 Anlageprodukten aus ganz Europa wies er für einen Betrachtungszeitraum von vier Jahren das beste Rendite-/Risikoprofil auf.

Sind weitere solcher Fonds in Planung, in die deutsche Anleger investieren können?

Neben den zuvor genannten Publikumsfonds gibt es noch den SUPERIOR 6 Global Challenges des Bankhauses Schelhammer & Schattera, der allerdings nur in Österreich angeboten wird. 2016 ist die GENEON Vermögensmanagement AG als GCX-Lizenznehmer hinzugekommen. Sie bietet eine auf den GCX-Werten basierende Vermögensverwaltung an. Wir führen regelmäßig Gespräche mit Fondsinitiatoren und institutionellen Investoren und sind optimistisch, dass es zukünftig weitere Anlegerprodukte auf Basis des GCX geben wird.

Im GCX sind zum Beispiel Erneuerbare-Energien-Unternehmen wie SunPower vertreten. Das leuchtet ein. Aber wieso tauchen darin auch der Autobauer Renault und Chemiekonzern Henkel auf?


Der GCX ist kein Öko-Index, sondern ein Nachhaltigkeitsindex, der Unternehmen aufnimmt, die einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der sieben globalen Herausforderungen leisten. Das ist weit mehr als regenerative Energieerzeugung. Hier geht es vor allem auch um Themen wie Armutsbekämpfung, Artenvielfalt, Trinkwasserversorgung und verantwortungsvolle Führungsstrukturen in Unternehmen. Renault hat einen der niedrigsten CO2-Flottenverbräuche in der EU. Damit leistet das Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen.

Henkel engagiert sich seit vielen Jahren auf breiter Ebene für Nachhaltigkeit, besonders auf dem Gebiet der Ressourceneffizienz. Darüber hinaus ist das Unternehmen aktiv, den Anteil an nachwachsenden Rohstoffen in ihren Produkten wie Waschmitteln oder Klebstoffen stetig zu erhöhen und sich für deren nachhaltige Gewinnung einzusetzen.

Beim letzten Rebalancing sind vier neue Unternehmen aufgenommen worden, vier flogen aus dem Index. Wie stabil ist die Zusammensetzung des GCX, auch im Laufe der Jahre betrachtet?

Der Austausch von Unternehmen im Zeitablauf seit Auflegung des GCX ist von der Anzahl her überschaubar. Mit vier Unternehmen beim letzten Rebalancing wurde eine vergleichsweise hohe Zahl erreicht. Normal sind ein bis zwei Unternehmen, wir hatten aber auch Rebalancings, wie zum Beispiel im September 2016, bei denen keine Veränderung der Indexwerte notwendig war. Das spricht für eine sorgfältige Auswahl der Kandidaten durch oekom research, Beirat und Börse Hannover sowie für eine hohe Qualität der Unternehmen. Die meisten erfüllen die in sie gesteckten Erwartungen und enttäuschen uns nicht.

Welche Aktien im Index zählten im vergangenen Jahr zu den Top-Performern, und welche haben sich sich über zehn Jahre hinweg am besten entwickelt?

In den vergangenen zwölf Monaten konnten 27 GCX-Aktien prozentual zweistellig zulegen. Zu den Best-Performern zählten AMD und STMicroelectronics mit jeweils gut 200 Prozent im Plus. Platz 3 belegt die CSX Corp. mit fast 100 Prozent Performance.

Der Verlauf der letzten zehn Jahre seit Auflage des GCX ist differenziert zu betrachten, da es zwischenzeitlich einige Veränderungen durch Rebalancings gegeben hat. Zu den TOP-Performern, die eine Betrachtung über einen so langen Zeitraum zulassen, gehören Henkel und SAP mit einem Plus von 252 sowie 154 Prozent.

Herr Janssen, wir danken Ihnen für die Antworten.
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