Erneuerbare Energie

Quotenmodell? Einschnitte bei Wind und Biogas? - Bundesumweltminister legt Eckpunkte für EEG-Reform vor

Nach der Photovoltaik nimmt die Bundesregierung nun die Windkraft und die Biogasanlagen ins Visier. Das geht aus den Plänen hervor, die Bundesumweltminister Peter Altmaier heute für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vorgelegt hat. Er will den Ausbau von Wind- und Biogasanlagen in Deutschland begrenzen, um eine „Überförderung und einen überproportionalen Anstieg der EEG-Umlage“ zu verhindern. Über die EEG-Umlage werden die Stromverbraucher an den Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien beteiligt.

Der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien soll laut Altmeier  „in möglichst gleichmäßigen Schritten erfolgen, um Überhitzungen zu vermeiden“. Ein schnelleres Ausbautempo würde zu erheblichen zusätzlichen Kosten und Integrationsproblemen in die Netze führen. Das Ausbautempo müsse „regional stärker mit dem Ausbau der Netze abgestimmt werden, um hohe Zusatzkosten zu verhindern“, so der Bundesumweltminister. Die Abstimmung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien mit dem Ausbau der Netze und der Situation konventioneller Energien können nur gelingen, wenn das EEG auch Möglichkeiten zur geographischen und regionalen Steuerung enthalte.

Das von Altmeier angestrebte neue EEG soll sich „vorzugsweise auf marktwirtschaftliche Prinzipien stützen“. Es sei zu prüfen, wie die Direktvermarktung und damit die Marktintegration verstärkt werden kann. Dies könne beispielsweise durch eine Ausweitung der Marktprämie und des Eigenverbrauchs erfolgen. Damit stellt sich der Minister in Gegensatz zu den im Sommer bekannt gewordenen Plänen der Bundesregierung, die Anfang 2012 eingeführte Marktprämie zum Jahreswechsel deutlich abzusenken.

Für den CDU-Politiker kommen nach eigener Aussage auch Ausschreibungs-und Quotenmodelle in Frage. Diese seien auf ihre Eignung zu prüfen. Damit käme Altmeier der FDP entgegen, die solche Modelle favorisiert, obwohl sie andernorts gescheitert sind (wir Opens external link in new windowberichteten).

Der Minister strebt nach eigener Darstellung  ein möglichst schnelles Erreichen der Marktfähigkeit Erneuerbarer Energien an. Er sieht beim derzeit bestehenden EEG „ die Gefahr, dass bei der Durchführung der Energiewende vermeidbare Mehrkosten entstehen, die Bürger und Unternehmen belasten. Die Energiewende wird jedoch nur dann gelingen, wenn sie volkswirtschaftlich verantwortbar und bezahlbar ist.“

Immerhin will Altmeier die Reform des EEG ruhig angehen, abrupte massive Einschnitte wie bei der Photovoltaik in diesem und im vergangenen Jahr schließt er aus. „Planungssicherheit ist von entscheidender Bedeutung, um Fehlallokationen und Kosten zu vermeiden. Deshalb muss das EEG so gestaltet werden, dass die Notwendigkeit häufiger Novellierungen und abrupter Richtungswechsel reduziert wird“, so der Minister. Die von ihm angestrebte Reform werde kaum vor der Bundestagswahl möglich sein, stellte er fest. Altmeier strebt eine Einigung zwischen den Bundesländern über die jeweiligen Ausbauziele in einem Zeitrahmen von 10 bis 15 Jahren an. Dies sei erforderlich, um zu vermeiden, dass durch unabgestimmte Ausbaupläne erhebliche Mehrkosten und Mehrbedarfe für Leitungsausbau entstehen. Auch will der Politiker die Öffentlichkeit bei der Entwicklung des neuen EEG einbinden.

Bislang war die Bundesregierung von dem Ziel ausgegangen, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern. Der Bundesumweltminister strebt nun einen Anteil von 40 Prozent an.
Hildegard Müller, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), begrüßte in einer Stellungnahme, dass Altmeier das EEG reformieren will. Die Erfahrungen in den vergangenen Jahren hätten aber gezeigt, „dass versucht wurde, Fehlentwicklungen des EEG teilweise überstürzt zu korrigieren“. Bei der jetzt angestrebten grundlegende Reform des EEG müsse man dagegen „strukturierter vorgehen“.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) nahm es in einer ersten Stellungnahme positiv auf, dass das EEG in Zukunft das zentrale Instrument für den Ausbau Erneuerbarer Energien sein soll. Allerdings lehnt der BEE jegliche Mengenbegrenzungen oder feste Quoten für einzelne Technologien ab. „Gesetzliche Deckel behindern einen sich selbst tragenden Ausbau Erneuerbarer Energien, sind investitionsfeindlich und führen zu massiven Vorzieheffekten. Derartige Schritte treiben die Kosten in die Höhe“, warnt BEE-Präsident Dietmar Schütz. Positiv wertet Schütz, dass eine Überarbeitung des EEG mit aller fachlichen Sorgfalt und im weitreichenden Konsens erfolgen soll. „Damit erteilt Peter Altmaier all jenen Kritikern eine Absage, die das EEG durch symbolische Schnellschüsse abschaffen und den Ausbau Erneuerbarer Energien abrupt stoppen wollen“, so Schütz.

Gleichwohl kritisiert der BEE, dass der Verfahrensvorschlag zwar vom Erreichen der Marktfähigkeit der Erneuerbaren spricht, jedoch an keiner Stelle die Notwendigkeit eines neuen Energiemarktdesigns nennt. Hier bleibe der Vorschlag des Ministers „erheblich hinter dem Stand der öffentlichen Debatte zurück“. Der bestehende Strommarkt biete unabhängig vom EEG keine ausreichende Basis für Investitionen in neue Kraftwerke. Daher könne der bestehende Strommarkt kein Maßstab für die Marktfähigkeit der Erneuerbaren sein. Eine Integration der Erneuerbaren in den bestehenden Markt würde das Problem nicht lösen, sondern es nur auf diese ausdehnen. „Erneuerbare und verbleibende konventionelle Energien können also erst in einen sinnvollen Wettbewerb treten, wenn es einen entsprechenden Energiemarkt gibt“, sagte Schütz dazu und betonte: „Bis dahin ist die Förderung Erneuerbarer Energien über feste Einspeisevergütungen, wie sie das EEG festlegt, ebenso sinnvoll wie kosteneffizient.“

Eva Bulling-Schröter, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion ‚Die Linke‘ und Vorsitzende des Bundestagsumweltausschusses, übte dagegen harsche Kritik: "Peter Altmaiers Vorschläge sind ein Eingeständnis des Scheiterns der bisherigen Energiewende-Politik der Bundesregierung. Der Umweltminister beklagt mangelnde Abstimmung und Koordinierung bei der Energiewende und stellt damit sich selbst und der Bundesregierung ein desaströses Zeugnis aus", kommentierte Bulling-Schröter. Sie kritisierte vor allem, dass Altmeier nicht davon abrücken will, viele energieintensive Unternehmen von der EEG-Umlage zu befreien, was zu Lasten der Privathaushalte gehe (wir berichteten darüber). „Es kann nicht sein, dass die Förderung der erneuerbaren Energien gekappt wird, nur weil der Umweltminister sich nicht traut, die maßgeblich zum Strompreisanstieg beitragenden Privilegien der Industrie zu reduzieren“, so die Vorsitzende des Bundestagsumweltausschusses.

Wie der anstehende Anstieg der EEG-Umlage sozial abgefedert werden könnte, hat das DIW in einer Studie dargelegt. Per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Bericht darüber.

Ebenfalls deutlich fällt die Kritik von Hans-Josef Fell an den Plänen Altmeiers aus. Er ist energiepolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Er versteht Altmeier so, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien gedeckelt werden soll. "Nachdem Schwarz-Gelb bereits mit 52 Gigawatt einen Ausbaudeckel für die Photovoltaik durchsetzte, will Altmaier dies nun auch bei der Windkraft und Biomasse", so Fell. Der jährliche Zubau solle in einen Korridor gepresst werden, der deutlich unter den heutigen jährlichen Ausbauraten liegt. "Damit will die Bundesregierung ausgerechnet in einem der wichtigsten und größten Wirtschaftszweige Deutschlands staatlich regulieren und sogar degressiv eingreifen", sagte der Grünen-Politiker dazu. Er warnt vor Markteinbrüchen, Konkursen und Entlassungen in der ganzen Ökostrombranche, "genau das was Teile der Fotovoltaikwirtschaft schon erlebt".

Bildhinweis: Hans-Josef Fell. /Quelle: Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen

Fell weiter: "Die vom Staat festgelegte Quoten und Ziele sollen nicht übererfüllt werden dürfen, so soll der Anteil der Erneuerbaren Energien bis 2020 mit 40 Prozent und bis 2050 mit 80 Prozent nicht überschritten werden. Dies bedeutet nichts anderes als den Bestandschutz der umwelt- und klimaschädlichen konventionellen Stromerzeugung. Damit erhalten die klimaschädlichen fossilen Kraftwerke bis 2020 einen staatlich geschützten Anteil von 60 Prozent."

Dagegen gehen der FDP die Vorschläge von Altmaier nicht weit genug. "Neben einer grundlegenden Reform brauchen wir auch Sofortmaßnahmen", sagte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Michael Kauch. Er verlangte eine Aussetzung des Einspeisevorrangs für Wind-, Photovoltaik- und Biomasse-Anlagen und die Einfürhung eines Quotenmodells.
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