Fonds / ETF

Perfekte Welt? „Eher unwahrscheinlich“ - ein nachhaltiger LGT-Fonds setzt bei der Titelauswahl auf Qualität



ECOreporter: Sie investieren nach ethischen und nachhaltigen Grundsätzen. Welche Kriterien sind das?

Mark Rall: LGT verwaltet 750 Millionen Euro nach Nachhaltigkeitskriterien. Wir bieten verschiedene Produkte an: Aktien, Bonds, Multi Asset Class, die sich sowohl für private wie auch institutionelle Investoren eignen. Unsere Nachhaltigkeitsphilosophie sieht vor, zur nachhaltigen Steigerung menschlichen Wohlbefindens ebenso beizutragen wie eine langfristige Wertschöpfung zu sichern. Für unsere Anlagen analysieren wir sowohl ESG-Kriterien (Environment, Social, Governance) als auch fundamentale Wirtschafts- und Unternehmensdaten. Dabei gilt es, Anlagen zu selektieren, die langfristig und nachhaltig positives Entwicklungspotential aufweisen. Wir stützen uns hierbei auf die Daten von drei unabhängigen Quellen: die Nachhaltigskeitsdatenbank von Asset4, die Nachhaltigkeits-Ratingagentur Inrate sowie auf einen selbstentwickelten, umfassenden Nachhaltigkeitsfragebogen. Denn gerade in Schwellenländern ist es oft schwer, zuverlässige Daten zu bekommen.

ECOreporter: Haben Sie bestimmte Bereiche der Nachhaltigkeit besonders im Blick?

Rall: Wir wenden vier ESG-Strategien an: Negativ-Screening, Positiv-Screening, Integration von ESG- mit Finanzdaten - und in ausgewählten Fällen führen wir mit Unternehmen einen Dialog. Die gesamte LGT-Gruppe investiert beispielsweise nicht in kontroverse Waffen (Asset Overlay). Für die Nachhaltigkeitsfonds hat LGT Capital Management darüber hinaus Negativkriterien zu Tabak, Glücksspiel, Waffenhersteller, Pornografie und Kinderarbeit definiert.
In Staaten investieren wir nur, wenn sie die internationalen Waffenkonventionen unterzeichnet haben, Menschenrechte beachten und gegen Korruption vorgehen. Beim Positiv-Screening legen wir die Schwerpunkte im Bereich der Umwelt auf die Steigerung der Öko-Effizienz im Hinblick auf Ressourceneinsatz und –verbrauch, die Senkung von Emissionen in Luft und Wasser sowie Produktinnovation. Im Bereich Soziales konzentriert sich die LGT auf überdurchschnittlich gute Arbeitsbedingungen. Ein weiterer Aspekt sind umfassende Produktinformationen und –sicherheit. Bei der Governance achten wir besonders auf Führungsstrukturen, Aktionärsrechte, Entlohnung und die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens.

ECOreporter: Wie überwachen Sie die Nachhaltigkeit des Portfolios?

Rall: Die Unternehmensdaten werden vierteljährlich aktualisiert. Auf kontroverse Unternehmensaktivitäten achten wir täglich. Für Länder und Supranationale Organisationen erfolgt die Aktualisierung der Nachhaltigkeits-Daten jährlich.

ECOreporter: Wie oft werden Titel wegen Nicht-Einhaltung der Kriterien aus dem Portfolio ausgesondert?

Rall: Es kommt wegen unserer gründlichen Auswahl eher selten vor, dass wir Titel aussondern müssen, weil sie die Kriterien verletzen. Im Durchschnitt werden etwa fünf Titel pro Jahr ausgesondert.

ECOreporter: Können beispielsweise institutionelle Kunden auch die Beachtung individueller Nachhaltigkeitskriterien anfordern?

Rall: Natürlich, wir bieten maßgeschneiderte Lösungen für Kunden an und haben bereits einige Mandate in diesem Bereich.

ECOreporter: Auch nachhaltige Geldanlagen sind in die weltwirtschaftlichen Rahmendaten eingebunden. Welche Szenarien sehen Sie für die nächsten Jahren als wahrscheinlich an?

Rall: Es gibt fünf Hauptszenarien, deren Eintreten wir für möglich halten: die Abkopplung der Schwellenländer von der Entwicklung in den Industrienationen, die Stagflation, eine Fortsetzung der Staatsschuldenkrise, schwaches Wachstum oder einen klassischen Boom. Für eher unwahrscheinlich halten wir eine deflationäre Depression, eine Hyperinflation – und die perfekte Welt, in der ein durch die Globalisierung getriebenes Wachstum mit geringer Inflation auftritt.

ECOreporter: Wie werden Sie auf diese Szenarien reagieren, mit welchen Grundsätzen?

Rall: Die LGT Capital Management nutzt seit langem die Technik der Szenarioanalyse, um sogenannte "robuste Portfolios" zu entwickeln, die für die fünf beschriebenen Hauptszenarien so aufgebaut sind, dass sie sich in jedem Szenario als robust erweisen. Dieser strategischen Ausrichtung nachgelagert ist die taktische Anpassung, die in einem systematischen Anlageprozess erfolgt.

ECOreporter: Wie wählen Sie die Titel aus, die trotz der verschiedenen Krisenszenarien Erfolg versprechen?

Rall: Hier liegt der Fokus auf Qualitätsmerkmalen. Bei Unternehmen sind das Nachhaltigkeit, Geschäftsmodell, Stabilität des Cash Flows sowie die Bilanz von möglichen Anlagen. Bei Staatsanleihen geht es beispielsweise um Rahmenbedingungen, zyklische Faktoren und die Marktverfassung

ECOreporter: Welche nachhaltigen Bereiche sind besonders chancenreich?

Rall: Derzeit der effiziente Umgang mit Ressourcen (zum Beispiel: Veolia), Mikrofinanzen sowie Anlagen in innovative Anleihen wie den Green Bond der Weltbank, der in klimarelevante Projekte investiert.

ECOreporter: Herr Rall, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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