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Nachsitzen! - Studie stellt der Nachhaltigkeit von Versorgern ein ernüchterndes Zeugnis aus

In der Versorgerbranche haben die meisten Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit noch großen Nachholbedarf. In einem aktuellen Branchenrating haben sie im Durchschnitt schwache Noten erhalten. Zwei Drittel der für die Untersuchung ins Auge gefassten 154 Unternehmen aus mehr als 20 Ländern sind bei der Nachhaltigkeit so schlecht aufgestellt, dass sich nicht einmal eine eingehende Analyse lohnte.

Die Untersuchung wurde von oekom research aus München durchgeführt. Der konzernunabhängige Dienstleister ist auf Nachhaltigkeitsresearch spezialisiert und bietet seine Analysen etwa Anbietern nachhaltiger Investmentfonds an. Wie das Unternehmen mitteilt, zeigten 103 Versorgungsunternehmen zu wenig Engagement für Nachhaltigkeit oder zu wenig Transparenz über entsprechende Maßnahmen, um sich für ein umfassendes Rating qualifizieren. Bei den übrigen 51 Unternehmen aus der Versorgerbranche habe okom research im Durchschnittliche deren Nachhaltigkeitsleistung mit D+ bewertet. Die Notenskala reicht bei oekom von A+ als beste Note bis D-.

Drei Netzbetreiber erzielten in der Untersuchung mit B+ die besten Platzierungen: die italienische Terna Rete Elettrica Nazionale und die portugiesische Holding REN – Redes Energéticas Nacionais sowie das spanische Unternehmen Red Eléctrica Corporación. Bei den Energie- und Wasserversorgern erreichten jeweils mit der Note B der brasilianische Konzern EDP – Energias do Brasil, der französische Versorger Suez Environnement und das portugiesische Unternehmen EDP – Energias de Portugal die beste Gesamtwertung. Die deutschen Versorger RWE und E.ON konnten nicht überzeugen und landeten in diesem Nachhaltigkeitsranking lediglich auf den Rängen 31 und 42. Dabei wurde ihnen etwa die hohe CO2-Intensität ihrer Energieerzeugung zur Last gelegt und der bislang starke Fokus auf Kernenergie. Beide wollen ja zum Beispiel in Großbritannien neue Atommeiler bauen. Dagegen sammelten etwa Dong Energy aus Dänemark und EDP – Energias de Portugal viele Pluspunkte für ihre Strategien und Investitionen zum Ausbau Erneuerbarer Energien.

Wichtigste Themen bei der Bewertung durch oekom research waren Maßnahmen zum Klimaschutz und der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die sichere Versorgung aller Teile der (Welt)-Bevölkerung, ein faires Wirtschaftsverhalten, der umweltverträgliche Betrieb von Anlagen und die Sicherheit der Mitarbeiter. Laut der Nachhaltigkeits-Ratingagentur mangelt es beim Klimaschutz nach wie vor an ambitionierten Zielen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Problematisch sei, dass einige Energieversorger weiterhin stark auf den Ausbau der unsicheren Atomenergie und auf wenig ausgereifte Verfahren wie die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 (CCS) setzen. Positiv bewertete oekom research dagegen Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Energieumwandlung sowie den Ausbau Erneuerbarer Energien. „Ein wirklicher Ruck ist hier aber noch nicht durch die Branche gegangen“, stellt Susanne Marttila fest, branchenverantwortliche Analystin bei oekom research. „Viele Unternehmen halten noch zu stark an alten Strukturen und konventionellen Energieträgern fest.“  

Angesichts der Bedeutung von Energie und Wasser für die Grundversorgung sieht oekom research die Versorger in der Verantwortung, diese auch für benachteiligte Bevölkerungsgruppen bereit zu stellen. Dazu gehörten spezielle Programme und Tarife für finanziell schlechter gestellte Kunden. Besonders in Entwicklungsländern könnten die Versorger einen großen Beitrag leisten, um den Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen zu verbessern. Hier zeige der französische Wasserversorger Suez Environnement ein vergleichsweise großes Engagement.

Ein wichtiger Faktor der Nachhaltigkeitsanalyse war auch die Sicherheit der Mitarbeiter. Nicht nur im Kraftwerksbetrieb, sondern auch in den Bereichen Abfallentsorgung und Netzbetrieb sind laut oekom research die Mitarbeiter hohen Risiken ausgesetzt. Daher sei die Umsetzung von umfangreichen Arbeitssicherheits- und Gesundheitsstandards sowie die Senkung der Unfallrate auf ein niedriges Niveau von besonderer Bedeutung . Die Analysten stellten fest, dass 45 der 51 bewerteten Versorger in den vergangenen drei Jahren tödliche Arbeitsunfälle innerhalb der eigenen Belegschaft bzw. bei Mitarbeitern von Subunternehmern verzeichnen mussten.

Das Fazit der Studie: Die konkreten Ziele und Gesetze vieler Länder zum Ausbau der Erneuerbaren Energien, zur Energieeffizienz sowie zum Umwelt- und Klimaschutz stellen die Branche vor große Herausforderungen. „Diese Veränderungen können viele Unternehmen zu Investitionen in umwelt- und sozialverträgliche Technologien und einige sogar zur grundsätzlichen Umstellung ihrer Geschäftsmodelle zwingen“, fasst Marttila die Situation in der Branche zusammen. „Wer jetzt noch nicht angefangen hat, sich aktiv mit den Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu beschäftigen, sieht sich großen wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt.“
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