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„Rein spekulative Finanzinstrumente sollten verboten werden“ – ECOreporter.de-Interview mit Christof Lützel, GLS Bank



Die GLS Bank ist Aussteller und Sponsor der Messe Grünes Geld Freiburg. Dort informieren Aussteller am 10. November im Historischen Kaufhaus über aktuelle Trends, Entwicklungen und Angebote am nachhaltigen Finanzmarkt im deutschsprachigen Euroraum. Der Eintritt ist frei. Abgerundet wird das Messeprogramm durch zahlreiche Vorträge rund um Nachhaltigkeit im Finanzwesen und eine Podiumsdiskussion. Auch für die Unterhaltung kleiner Messebesucher ist gesorgt. Mehr zur Veranstaltung erfahren Sie Opens external link in new windowhier.

ECOreporter.de: Die EU-Kommission hat umfangreiche Pläne zur Umgestaltung des europäischen Bankensektors vorgelegt. Vor allem die darin enthaltene Idee einer europäischen Bankenunion, die sowohl Privat- als auch Genossenschaftsbanken unter die Aufsicht der EZB stellen würde, hat für heftige Diskussionen gesorgt. Was würde eine solche Union für die GLS Bank bedeuten und wie ist dieser Plan zu bewerten?

Christof Lützel:
Wir begrüßen grundsätzlich Vorstöße, die zu einer Änderung des aktuellen Finanzsystems führen, doch eine europaweite Bankenunion ist aus unserer Sicht nicht der richtige Schritt.
Genossenschaftsbanken und Sparkassen agieren in einem kleineren, dezentralen System, dass sich besonders in der Krise bewährt hat: Durch die Verbunds- und Sicherungsstrukturen können wir Fehler früh erkennen. Zudem werden die Auswirkungen über die Institutssicherung der Bankenverbände ohne Schädigung von Kunden, Drittbanken oder gar des Staates aufgefangen. Durch anschließende Analysen, Diskussionen und gegenseitigem und solidarischem Einstehen sowie einer erforderlichen Anpassung der Früherkennung und Prüfungen führen etwaige Fehler zusätzlich zu einer Stabilisierung dieses Systems. 

ECOreporter.de: Die Kritiker einer zentralen europäischen Bankenaufsicht halten dies grundsätzlich für schwer umsetzbar und fürchten Ineffektivität, zumal es schon nationale Kontrollorgane wie etwa die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BaFin) gibt. Braucht Europa eine solche Kontrollinstanz?

Lützel:
Es braucht nicht zwingend eine weitere Regulierungs- und Kontrollinstanz. Die Mitgliedsbanken der „Global Alliance for Banking on Values“ (GABV) [Die GABV ist ein internationaler Zusammenschluss von 15 Nachhaltigkeitsbanken – Anm. der Red.]  beispielsweise sowie das Modell der Genossenschaftsbanken haben bereits erfolgreich bewiesen, dass dezentrale Regulierung funktionieren kann.

ECOreporter.de: Um Risiken für Steuerzahler im Falle von Pleiten einzelner Geldhäuser zu minimieren,  sollen Universalbanken in kleinere Geschäftseinheiten zerschlagen werden. Was ist von diesem Ansatz zu halten?


Lützel:
Die Bankentrennung strebt an, Klarheit über die Risiken, die mit dem jeweiligen Bankenmodell – Investmentbanking beziehungsweise Universalbanking verbunden sind – zu schaffen. Die größte Herausforderung besteht jedoch darin, die Finanzierungsmöglichkeiten aus dem Universalbankgeschäft tatsächlich nicht für Investmentbanking-Aktivitäten einzusetzen.
Das europäische System jedoch verfügt bisher über keinerlei Erfahrungswerte mit einem Trennbanksystem. Blicken wir zurück auf den Ausgangspunkt der Immobilien- und Finanzblase 2007 in Nordamerika, dann entwickelte sich diese gar in einem solchen Trennbanksystem. Daher können wir derzeit noch nicht einschätzen, ob die Vorschläge eine nachhaltige Entwicklung der Finanzwirtschaft positiv beeinflussen würden. Tatsächlich griffen in der Krise andere Ausgleichmechanismen, wie zum Beispiel das dezentrale Banksystem der Genossenschaftsbanken.

ECOreporter.de: Hauptziel der EU-Reformpläne ist es, das Gesamtsystem krisenfester zu machen. Mit welchen Maßnahmen könnte dies gelingen und welche Rolle kann und sollte die EU dabei spielen?


Lützel:
Das oberste Ziel sollte die Integration sozialer und ökologischer Kriterien in den Kern des Geschäftsmodells der Finanzinstitute sein. Das eigentliche Kerngeschäft der Finanzwirtschaft muss ebenfalls wieder in den Fokus gerückt werden: die Finanzierung der Realwirtschaft. Vor diesem Hintergrund setzen wir uns unter anderem dafür ein, dass rein spekulative Finanzinstrumente, die in keinster Weise der Entwicklung der Realwirtschaft dienen, verboten werden. Die Einführung der Finanztransaktionssteuer kann ein erster Schritt sein, diese abstrakten Geschäfte zumindest einzudämmen. Zusätzlich ist eine Verpflichtung der Banken zu einem transparenten Umgang mit Geld notwendig.

ECOreporter.de: Viele Sparer und Anleger, die nachhaltig investieren möchten,  sind angesichts der Eurofinanzkrise verunsichert, wo sie Ihr Geld aktuell sicher und gewinnbringend anlegen können. Gibt es Anlageklassen die Sie solchen Investoren empfehlen oder von denen Sie konkret abraten würden?

Lützel:
In der sozial-ökologischen Branche finden interessierte Anleger vielfältige Anlageklassen – auch die GLS Bank bietet verschiedene Möglichkeiten. Kunden können beispielsweise über Direktbeteiligungen Windkraft- und Photovoltaikanlagen mitfinanzieren und so an der Energiewende partizipieren. Sozial-ökologische Kapitalanlagen zeichnen sich durch ihren realwirtschaftlichen Bezug aus und sind daher das einzig sinnvolle Instrument, Spekulationsblasen an den Finanzmärkten zu vermeiden. Verschiedene Studien belegen, dass nachhaltige Aktienindizes sich deutlich besser entwickeln als breite Aktienindizes, die keinen Nachhaltigkeitsbezug besitzen.

ECOreporter.de: Was werden Sie auf der Messe Grünes Geld in Freiburg präsentieren und mit welcher Erwartung kommen Sie zu der Veranstaltung?

Lützel:
Die GLS Bank wird mit einem Informationsstand und einigen Mitarbeitern vor Ort sein und unter anderem das Oikocredit Sparkonto, das erste Sparkonto für Mikrokredite, vorstellen. Durch eine Geldanlage auf diesem einzigartigen Sparkonto können Kunden Menschen in Entwicklungsländern auf dem Weg aus der Armut unterstützen. Ebenfalls im Gepäck wird die Bürgerwind-Aktie sein. Unsere Kunden können als Teilhaber an der ABO Invest AG den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Europa sowie die Dezentralisierung des Stromangebotes fördern. Wir suchen stets das persönliche Gespräch mit unseren Mitgliedern, Kunden sowie interessierten Menschen. Die Messe ‚Grünes Geld‘ bietet ein hervorragendes Forum um sich gegenseitig kennenzulernen und auszutauschen.


ECOreporter.de: Herr Lützel, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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