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Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie, Meldungen
Solaraktien auf breiter Front im Aufwind – Comeback oder nur ein Strohfeuer?
Ein Anlass für das verstärkte Interesse der Börsianer an Solaraktien sind Meldungen darüber, dass der Zubau der Photovoltaikkapazitäten auch 2011 wieder ein neues Rekordniveau erreicht hat. Damit rückt wieder in den Fokus, dass der Sektor als ganzes die spektakuläre Erfolgsgeschichte der letzten Jahre fortschreibt, der aktuellen Misere der Solarhersteller zum Trotz.
In Deutschland, dem weltweit größten Absatzmarkt für Solarprodukte, hatte ein Installationsboom im Dezember die Nachfrage enorm beflügelt. Nach Schätzungen der Bundesnetzagentur wurden im letzten Monat des vergangenen Jahres Solaranlagen mit einer Gesamtkapazität von drei Gigawatt (GW) angeschlossen. Dadurch wurde im Gesamtjahr ein neuer Installationsrekord von 7,5 GW erreicht (wir berichteten). Die zum Jahreswechsel durchgeführte Kürzung der deutschen Solarstromtarife um 15 Prozent hatte diesen Installationsboom ausgelöst. Und weil der Zubau dadurch so stark ausgefallen ist, wird die Solarstromvergütung zur Jahresmitte 2012 ein weiteres Mal stark sinken. Das wiederum dürfte dazu führen, dass auch im ersten Halbjahr die Nachfrage für Solarprodukte hoch sein wird. Denn viele Investoren werden sich bemühen, geplante Projekte vor der nächsten Tarifkürzung ans Netz zu bringen.
Eine starke Nachfrage im weltweit größten Photovoltaikmarkt dürfte nach Einschätzung der Börsianer offenbar die Geschäfte vieler Solarunternehmen beflügeln. Davon geht auch Henning Wicht vom US-Marktforschungsinstituts iSuppli aus. Er hält es für möglich, dass in den ersten sechs Monaten deutsche Photovoltaikanlagen mit bis zu vier GW ans Netz kommen.
Im ersten Halbjahr 2011 war die Nachfrage schwach gewesen, vor allem in Deutschland. Daher bauten sich damals hohe Überkapazitäten bei den Solarherstellern auf. Das verstärkte den Preisverfall, hohe Abschreibungen auf Lagerbestände und einbrechende Margen waren die Folge. Das schickte die Aktien von Solarunternehmen auf Talfahrt. Dass die Nachfrage in den ersten Monaten dieses Jahres höher ausfallen könnte als im Vorjahr, stimmt die Börsianer nun optimistisch, wie es scheint. Zumal auch das Jahr 2011 wohl besser gelaufen ist als bislang angenommen. iSuppli geht davon aus, dass der weltweite Zubau der installierten Solarstromleistung deutlich höher ausgefallen ist als im starken Jahr 2010. Nach vorläufigen Berechnungen könne sie 26 GW übertroffen haben. Damit wäre das Jahr 2010 mit seinen 17,5 GW um etwa 50 Prozent übertroffen worden und die Nachfrage für Photovoltaikprodukte klar größer gewesen als erwartet. Mit IMS Research geht ein weiteres auf den Solarmarkt spezialisiertes Marktforschungsinstitut davon aus, dass 2011 eine neu installierte Solarstromkapazität von mindestens 26 GW erreicht wurde. Bloomberg New Energy Finance geht sogar von 20 GW aus.
Vishal Shah, Analyst von Deutsche Bank Securities, verweist darauf, dass nicht nur in Deutschland die Nachfrage nach Solarprodukten zuletzt hoch war. Dies gelte ebenso für Italien und für die USA. In diesen beiden Photovoltaikmärkten, die nach der Bundesrepublik zu den größten der Welt zählen und schon 2010 und 2011 ein starkes Wachstum zeigten, werde die Nachfrage zumindest im ersten Halbjahr 2012 ebenfalls weiter hoch sein. Auch hier sorge die Aussicht auf eine Verschlechterung der Solarförderung für eine hohe Nachfrage nach Photovoltaikkomponenten.
Auch neue Solarmärkte beflügeln die Nachfrage für Photovoltaikprodukte. Dies gilt in Europa etwa für Großbritannien, wo es erst seit kurzem einen festen Einspeisetarif für Solarstrom gibt. Der hat dazu geführt, dass laut der zuständigen Energiebehörde des Königreiches in 2011 eine Kapazität von knapp 0,8 GW neu ans Netz gebracht wurde. Damit hat sich die britische Solarstromleistung innerhalb eines Jahres mehr als verzehnfacht. Noch größeres Wachstumspotential haben die aufstrebenden Solarmärkten von Indien und vor allem von China. Bei diesen Milliardenvölkern führt das enorme Wirtschaftswachstum zu einem nicht minder großen Bedarf an Energie. Weil Photovoltaik eine dezentrale Energieversorgung ermöglicht, ist sie in diesen Ländern aufgrund von deren schlechter Infrastruktur sehr attraktiv und wird nunmehr von den Regierungen auch stark gefördert. So will etwa China seine installierte Solarstromleistung in 2012 auf drei GW verdoppeln.
Aaron Chew arbeitet als Analyst für Maxim Group LLC aus New York. Er geht davon aus, dass auch im Gesamtjahr 2012 die weltweite Nachfrage für Solarprodukte hoch sein wird. „Ich rechne mit einem Zubau von 30 GW in diesem und von 40 GW im kommenden Jahr“, so Chew. Dabei wird der Beitrag von China nach seiner Einschätzung größer sein als die Regierung offiziell anstrebt. Er trat der Volksrepublik einen Zubau von fünf bis sieben GW allein in diesem Jahr zu.
Bildhinweis: Solarmodul von Suntech aus Wuxi in China. / Quelle: Unternehmen
Zu den Meldungen über ein ungeahnt starkes Marktwachstum kommen Nachrichten darüber, dass sich der Preis für Solarsilizium im Spothandel stabilisiert hat. Silizium ist der wichtigste Rohstoff für die Produktion von Solarmodulen. Der Preis dafür war im Dezember auf bis zu 24 Dollar je Kilo gefallen und zuletzt im Spothandel auf bis zu 30 Dollar angestiegen. Damit hat ein tiefer und lang anhaltender Preisverfall vorerst sein Ende gefunden. Und der Schluss liegt nahe, dass sich auch die Preise für andere Solarprodukte stabilisieren könnten und damit auch die Margen der Solarhersteller. Laut Shah haben diese in den letzten Monaten ihre Lagerbestände stark abbauen können, so dass sie nicht mehr so stark gezwungen sind, die Nachfrage durch Preisnachlässe zu stimulieren.
Allerdings rechnet Sha damit, dass zumindest die Preise für Silizium demnächst wieder sinken werden. Zuletzt hätten viele Hersteller die Produktion von Solarsilizium gestoppt, da der Verkaufspreis so tief gesunken sei, dass sich deren Herstellung nicht mehr rechnete. Davon seien vor allem kleinere Hersteller betroffen gewesen, die nicht über Skaleneffekte ihre Produktionskosten niedrig halten können. Durch das verminderte Angebot habe sich der Preis für Solarsilizium stabilisiert. Doch es sei absehbar, dass das Angebot wieder ansteige (per Mausklick gelangen Sie zu unserem Beitrag darüber, wie der Experte von Deutsche Bank Securities die Entwicklung im Siliziummarkt einschätzt).
Andere Experten weisen darauf hin, dass es trotz des überraschend starken Zubaus weiter enorme Überkapazitäten im Markt für Solarprodukte gibt. Laut Berechnungen von IMS research sind die Fertigungskapazitäten der Solarhersteller weltweit auf 50 GW angestiegen, also fast doppelt so hoch wie die 2011 verbaute Photovoltaikkapazität. Keith Li von CIMB Research aus Hong Kong geht zumindest von 40 GW aus. In jedem Fall müsste die Nachfrage im Solarmarkt schon explosionsartig ansteigen, um das Problem der Überkapazitäten zu mindern, meint der Analyst. Er geht davon aus, dass der Preisdruck auf die Hersteller anhält und zu weiteren Kursverlusten ihrer Aktien führen wird.
Gestern hatten viele Solaraktien zweistellig an Wert gewonnen. Chinesische Solaraktien wie Hanwha SolarOne, JinkoSolar, JA Solar, Trina Solar, Suntech und Yingli Green Energy gewann 20 bis 40 Prozent an Wert. Auch heute hat bis zum Mittag mit China Sunergy ein Solarunternehmen aus China mit über 26 Prozent den stärksten Wertzuwachs erzielt. Hersteller aus der Volksrepublik treiben derzeit mit Billigangeboten die westliche Konkurrenz vor sich her. Mit Hilfe großzügiger Kredite der staatlichen Banken haben sie große Produktionskapazitäten aufgebaut, so dass sie über Skaleneffekte billiger produzieren und größere Marktanteile erobern können. Auch dürften fast ausschließlich einheimische Hersteller vom Aufleben des chinesischen Solarmarktes profitieren, da es hohe Einstiegshürden für Konkurrenten aus dem Westen gibt.
Aber auch westliche Hersteller verbuchten gestern starke Wertzuwächse. US-Unternehmen wie SunPower, First Solar oder MEMC lagen zum Börsenschluss jeweils klar zweistellig im Plus. Sie werden heute von deutschen Solaraktien übertroffen. Bis zum Mittag legte zum Beispiel die Aktie von SolarWorld im Xetra fast zehn Prozent zu. Andere deutsche Solarhersteller genießen nach der Pleite von Solon wohl kein Vertrauen bei den Börsianern. Der Aktienkurs der Solar-Fabrik AG kletterte immerhin noch um drei Prozent. Dagegen zählt der Anteilsschein von Q-Cells sogar zu den wenigen Solaraktien, die heute an Wert verloren. Am Mittag notierte er 1,1 Prozent im Minus. Der Aktienkurs der ebenfalls kriselnden Waferproduzentin PV Crystalox brach trotz des starken Umfeldes sogar um über 50 Prozent ein.
Deutlich mehr Zuspruch gab es für die Wertpapier von Solarzulieferern und -ausrüstern aus dem deutschsprachigen Raum. Ihre Position im weltweiten Solarmarkt ist ja auch deutlich stärker als die der Solarhersteller. Die Aktie von Meyer Burger aus der Schweiz, die Sägen für die Waferproduktion liefert und die Mehrheit am ostdeutschen Solarzulieferer Roth & Rau besitzt, zählt mit einem Wertzuwachs von zwölf Prozent sogar zu den Tagessiegern. Die Aktien des Solarausrüsters Manz und der Siliziumproduzentin Wacker Chemie legten fast sieben Prozent zu, der Anteilsschein von SMA Technology, Hersteller von Wechselrichtern für Solaranlagen fast sechs Prozent.