Erneuerbare Energie

Sargnagel für die Branche oder notwendige Schlankheitskur? - Kritik am Kabinettsbeschluss zur Solarstromvergütung

Die heutige Kabinettsvorlage zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) stößt auf heftige Kritik der Solarbranche. Die außerplanmäßige Gesetzesnovelle sieht ein ganzes Bündel von Einschnitten bei der Solarstromförderung vor. „Ausmaß und Geschwindigkeit der Förderkürzungen bedrohen die Existenz großer Teile der deutschen Photovoltaik-Industrie“, erklärte Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar).

Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung die so genannte Formulierungshilfe für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen. Sie wird nun von den Regierungsfraktionen in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Für Dachanlagen Soll die Vergütung in diesem Jahr zusätzlich einmalig um 16 Prozent sinken, bei Freiflächenanlagen auf Konversionsflächen einmalig um 11 Prozent und bei sonstigen Flächen um 15 Prozent. Die Regelungen treten zum 1. Juli 2010 in Kraft.

Zusammen mit den bereits jetzt im Gesetz fixierten Kürzungen von jeweils rund zehn Prozentpunkten im Januar 2010 und Januar 2011 soll die Einspeisevergütung laut Kabinettsvorlage binnen eines guten Jahres um rund ein Drittel zusammengestrichen werden. „Wenn es bei dieser Höhe bleibt, droht irreparabler Schaden für Deutschlands Solarwirtschaft“, warnt Cramer.

Dem hält Bundesumweltminister Norbert Röttgen entgegen, der derzeitige Verfall der Marktpreise bei Solarprodukten um bis zu 40 Prozent habe bei Photovoltaikanlagen "zu einer Überförderung und zu wirtschaftlichen Fehlanreizen geführt". Der beschlossene Entwurf sei ausgewogen und werde „dazu beitragen, dass die Photovoltaik aus ihrer Nischenposition zu einer relevanten Größe im Energiemix werden kann“, so der Bundesumweltminister.

Nach Einschätzung des BSW-Solar steht nun "Deutschlands Technologieführerschaft bei einem der wichtigsten Zukunftsmärkte und die Existenz tausender der in den letzten Jahren neu geschaffenen 60.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel". Die Solarbranche fordere die Politik auf, im jetzt folgenden parlamentarischen Prozess die Gesetzesnovelle "dringend nachzubessern" und die Höhe der zusätzlich geplanten Förderkürzungen zu halbieren.

Der Kabinettsentwurf sieht zudem vor, Photovoltaikanlagen von landwirtschaftlichen Flächen vollständig zu verbannen. „Hier wird ein tragendes und hoch effizientes Marktsegment der Photovoltaik zerstört,“ so BSW-Solar Geschäftsführer Carsten Körnig. Statt landwirtschaftliche Flächen ganz von der Solarförderung auszuschließen, solle es z.B. eine Vorrangprüfung im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen geben. So könnten im Einzelfall auftretende Nutzungskonkurrenzen vermieden werden. Nicht einmal einer von 1.000 Hektar landwirtschaftlicher Fläche werde nach Angaben des BSW-Solar gegenwärtig für die Solarstromerzeugung genutzt.

Wie Röttgen heute mitteilte, wird die Zielmarke für das jährliche Ausbauvolumen nach den nun verabscheideten Plänen von 1.700 Megawatt auf 3.500 Megawatt nahezu verdoppelt. Außerdem will er die jährliche Absenkung der Vergütung, die so genannte Degression, stärker an das Marktwachstum anpassen. "Wird das Ausbauziel von jährlich 3.500 Megawatt überschritten, sinken die Vergütungssätze zum Jahresende 2010 um 2 Prozent und im Jahr 2011 um 3 Prozent pro 1.000 Megawatt zusätzlichem Ausbauvolumen über den im EEG regulär vorgesehenen Degressionssatz von 9 Prozent hinaus. Unterschreitet das Marktwachstum die Untergrenze von 2.500 Megawatt, sinken die Vergütungssätze langsamer", so der Minister. Im Jahr 2009 wurden rund 3.000 Megawatt neue Photovoltaikanlagen installiert.

Darüber hinaus wird laut dem heutigen Beschluss der Eigenverbrauch von Strom aus Photovoltaikanlagen künftig stärker gefördert. Privathaushalte, die ihren Solarstrom selbst verbrauchen, gewinnen künftig acht statt drei Cent pro Kilowattstunde. „Für die Bürgerinnen und Bürger ist dies eine Einladung, aktiv beim Klimaschutz mitzumachen“, so Röttgen. Von der stärkeren Förderung des Eigenverbrauchs, profitiere zudem auch das Gewerbe, denn die Regelung werde auf Anlagen bis zu einer Größe von 800 Kilowatt ausgedehnt.

Das Bestreben der Regierung, den Eigenverbrauch von Solarstrom zukünftig stärker zu fördern, wird von der Solarbranche "ausdrücklich begrüßt", so der BSW-Solar. Der derzeit im Koalitionsentwurf vorgeschlagene Anreiz reiche aber nicht, um die überhöhte Reduktion der Einspeisevergütung für Solarstrom nennenswert auszugleichen. Der Eigenverbrauchsanteil des auf Eigenheimen erzeugten Solarstroms werde in der Regel 25 Prozent nicht überschreiten, schätzt der Verband. Der geplante Bonus sei zudem für Gewerbestromkunden mit ihren niedrigeren Stromtarifen ungeeignet. Auch hier müsse nachgebessert werden.

Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert die Bundeskanzlerin und die Mitglieder des deutschen Bundestages auf, "im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - im Dialog mit der Branche das EEG zu überarbeiten". Eine schnellere Absenkung der Zuschüsse sei möglich, nicht aber in dem geplanten Ausmaß und mit der Kappung ganzer Marktsegmente.


Wie Anne Kreutzmann, Chefredakteurin des Solarstrom-Magazins Photon, die Pläne der Bundesregierung bewertet, erfahren Sie in einem Opens external link in new windowECOreporter.de-Beitrag vom 26. Februar.
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