Anleihen / AIF

Prokon: Hürden auf dem Weg zur Genossenschaft?

Im Verlauf der kommenden fünf Monate bis Mitte des Jahres soll das Insolvenzverfahren von Prokon abgeschlossen sein. Dieses Ziel hat sich der Insolvenzverwalter gesetzt. Der Insolvenzplan, der den Weg dorthin umreißt, will Penzlin möglichst bis Ende des laufenden Monats bei Gericht einreichen. Endgültig von den Gläubigern beschlossen werden soll er im  April 2015. Dazu hatte Penzlin die Anlegerschaft bereits zum Ende des vergangenen Jahres um ein unverbindliches Votum gebeten. Von den 75.000 Kleinanlegern die 1,4 Milliarden Euro bei Prokon investiert hatten, nahmen 51.000 an dieser Befragung Teil. Diese 51.000 Kleinanleger repräsentierten laut Insolvenzverwaltung rund 1,1 Milliarden Euro Genussrechtskapital 34.000 dieser Anleger, die rund 780 Millionen Euro investiert haben, sprachen sich für das Genossenschaftsmodell Prokon 2.0 aus (ECOreporter.de  berichtete). Doch dieses klare Mehrheitsvotum allein reicht nicht aus, um die Genossenschaft zwangsläufig auf den Weg zu bringen. Bei der Gründung sind spielen „eine Vielzahl von Aspekten“ eine Rolle, sagt  Klaus Nieding von der Frankfurter Kanzlei Nieding & Barth. Nieding ist Fachanwalt für Kapitalanlagerecht, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und sitzt als Anlegervertreter im Prokon-Gläubigerausschuss. Als Beispiel nennt er „steuerliche Aspekte und Fragen der Haftung: „Es muss gewährleistet sein, dass Wahl der Rechtsform für die Genussrechtsinhaber steuerlich  nicht nachteilhaft ist“, sagt Nieding. „Die Genussrechtsinhaber wollen und sollen künftig unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung haben und nicht wie bisher lediglich die finanziellen Mittel stellen“, so Nieding weiter. Dies sei allgemeiner Konsens.

Fachanwalt: „Genossenschaft als Nachfolgeunternehmen wahrscheinlich“

Eine weitere wichtige Hürde stellt der Genossenschaftsverband dar. Zur Gründungsprüfung gehört unter anderem ein Gutachten über die wirtschaftliche Ausgangslage sowie die Ausgestaltung  und Plausibilität des angestrebten Geschäftsmodells. Zum Sachstand dieser Prüfung hat sich der Insolvenzverwalter bisher noch nicht öffentlich geäußert. Zu den Chancen auf die Gründung der Genossenschaft befragt sagt Fachanwalt Nieding: „Nach jetzigem Kenntnisstand überwiegt die  Möglichkeit der Genussrechtsinhaber auch weiterhin unternehmerisch bei Prokon engagiert zu sein.“ Das demnächst eine Genossenschaft gegründet wird, die die Nachfolge von Prokon antritt, ist damit zwar wahrscheinlich, aber eben noch nicht sicher. Und für eben diesen Fall, dass es anders kommt als die Mehrheit der Anleger wünscht, hatte Penzlin parallel den Verkauf des Unternehmenskerns an einen Investor vorbereitet.

Unabhängig davon, ob die Überführung in die Genossenschaft gelingt: die Anleger werden einen großen Teil ihres Investments abschreiben müssen. Insolvenzverwalter Penzlin hatte mehrfach erklärt, die Verluste würden sich vermutlich zwischen 40 und 70 Prozent bewegen. Fachanwalt Nieding bestätigt diese Prognose auf Anfrage von ECOreporter.de als nach wie vor „realistisch“. Allerdings weist er darauf hin, dass auch hier viele noch unklare Faktoren die tatsächliche Quote beeinflussen könnten. So beispielsweise, wie viel Geld der angekündigte Verkauf der Nebengeschäfte einbringen wird. Das sind unter anderem die Windradentwicklungssparte, ein Biodieselwerk in Magdeburg und Forstflächen in Rumänien. Vor diesem Hintergrund sei eine Aussage über die bekannte Prognose des Insolvenzverwalters hinaus „nicht seriös“, erklärt Nieding.

Der Verkauf der Nebengeschäfte soll den Anlegern nach Möglichkeit auch eine Barabfindung bringen. Nieding: „Eine solche Zahlung würde wahrscheinlich frühestens nach der finalen Abstimmung über den Insolvenzplan erfolgen“. Nach aktuellem Stand wäre das wohl im April. „Wie schnell sich so eine Zahlung realisieren lässt, hängt aber vor allem von den Verwertungserfolgen ab“, sagt Nieding. Prognosen zur tatsächlichen Höhe oder dem Ausschüttungstermin seien daher ebenfalls noch nicht angebracht, so Niedeing.

Eckdaten der Prokon-Anleihe noch offen


Um einzelnen Prokon-Anlegern den Ausstieg zu ermöglichen, soll ein Teil der Genussrechte in Anleihen umgewandelt werden, die an der Börse gehandelt werden. Diesen Plan verfolgt die Insolvenzverwaltung unabhängig davon, ob ein Investor einsteigt oder Prokon eine neue Chance als Genossenschaft erhält. Aktive Verfechter des Genossenschaftsmodells „Prokon 2.0“ ist die Anlegergemeinschaft „Freunde von Prokon“. Der Verein mit Sitz in Dortmund steht nach eigenem Bekunden in engem Austausch mit der Insolvenzverwaltung und den übrigen maßgeblichen Gläubigervertretern.  Der Verein weist daraufhin, dass auch hier noch einige Fragen offen sind. Zum Beispiel: Welche Eckdaten wird diese Anleihe haben? Weder Laufzeit noch Verzinsung seien bisher festgelegt, erklärt der Verein. Allerdings wagen die „Freunde von Prokon“ eine Prognose: „Die Bedingung werden sich an der erwarteten Ertragskraft von Prokon 2.0 und der derzeitigen Marktsituation für vergleichbare Wertpapiere orientieren. Wahrscheinlich wird der Zinssatz bei circa 2 Prozent p.a. liegen“, schätzt die Interessengemeinschaft.
Der Gründer und ehemalige Prokon-Geschäftsführer Carsten Rodbertus hat den Machtkampf mit dem Insolvenzverwalter inzwischen verloren und sich bei Prokon zurückgezogen (mehr lesen Sie  hier). Allerdings machte er zwischenzeitlich Schlagzeilen, weil er 2014 als Berater im Zusammenhang mit einem anderen Beteiligungsmodell auftrat. Dieses Angebot führt ECOreporter.de in der Wachhundrubrik (mehr lesen Sie  hier). ECOreporter.de hatte die Genussrechte von Prokon durchleuchtet und frühzeitig vor dem Einstieg gewarnt (mehr lesen Sie  hier (Link entfernt)).



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