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Shell im größten Nachhaltigkeitsindex? "Das verstehen Fundamentalisten nicht!" – Interview zum neuen Dow Jones Sustainability Index

Der nachhaltige Aktienindex Dow Jones Sustainability World (DJSI World) will die nachhaltigsten großen Unternehmen abbilden. ECOreporter.de hat mit dem Leiter "Sustainability Application & Operations", Manjit Jus von der Zürcher Investmentfirma RobecoSAM, über die Besonderheiten  der diesjährigen DJSI-Zusammensetzung gesprochen.


ECOreporter.de:Herr Jus, bei den Neuzugängen fällt auf, dass Royal Dutch Shell PLC jetzt im DJSI World vertreten ist. Wieso kommt ein Öl-Konzern in den nachhaltigen Index?

Manjit Jus: 
Ich muss dazu sagen, dass Shell 2010 aus dem Index ausgeschlossen wurde, wegen der Missstände rund um die Ölkatastrophe in Nigeria. Lange hat das Unternehmen versäumt, diesbezüglich etwas zu unternehmen. Das hat sich nun verändert, Shell hat sich in Sachen Nachhaltigkeit wieder deutlich verbessert, das Thema ist im Konzern nach unserer Einschätzung wieder von Bedeutung.

Trotzdem stellen sich manche Anleger die Frage, wieso solche Big Player im DJSI auftauchen…

Jus:  Tiefgrüne Ansätze sind nicht möglich, wenn wir als Investmentfirma große Kapitaleigner ansprechen wollen. Viele Pensionskassen beispielsweise dürfen kontroverse Sektoren nicht ausschließen und „müssen“ in  Large Caps wie Tabakfirmen, Rüstungsfirmen oder Ölkonzerne investieren, weil sich sonst das Rendite-Risikoprofil eines globalen Aktienportfolios verändert. Für diese Art von Kapitaleignern offerieren wir den Best-in-Class-Ansatz. Immerhin wird dann in die besten Firmen innerhalb eines kontroversen Sektors investiert. Das verstehen Fundamentalisten nicht. Aber wir haben einen anderen Approach und unser Ziel ist dasselbe, nämlich nachhaltige Investitionen zu fördern.

Glauben Sie, dass die Unternehmen sich um mehr Nachhaltigkeit bemühen, um im Index vertreten zu sein?


Jus:  Davon sind wir überzeugt. Es gibt einen gesunden Wettbewerb unter den Firmen einer Benchmark, sie haben verstanden, dass Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor ist, und sie motivieren sich gegenseitig. Eine Rolle bei diesem Wandel spielt aber auch die Akquise neuer Mitarbeiter – bei der Jobsuche ist ja auch das Image der Firma entscheidend.

Unter den größten Abgängen im DJSI World sind Intel, Samsung und British American Tobacco. Was sind die Gründe?


Jus:
  Entscheidend für den Index ist allein die Performance der Firma in Bezug auf unternehmerische Nachhaltigkeit. Unser Score wird objektiv berechnet. Die Unternehmen müssen sich nicht unbedingt verschlechtert haben, die Konkurrenz war aber besser, zum Beispiel was die Transparenz und das Reporting angeht. Für die Unternehmen an der Spitze wird es einfach immer enger.

Schlecht abgeschnitten haben die größten Unternehmen zum Beispiel im Bereich "Humankapital". Woran liegt das?

Jus:   Der Grund ist, dass sie noch immer zu wenig messen. Etwa, ob eine interne Weiterbildung auch wirklich Erfolge gezeigt hat. Viele Unternehmen geben viel Geld für Trainings ihrer Mitarbeiter aus, schauen aber danach nicht, ob sich die Verkaufszahlen nach einer Schulung von Verkäufern verbessert haben. Da herrscht noch deutlicher Nachholbedarf.

Ein neu eingeführtes Kriterium für den Index lautet Materialität. Was ist dabei besonders wichtig?

Jus:  Hier spielt zum Beispiel eine Rolle, ob die Firmen sogenannte "material issues" auch identifizieren können, und ob sie in die Zukunft denken: Gibt es zum Beispiel ein langfristiges CO2-Reduktionsziel?

Wie bedeutsam ist das gesellschaftliche Engagement der Firmen?

Jus:  Eine Platzierung im Index zeigt auch, wie gut Firmen ihre Ressourcen ausschöpfen können und wie sehr sie sich sozial engagieren, und zwar in Bereichen, die auch wirklich etwas mit ihrer Branche zu tun haben. Das kann zum Beispiel eine Stiftung sein, die Bildung fördert. Wichtig ist, dass es den Unternehmen nicht nur um das Branding geht, sondern dass sie wirklich etwas Sinnvolles mit ihrem Geld anfangen.

Unseren aktuellen Bericht über die wichtigsten Inhalte des DJSI World finden Sie  hier.
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