Anleihen / AIF

Photon Power, KTG und Co.: Die größten Pleiten bei nachhaltigen Direktbeteiligungen

Nicht jedes Rendite-Versprechen von nachhaltigen Anleihen wird gehalten. Diese Erfahrung mussten Anleger immer wieder machen. Manchmal läuft es sogar noch schlechter: Es gibt Komplett-Konkurse oder Beinahe-Pleiten, Kapitalschnitte und empfindliche Verluste. Etwas daraus lernen kann nur, wer sich die Einzelfälle auf der – nicht abschließenden – Liste des grünen Grauens genau anschaut.

Aktuellstes Beispiel ist der Brennstoffzellen-Hersteller Heliocentris aus Berlin.  Nach der Insolvenz-Meldung ist noch unklar, wie es für die Anleihe-Anleger und Aktionäre von Heliocentris weitergeht.  Aber Heliocentris ist kein Einzelfall: Wir stellen Anleihen der vergangenen Wochen und Monate vor, mit denen Anleger gar nicht gut gefahren sind. 


Photon Power AG

Abonnenten des Solarstrommagazins Photon aus Aachen und andere Anleger hatten im Jahr 2011 in drei Mittelstandsanleihen der Photon-Betreiberfirma Photon Power AG investiert. Doch schon wenige Zeit später bangten sie um ihr Geld: Photon Power beantragte im Dezember 2015 wegen drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz. Davon betroffen waren 500 Anleger, die rund 7,7 Millionen Euro in Anleihen investiert hatten. Bei Vollplatzierung hätte Photon Power insgesamt 16,2 Millionen Euro bei Anlegern eingeworben. Das Geld floss größtenteils in fünf Photovoltaikanlagen.

Bereits seit 2013 war bekannt, dass die Photon Power AG auch Darlehen an andere Gesellschaften der Photon-Gruppe vergeben hatte, die schon länger insolvent waren, darunter der Solarzeitschriftenverlag Photon Europe GmbH. Im März 2016 begann das reguläre Insolvenzverfahren der Photon Power am Amtsgericht Aachen. Derzeit wird die Fortführung des Unternehmens im Rahmen einer Genossenschaft geprüft.

Ein Lichtblick aus der Sicht der Anleihegläubiger der Photon Power AG: Ein Nachrang der Anleihen ist in den Anleihebedingungen laut Insolvenzverwaltung nicht vereinbart. Das bedeutet, dass die Anleiheanleger bei möglichen Rückzahlungen aus der Insolvenzmasse nicht als letzte Gruppe nach allen anderen Gläubigergruppen (das sind zum Beispiel Banken, Handwerker oder Lieferanten) zum Zug kommen. Überdies sind sie laut der Unternehmensbilanz für 2014 wohl die  größte Gläubigergruppe von Photon Power.

ECOreporter.de hatte schon 2011 vor dem Investment in die Anleihe gewarnt: Sicherheitsbewusste Anleger sollten dauerhafte Erfolge der Photon Power AG abwarten, bevor sie hier wesentliche Teile ihres freien Vermögens investieren.  Photon Power wird in der Wachhund-Rubrik geführt. (Link entfernt)


Teak Holz International (THI)

Über die Wandelanleihe der Teak Holz International AG (THI) aus Linz konnten Anleger ab 2010 in Teakholz-Plantagen in Costa Rica investieren. Teak Holz International hatte 15,6 Millionen Euro über die Anleihe bei Anlegern eingeworben, für einen jährlichen Zinssatz von 5 Prozent. Die Rückzahlung wäre im August 2015 fällig gewesen, doch Anfang September 2015 beantragte die THI Insolvenz, weil die Anleihe nicht bedient werden konnte. Unter anderem kam heraus, dass THI statt 1,3 Millionen Teak-Bäume nur rund 660.000 Bäume besaß, der Bestand war als viel zu wertvoll eingestuft worden. Die Führung wurde ausgetauscht, den Anlegern drohte der Totalverlust. Im März 2016 verkaufte THI ihre Beteiligungen an fünf Plantagen in Costa Rica im Rahmen einer Versteigerung für 2,2 Millionen Euro. Um die Erlöse wird noch länger gestritten: die Anleihegläubiger erhoben Anspruch auf 1,3 Millionen Euro.

Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ehemalige Vorstände des Unternehmens wegen des Verdachtes auf Erstellung einer fehlerhaften Bilanz sowie wegen schweren Betruges. Vor einem Jahr waren die Ermittlungen nach einem anonymen Hinweis ins Leere gelaufen. Zudem wird geprüft, ob die Manager der THI im Zusammenhang mit der Erstemission ihres Titels an der Börse, dem sogenannten IPO-Verfahren, ihre Vermögenswerte falsch bewertet und veröffentlicht haben. Mitte Juni wurde die Börsenzulassung für die Aktie widerrufen: Der Aktienkurs fiel zuvor um 75 Prozent. Die THI konnte damit nicht mehr an der Wiener Börse regulär gehandelt werden.

ECOreporter.de führt Teak Holz International in der Wachhund-Rubrik. (Link entfernt)


KTG Agrar und KTG Energie

Nach der Insolvenz des Agrarkonzerns sieht es für die Aktionäre der KTG Agrar bitter aus. Die Aktie des Hamburger Unternehmens pendelte über viele Jahre um die Marke von 15 Euro, um dann im Frühjahr 2016 abrupt abzustürzen. Damals sickerte durch, dass der Agrarkonzern in Finanznot geraten war. Der völlige Kurseinbruch erfolgte aber erst, als die KTG Agrar einräumen musste, nicht einmal genug Kapital zu haben, um die fällige Zinszahlung von knapp 18 Millionen Euro für eine Anleihe zu leisten. Die Aktie ist nun nur noch sieben Eurocent wert.

Die Gläubigerversammlung hat auf Antrag des Insolvenzverwalters beschlossen, dass die KTG-Aktie zum Jahresende aus dem Handel an der Frankfurter Börse genommen wird. Sie beschloss auch das Delisting der Anleihen. Der seit Anfang Juli 2016 insolvente Agrarkonzern hatte Anleihen im Gesamtvolumen von rund 200 Millionen Euro platziert. Rechtsanwalt Klaus Nieding von der Kanzlei Nieding + Barth Rechtsanwalts-AG empfiehlt Anleihe-Anlegern, ihre Ansprüche anzumelden. Darüber hinaus sieht er Chancen auf Schadensersatzansprüche. Die Insolvenzquote für die Gläubiger dürfte laut Insolvenzverwalter äußerst gering ausfallen.

Auch die auf den Betrieb von Biogasanlagen spezialisierte KTG Energie meldete Ende September 2016 Insolvenz an, sie soll aber saniert werden. Das Unternehmen betreibt Bioenergieanlagen, verwendet dabei Rohstoffe von der KTG Agrar AG, und ist eigenständig an der Börse notiert. Für die KTG-Energie-Anleger bedeutet die Insolvenz, dass sie vorerst auf Zinsausschüttungen verzichten müssen. Zudem droht ein teilweiser Verzicht auf eine Rückzahlung der Anleihe. KTG Energie hatte 2012 eine Anleihe mit einem Volumen von 50 Millionen Euro emittiert, die ursprünglich 2018 zur Rückzahlung fällig geworden wäre. Für die Aktionäre der KTG Energie AG ist die Insolvenz ebenfalls bitter: Die Aktie stürzte auf Jahressicht an der Frankfurter Börse um 85 Prozent ab.

MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG

Schwere Fehler in der Buchführung hatten die MIFA Mitteldeutsche Fahrradwerke AG 2014 in die Insolvenz gestürzt: Das Unternehmen aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt hatte wesentliche Unternehmenskennzahlen der Jahre 2012 und 2013 falsch bilanziert. Millionenverluste taten sich auf: Die MIFA war plötzlich überschuldet. Die von der Insolvenz betroffenen Anleihegläubiger hatten 2013 zusammen 25 Millionen Euro in das Unternehmen investiert, versprochen wurden ihnen damals 7,5 Prozent Zinsen.

Bildhinweis: Ein Fahrrad aus der MIFA-Produktion. Das Insolvenzverfahren läuft derzeit noch. / Foto: Unternehmen

Mehrere Anleger zogen 2015 gegen das Unternehmen vor Gericht und klagten auf Schadenersatz wegen Prospekthaftung und Kapitalanlagebetrug. Der Kern der MIFA AG gehört mittlerweile zum Automobilzulieferer IFA Rotorion aus Haldensleben. Dieser führt das Unternehmen als GmbH unter dem Namen MIFA Bike fort. Der Kauf aus der Insolvenz heraus war Ende 2014 vereinbart worden. Derzeit läuft das nicht-öffentliche Insolvenzverfahren. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einzelne Organe der MIFA, wie die One Square Advisory Services GmbH als Vertreterin der Anleihegläubiger mitteilte. Derzeit liefen zudem noch individuelle Klagen gegen den Wirtschaftsprüfer, teilte die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger mit. Man rechne mit einer Verfahrensdauer von mehreren Jahren.


MBB Clean Energy

Das 2012 gegründete Unternehmen MBB Clean Energy AG aus München hatte Anfang Mai 2013 eine Anleihe auf den Markt gebracht. MBB Clean Energy wollte 300 Millionen Euro für den Kauf bestehender Wind- und Solarparks bei Anlegern einwerben. Tatsächlich kamen nach offiziellen Angaben 72 Millionen Euro zusammen.

Im Mai 2014 blieb MBB die erste Zinszahlung schuldig, auch die zweite Ausschüttung erfolgte nicht, obwohl das Geld „für berechtigte Zinszahlungen“ angeblich auf dem Treuhandkonto bereitliege, wie es hieß. Bereits im Juni 2014 hatte die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) wegen mutmaßlicher Unregelmäßigkeiten beim Kurs der MBB-Clean-Energy-Anleihe ermittelt. Demnach hat MBB Clean Energy Anleihen an vermeintliche Investoren ausgegeben, ohne dafür Geld bekommen zu haben. Schließlich erklärt MBB Clean Energy die Anleihe aufgrund einer fehlenden Unterschrift unter der Globalurkunde für ungültig, ruderte später wieder zurück und kündigte „Reparaturmaßnahmen“ an, die nicht erfolgten.

Mitte 2015 folgte die Insolvenz, zwei Tage bevor das Landgericht München I ein Versäumnisurteil gegen MBB Clean Energy erließ und das Unternehmen zur Zahlung von knapp 600.000 Euro an einen klagenden Gläubiger verurteilte. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht endgültig eröffnet. Nur wenn es zu dieser Eröffnung kommt, können die Anleger überhaupt ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Ob und in welcher Höhe sie mit einer Insolvenzquote rechnen können, ist ungewiss.

Die Kanzlei CLLB, die eine Vielzahl von Anleihegläubigern vertritt, rechnet damit, dass die Quote "überschaubar ausfallen wird". Deshalb konzentriere man sich auf weitere Ansatzpunkte. So könnten diejenigen Anleger, welche die MBB-Anleihe über ihre Depotbank gekauft haben, den gezahlten Betrag von ihrer Depotbank ersetzt verlangen. In einem Fall hatte die beklagte Bank den geforderten Betrag zuzüglich Kosten nach Klageeinreichung bezahlt – ohne sich gegen die Klage verteidigt zu haben. Die anderen Verfahren befänden sich noch in einem frühen Stadium, so CLLB. Theoretisch kämen auch Haftungsansprüche gegen die emissionsbegleitende Bank und die Wertpapierverwahrstelle Clearstream in Betracht. Die Aussichten halte man allerdings für sehr überschaubar.

ECOreporter.de führt MBB Clean Energy in der Wachhund-Rubrik. (Link entfernt)


MT Energie

Der Biogasanlagenbauer MT Energie aus Zeven in Niedersachsen hatte 2013 über eine Anleihe 13,6 Millionen Euro eingesammelt. Das mit 8,25 Prozent verzinste Wertpapier wäre ursprünglich 2017 zur Rückzahlung fällig gewesen. Den Antrag auf Insolvenz hatte die MT Energie GmbH im Oktober 2014 wegen "drohender Zahlungsunfähigkeit" gestellt: Sie litt unter dem Markteinbruch im Bereich der Biogasanlagen infolge starker Einschnitte bei der Förderung des Sektors durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG).

Bildhinweis: Biogasanlage der MT Energie. Die Tochtergesellschaften sollen verkauft werden, damit die Gläubiger ihr Geld bekommen. / Foto: Unternehmen

Insolvenzverwalter Gideon Böhm schätzte die zu erwartende Rückzahlung an die Gläubiger auf 15 Prozent, mit der Hoffnung auf mehr: "Aufgrund von Befriedigungseffekten auf Ebene der Tochtergesellschaften" könnte sich die Quote noch auf 25 bis 30 Prozent erhöhen, wird Böhm in einer Mitteilung des Beratungshauses One Square Advisory zitiert, das die Interessen der Anleihegläubiger vertritt. Allerdings soll sich der Abschluss des Insolvenzverfahrens noch mehrere Jahre hinziehen.



Singulus Technologies AG

Dass eine Anleihen-Pleite auch anders ausgehen kann, zeigt der Fall Singulus Technologies AG: Anleger hatten 2012 bei dem Maschinenbauunternehmen über eine Anleihe 60 Millionen Euro investiert. Verzinst war die Anleihe mit 7,75 Prozent. Um die Insolvenz zu vermeiden, haben sowohl die Anleihegläubiger als auch die Aktionäre von Singulus Technologies nach zähem Ringens im Februar 2016 dem Rettungskonzept der Unternehmensführung mehrheitlich zugestimmt.

Ein Kapitalschnitt machte die Anleihegläubiger zu Mehrheitseignern von Singulus Technologies. So tauschten die Besitzern der ehemaligen Singulus-Inhaberschuldverschreibung diese sowohl in neue Aktien als auch in neue Inhaberschuldverschreibungen um. Ein Verzicht auf die Auszahlung der Zinsen war Teil der beschlossenen Maßnahmen. Nun muss das Unternehmen zeigen, dass es auch im operativen Geschäft schwarze Zahlen schreiben kann, wenn der Kursverlauf von neuen Aktien und neuen Anleihen nachhaltig zufriedenstellend sein soll.


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