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"Regulierung mit dem Vorschlaghammer." - Photovoltaikbranche läuft Sturm gegen geplante Kürzung der Solarstromvergütung

Gestern haben tausende Beschäftigte der Solarbranche gegen die Kürzungspläne für die deutsche Solarstromvergütung protestiert. Dazu hatte der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) unter dem Motto "Wer die Solarenergie beschneidet, beschneidet unsere Zukunft" aufgerufen. Nach seinen Angaben appellierten mehr als 35 Unternehmen mit insgesamt über 20.000 Mitarbeitern mit zahlreichen Kundgebungen und Protestaktionen an die Bundesregierung, die Pläne von Bundesumweltminister Norbert Röttgen nicht umzusetzen. Diese sehen zusätzliche Kürzungen der Vergütung für Dachanlagen um 15 Prozent zum 1. April vor. Für Freiflächenanlagen sollen zur Jahresmitte zusätzliche Kürzungen um 25 Prozent erfolgen. Dadurch sehen viele Solarunternhemen ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. Per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu einem ECOreporter.de-Beitrag darüber, wie die Bank Sarasin die Auswirkungen auf den Sektor einschätzt.

"Der massenhafte Protest zeigt, wie groß die Ängste bei den Beschäftigten sind, durch die völlig überhöhten Kürzungspläne des Umweltministers ihren Arbeitsplatz zu verlieren", erklärte BSW-Solar Geschäftsführer Carsten Körnig. „Aufgrund der viel zu kurzfristig geplanten Einführung der neuen Einspeisevergütung und der immensen Höhe der Absenkung, wird ohne Not durch eine überhastete politische Entscheidung eine ganze Branche kaputt gespart. Den Unternehmen bleibt aufgrund der kurzfristig geplanten Kürzung keine Zeit, sich wirtschaftlich auf die neue Situation einzustellen“, kritisiert Thomas Prudlo, Geschäftsführer des Münchner Energiedienstleisters Green City Energy.

Prominente politische Unterstützung bekam die Solarbranche unter anderem in Thüringen. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) sagte: „Es geht darum, einen politischen Fehler auf Bundesebene zu vermeiden." Die Regierungschefin sprach vor rund 500 demonstrierenden Beschäftigten in Arnstadt. Verlässliche Rahmenbedingungen für die Solarbranche forderte Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der Ausbau der Solarstromerzeugung spiele bei der Schaffung einer ökologischen Industriegesellschaft eine bedeutende Rolle, so Platzeck.

Im "Solar Valley Germany", einem der Cluster der Branche in Europa, machten Mitarbeiter von Sovello, Q-Cells, Solibro, Calyxo und CSG Solar lautstark und auf Transparenten ihrem Unmut Luft. Im Raum Erfurt demonstrierten über tausend Beschäftigte der dort ansässigen Solar-Unternehmen. Dort waren die Firmen Bosch Solar Energy, Sunways, Masdar PV, PV Crystalox und Asola an verschiedenen Aktionen beteiligt.

In Sachsen nahmen bei SolarWorld in Freiberg hunderte Mitarbeiter an einer Kundgebung teil und schlossen symbolisch für einige Stunden die Werkstore. Das Unternehmen beschäftigt an diesem Standort rund 1.500 Menschen. In Dresden beteiligten sich etwa 100 Mitarbeiter des Modulherstellers Solarwatt an einer Protestaktion.

Sowohl in Jena als auch in Alzenau protestierten die Mitarbeiter von Schott Solar. Allein in dem unterfränkischen Alzenau arbeiten gut 650 Schott-Mitarbeiter. Sie fürchten um ihre Jobs, sollte die Bundesregierung die Solarförderung tatsächlich erneut kürzen. In Neckarsulm demonstrierten etwa tausend Mitarbeiter des Wechselrichterherstellers Kaco und ihre Familien.
Die Firmen Conergy und First Solar, die Fabriken für die Produktion von Solarmodulen in Frankfurt (Oder) aufgebaut haben und zusammen über 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, haben sich ebenfalls gegen eine zu rasche und überhöhte Senkung der Solarförderung ausgesprochen: "Röttgens Regulierungspläne", so Mathias Kamolz, technischer Geschäftsführer der Conergy Solarfabrik, "gefährden die gesunde Entwicklung der gesamten deutschen Branche. Die dort vorgeschlagenen Absenkungen kommen zu schnell und zu drastisch. Das gleicht einer Regulierung mit dem Vorschlaghammer."

Unterstützt wurden die Protestaktionen von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen sowie Handwerksverbänden und den Gewerkschaften. Parteiübergreifend folgten auch mehrere Bundes- und Landespolitiker dem Protestaufruf des BSW.

Auch in der Regierungskoalition mehren sich die kritischen Stimmen. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung warnte Michael Kauch, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, vor einer Kürzung „mit der Axt“. Er schlägt vor, die Kürzung bei Freiflächenanlagen weniger stark ausfallen zu lassen und die Kürzungen nicht so kurzfristig umzusetzen. Angesichts des harten Winters verzögere sich die Installation geplanter Solaranlagen. Bevor der Bundesumweltminister mit seinen Plänen an die Öfffentlichkeit getreten war, hatte sich Kauch noch bedeckt gehalten und eine Anfrage von ECOreporter.de zu den Plänen der Koalition nicht beantwortet.

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