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Finanzdienstleister, Fonds / ETF
Neue Spielregeln für das Kundengespräch von Anlageberatern
Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die Portfolios haben viele Privatinvestoren gegen ihre Anlageberater aufgebracht. Mancher Kunde hatte den Eindruck, falsch beraten worden zu sein und beklagt die Ohnmacht, sich im Nachhinein dagegen wehren zu können. Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW hatte waren etwa des Öfteren Kunden gezielt aus sicheren Anlagen in die Risiko-Zertifikate gelockt worden. Obwohl das hohe Sicherheitsbedürfnis der Kunden festgehalten worden sei, habe man sie nach ihren Schilderungen zum Zertifikate-Kauf überredet und dann im Beratungsprotokoll dokumentiert, dass dies auf ausdrücklichen Kundenwunsch geschehen sei (wir

Dafür wird mit Wirkung zum 1. Januar 2010 eine umfassende Dokumentationspflicht der Kundengespräche eingeführt. Bei Gesprächen mit den Kunden muss ein Finanzberater fortan schriftlich festhalten, aus welchem Anlass und wie lange die Beratung erfolgte, die Einschätzung der persönlichen Situation und der individuellen Anliegen des Kunden protokollieren sowie die Empfehlungen, die er ausgesprochen hat. Vor allem aber muss der Kunde diesem Beratungsprotokoll zustimmen, ihm noch vor Abschluss eines Vertrags unterschrieben ausgehändigt werden.
Nach Einschätzung von Dr. Christian Waigel von der Münchener Anwaltskanzlei GSK Gassner Stockmann & Kollegen ist die Beraterbranche damit „noch einigermaßen glimpflich davongekommen“. Wie er auf einer Veranstaltung vor Anlageberatern in Düsseldorf erklärte, waren ursprünglich noch strengere Regeln diskutiert und insbesondere von Bayern gefordert worden. Vor dem Hintergrund milliardenschwerer Rettungspakete für den Finanzsektor und massiver Klagen über Mängel bei der Anlageberatung sei die Politik in den Monaten vor der Bundestagswahl unter starken Handlungsdruck geraten und habe die Gesetzesänderungen im Schnellverfahren verabschiedet. Daher seien Verbände und Praktiker auch nicht mehr ausreichend angehört worden und gebe es für Anlageberater etliche Probleme, die neuen Ansprüche im Beratungsalltag umzusetzen.
So bevorzuge der Gesetzgeber in Zukunft die unregulierte Beratung, da die hohen Protokollierungsanforderungen ausschließlich für Wertpapierdienstleistungsunternehmen festgeschrieben worden seien. Waigel bezweifelt, dass dies angestrebt worden war. Auch Fondsvermittler seien von der neuen Regelung nicht berührt. Ein weiteres Problem sieht er darin, dass das Gesetz sich an einem Gespräch „unter Anwesenden“ orientiert, während in der Praxis ein Großteil der Anlagegespräche am Telefon erfolge. Denn vor dem Geschäftsabschluss müsse dem Kunden das schriftliche Protokoll des Beraters zur Verfügung gestellt werden. Das müsse zwar nicht auf Papier geschehen, könne auch auf „dauerhaften Datenträgern“ wie etwa einer Diskette oder in Form einer Mail geschehen. Doch zum einen sei dieses dem Kunden nur zumutbar, wenn dieser eine Mailadresse als Nachweis seiner Kompetenz in der Bearbeitung solcher Medien nachweise. Zum anderen müsse man sich für einen solchen Datenaustausch die Zustimmung des Kunden einholen und dafür wiederum den Rahmenvertrag für die Anlageberatung ändern.
Immerhin – so Waigel – müsse der Anlageberater nicht nachweisen, dass der Kunde das ihm zur Verfügung gestellte und vom Berater unterzeichnete Protokoll auch erhalten und gelesen hat. Es genüge der Nachweis, es zugestellt zu haben, also zum Beispiel der Beleg der versendeten Mail. Doch mit dem Grundsatz, dass das Protokoll vor dem Geschäftsabschluss zu überreichen ist, bekomme der Kunde ein „hartes“ Rücktrittsrecht. Binnen einer Woche könne der Kunde das Protokoll anfechten, was umso leichter sei, da nicht die Qualität der Beratung angefochten werden, sondern der Kunde lediglich Einspruch gegen die Korrektheit des Protokolls erheben muss.
Diese Regelung räumt dem Kunden nicht nur ein großes Zeitfenster ein, um seine vom Berater angeregte Anlageentscheidung zu überdenken. Sie kann den Anlageberater auch teuer zustehen kommen, wenn die Parteien sich darauf verständigt haben, dass auch vor der Absegnung des Protokolls im Auftrag des Kunden investiert werden kann. Ein Vermerk im Beratungsprotokoll müsse dann festhalten, dass dies ausdrücklich vom Kunden gewünscht wird, insbesondere bei der Beratung und der Order per Kommunikationsmittel sei dies ja komfortabel. Doch dann liege die Beweislast beim Berater, müsse dieser im Streitfall nachweisen, dass der Kunde das Investment in Auftrag gegeben hat. In der Theorie sei es aber durchaus möglich, dass der Kunde sein Rücktrittsrecht ausnutze und eine Woche lang gegen den Anlageberater spekuliere, um dann die Korrektheit des Protokolls anzufechten. „Ein solche Spekulationen ausschließendes Widerrufsrecht wirkt hier nicht“, stellt Waigel klar.
Der Anwalt empfiehlt Anlageberatern, erst nach einer Rückbestätigung der Kunden – etwa per Fax oder Mail – einen Auftrag umzusetzen. Oder sich auf das reine Ordergespräch zu konzentrieren, in dem es nur um die Orderausführung geht und nicht um eine Stellungnahme zu einer Anlage. Denn damit begebe man sich in die Anlageberatung und sei verpflichtet, ein Beratungsprotokoll zu erstellen und dem Kunden zu übereignen. Ohnehin sollten laut Waigel Berater im Erstgespräch mit Kunden vermeiden, konkrete Anlagen anzusprechen. Es empfehle sich, sich zunächst auf Allgemeines und den Beratungsansatz zu beschränken. Sobald man auf Finanzinstrumente zu sprechen komme, die für den Kunden persönlich und zur Empfehlung geeignet sind, greife die Protokollpflicht. Wenn man einen dieser Aspekte vermeide, sei man erst in einem zweiten Schritt verpflichtet, sich die Mühe eines ausführlichen Protokolls zu machen. Für dessen konkrete Umsetzung rät er zu einer elektronischen statt schriftlichen Umsetzung, „um Fehlerquellen zu verringern und Zeit zu sparen“. Allerdings warnt er davor, im Beratungsprotokoll stets die gleichen Satzbausteine zu verwenden. „Formularhafte Texte“ in einem Beratungsprotokoll hätten vor Gericht nur wenig Bestand, da sie nicht ausreichend die Individualität des Beratungsgesprächs belegen.
Wichtig ist es nach Angaben von Waigel, im Beratungsprotokoll „die einzelnen Finanzinstrument und Wertpapierdienstleistungen, die Gegenstand der Beratung waren, exakt zu benennen“. Es reiche keinesfalls aus, nur die Wertpapier-Arten wie etwa „Investments-Zertifikat“ aufzuführen. Auch seien die wesentlichen Gründe für die Anlageempfehlungen zu erläutern. Ferner rät der Rechtsanwalt, in Ergänzungen zum Beratungsprotokoll auf Provisionen und weitere Zuwendungen hinzuweisen und die Aufklärung über Anlagerisiken ausreichend zu dokumentieren.
Unterm Strich dürfte also die Position des Kunden in der Anlageberatung deutlich gestärkt werden, ihm obliegt sozusagen das letzte Wort darüber, wozu der Anlageberater mit welchen Argumenten geraten hat. Auf die Berater kommt dagegen ein deutlich erhöhter bürokratischer Aufwand zu, schnell zu Abschlüssen zu kommen wird deutlich erschwert.
Was das Beratungsprotokoll enthalten muss:
- den Anlass der Anlageberatung,
- die Dauer des Beratungsgesprächs,
- die der Beratung zugrundeliegenden Informationen über die persönliche Situation des
Kunden einschließlich der nach § 31 Abs. 4 Satz 1 des WpHG einzuholenden
Informationen (d. h. § 6 WpDVerOV = WpHG-Bogen),
- die einzelnen Finanzinstrumente und Wertpapierdienstleistungen, die Gegenstand
der Anlageberatung sind,
- die vom Kunden im Zusammenhang mit der Anlageberatung geäußerten
wesentlichen Anliegen und deren Gewichtung,
- die im Verlauf des Beratungsgesprächs erteilten Empfehlungen und die für diese
Empfehlungen genannten wesentlichen Gründe