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Senvion schwächelt – wie sind die Aussichten der Wind-Aktie?

Für den Windkraftanlagen-Hersteller Senvion ist das erste Halbjahr 2017 nicht gut verlaufen: Umsatz und Gewinn gingen zurück, was aber auch an den hohen Kosten für die Umstrukturierung lag. Sollten Anleger dennoch in die Wind-Aktie einsteigen?



Senvion aus Hamburg bietet sowohl Windräder für den Einsatz an Land als auch auf See an, wenngleich in deutlich geringerem Umfang als etwa Konkurrent Siemens Gamesa. Damit erreichte Senvion im ersten Halbjahr 2017 einen Umsatz von 829,6 Millionen Euro "im Rahmen der Prognose", wie es hieß. Dies ist ein Rückgang von 4,6 Prozent: Im Vorjahreszeitraum hatte das Unternehmen noch 869,5 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet.



Mit einem geringeren Umsatz in 2017 hat Senvion aufgrund des Preisdrucks am Markt bereits gerechnet. Denn in etablierten Windmärkten wie Europa führt die Umstellung von festen Einspeisetarifen auf das Ausschreibungsmodell zu sinkenden Preisen beim Windstrom. Zudem verlagert sich die weltweite Nachfrage hin zu neuen Windmärkten, in denen aber ein starker Preiswettbewerb besteht.




Rückgang im Onshore-Geschäft, Aufschwung beim Service



In den ersten sechs Monaten des Jahres 2017 sanken die Umsätze von Senvion im Bereich Windkraft an Land (Onshore) um 25 Prozent auf 491 Millionen Euro, während die Umsätze im Service-Sektor um 10 Prozent auf 151 Millionen anstiegen. Damit ist der Anteil des Service-Geschäfts am Gesamtumsatz immer noch gering. Im Bereich Windkraft auf See (Offshore) konnte Senvion die Umsätze immerhin um 145 Prozent auf 184 Millionen Euro steigern.



Das bereinigte EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) betrug 61,8 Millionen Euro gegenüber 72,3 Millionen im ersten Halbjahr 2016. Auch hier ist also ein deutlicher Rückgang um 14,5 Prozent zu verzeichnen.

Mit der bereinigten EBITDA-Marge misst man die Profitabilität eines Unternehmens: Senvion erreichte hier zuletzt 7,4 Prozent nach 8,3 Prozent in der Vorjahresperiode.



Mehr Aufträge im ersten Halbjahr 2017



Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum kletterte die Anzahl der Order um 70 Prozent auf ein Volumen von 940 Millionen Euro. "Die Aufträge kamen vor allem aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, sowie den neuen Märkten wie beispielsweise Kroatien und Serbien", berichtete der Windkraftanlagen-Hersteller. Unter den Aufträgen war auch ein Offshore-Vertrag über 307 Millionen Euro in Deutschland.



Senvion erwartet für 2017 insgesamt neue Aufträge mit einem Volumen von 2 Milliarden Euro, doppelt so viele wie in 2016. "Unser Auftragseingang wächst", kommentierte Chief Executive Officer (CEO) Jürgen Geißinger diese Zahlen.




Hohe Kosten für die Umstrukturierung



Im Frühjahr 2017 hatte Unternehmenschef Geißinger angekündigt, dass Senvion die Produktion an die neue Marktsituation anpassen und die Kosten verringern müsse. So könne man die "Grundlage für profitables Wachstum bis zum Jahr 2019" schaffen. Ein erster Schritt ist getan: Senvion konnte im ersten Halbjahr die Betriebskosten im Jahresvergleich um 19 Prozent senken.



Die Unternehmensführung stellte bereits die Produktion in drei Fabriken in Deutschland ein und will weltweit etwa 660 der insgesamt rund 4.500 Mitarbeiter entlassen. Das führte allerdings zu erheblichen Umstrukturierungskosten: Sie betrugen im ersten Halbjahr 56,0 Millionen Euro. Dafür will Senvion durch alle Maßnahmen im Gesamtgeschäftsjahr 2017 rund 40 Millionen einsparen.

Zudem hat der Windkraftanlagen-Hersteller im April mit Erfolg eine Anleihe platziert und so seine Finanzierungskosten erheblich verringert. 

Umsatzprognose angepasst



Nachdem die Finanzierung für zwei Windparkprojekte in Chile zwar nun gesichert ist, sich die Fertigstellung aber in das kommende Jahr verschiebt, hat Senvion die Umsatzprognose verringert (wir berichteten). Senvion erwartet nun einen Erlös zwischen 1,9 und 1,95 Milliarden für das Gesamtgeschäftsjahr 2017. "Die Finanzierung für das Chile-Projekt ist jetzt abgeschlossen und wird nun in einen festen Auftrag umgewandelt", erklärte CEO Jürgen Geißinger dazu. "Wir haben dauerhafte Beziehungen aufgebaut, die sicherlich zu einer engen Zusammenarbeit bei zukünftigen Projekten führen werden." Ziel sei es, neue Märkte zu erschließen, betonte die Unternehmensführung.



Die bereinigte erwartete EBITDA-Marge für 2017 lässt Senvion unverändert bei 8,0  bis 8,5 Prozent, also ein leichtes Plus gegenüber 2016.




Aktie leicht im Minus nach Vorlage der Zahlen

Die Senvion-Aktie kostet aktuell im Handelssystem Xetra 13,51 Euro. Damit büßte der Kurs knapp 0,7 Prozent ein, nachdem Senvion die Zahlen präsentiert hat. Auf Jahressicht notiert die Wind-Aktie klar im Plus: Sie legte gegenüber dem Vorjahr rund 31 Prozent zu (Stand: 11. August, 9:09 Uhr).

Seit dem Börsengang im März 2016 hat der Windkraftanlagen-Hersteller leider nicht überzeugt. Der Erstausgabepreis der Aktie lag damals bei 15,75 Euro. Zuletzt notierte die Wind-Aktie im Oktober 2016 über diesem Kurs.

Fazit: Fortschritte von Senvion abwarten


Bisher hat Senvion die meisten Installationen in China, den USA und Deutschland  ausgeführt. Bis Ende 2019 will der Hersteller stark in neuen Wind-Märkten wie Australien, Indien oder Ost-Europa präsent sein. Aber bis sich Senvion dort etabliert hat, wird es dauern. Zumal in Indien derzeit die Windkraftförderung umgestellt wird und daher die Nachfrage für neue Windräder eingebrochen ist. Und die Konkurrenz schläft nicht.

Potential hat das Unternehmen auch im Servicebereich: Bisher macht dieses Geschäft aber nur einen geringen Anteil am Umsatz aus. Konkurrenten wie Nordex, Siemens Gamesa und vor allem Vestas sind hier schon viel weiter.

Wir bleiben bei unserer Einschätzung von Mitte März 2017:  Anleger sollten nicht in die Senvion-Aktie investieren sondern abwarten, welche Fortschritte Senvion bei der Erschließung neuer Absatzmärkte und bei der Umstrukturierung macht. Zwar ist es der Unternehmensführung bereits gelungen, die Kosten im ersten Halbjahr zu senken. Allerdings laufen derzeit noch Verhandlungen über Abfindungen mit Betriebsräten der aufgegebenen Standorte. Und Senvion wird nach eigenen Angaben auch in den neuen Märkten weiteres Personal einstellen müssen.

Zudem sind die Aussichten für das wichtige Offshore-Geschäft von Senvion langfristig eher düster.  Branchenverbände warnen, dass die geringen Ausbauziele der Bundesregierung nach 2020 den Ausbau der Offshore-Windkraft ausbremsen werden.

Nur in Großbritannien wurde bislang noch stärker in die Windkraft auf See investiert als in Deutschland. Doch aufgrund des Brexit, also dem beschlossenen Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU, dürfte sich das ändern. Banken und Investoren dürften zunehmend davor zurückscheuen, Kapital für britische Großprojekte wie Offshore-Windparks zur Verfügung zu stellen.

Senvion S.A.: ISIN LU1377527517 / WKN A2AFKW
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