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Solarwatt AG erwägt Insolvenz in Eigenregie – was bedeutet das für ihre Anleihegläubiger?
Die Verhandlungen der Solarwatt AG mit Banken und Eigenkapitalgebern wie Aktionären oder Anleihegläubigern um ein neues tragfähiges Finanzierungskonzept sind nach ihren Angaben gescheitert. Das Unternehmen habe sich mir seinen Gläubigern nicht über Bedingungen zu notwendigen Kapitalmaßnahmen einigen können. Zwar sei die finanzielle Lage der Solarwatt AG aktuell noch sichergestellt. Ohne ein neues Finanzierungskonzept drohe jedoch die Überschuldung, erklärt die Unternehmensspitze. Deshalb erwäge die Solarwatt AG, beim zuständigen Amtsgericht Gläubigerschutz und eine Insolvenz in Eigenregie zu beantragen.
Diese würde Solarwatt allerdings unter veränderter Führung durchführen. Firmengründer und Vorstandschef Frank Schäfer kündigte an, sich zum Jahresende aus dem Unternehmen zurückzuziehen. Seinen Posten als Vorstandsvorsitzender gab er mit sofortiger Wirkung an den bisherigen Leiter des von Marketing und Vertrieb, Detlef Neuhaus, ab. Der zum 30. Juni 2012 planmäßig ausscheidende Finanzvorstand Jürgen Bruns werde durch Carsten Bovenschen ersetzt. Letzterer war bis 2010 Finanzchef bei der Roth & Rau AG. Warum er dort seinen Posten verlor, erfahren Sie in einem ECOreporter.de-Beitrag vom Dezember 2010, zu dem Sie per Mausklick gelangen.
Anders als bei einer regulären Insolvenz würde die Unternehmensführung der Solarwatt im Falle eines sogenannten Schutzschirmverfahrens in Eigenregie handlungsfähig bleiben, weil nicht alle Entscheidungskompetenzen an einen externen Insolvenzverwalter abgegeben werden müssen, der Investoren sucht oder die Firma abwickelt. Bei dem Schutzschirmverfahren bekäme die Führung der Solarwatt AG stattdessen einen Sachwalter zur Seite gestellt, der den Vorstand bei der Restrukturierung des Unternehmens begleitet und überwacht. Dessen erster Arbeitsschritt wäre die Überprüfung eines Sanierungskonzepts, das die Verantwortlichen von Solarwatt selbst ausarbeiten würden. Solarwatt selbst favorisiert diese Lösung im Falle der Zahlungsunfähigkeit nach eigenen Angaben auch deshalb, weil sie im Vergleich zum üblichen Insolvenzverfahren schneller sei.
Von einer Insolvenz wären auch zahlreiche Kleinanleger betroffen. Denn 2011 platzierte die Solarwatt AG eine mit sieben Prozent verzinste Anleihe (ISIN DE000A1EWPU8) im Gesamtwert von 25 Millionen Euro. Die Anleihe wird im Mittelstandsegment Bondm der Börse Stuttgart gehandelt und wäre 2015 fällig. Dazu, wie viele Kleinanleger die Anleihe halten, machte das Unternehmen auf Nachfrage von ECOreporter.de keine Angaben. Das Problem: Anleihebesitzer sind bei einer Firmenpleite gegenüber Fremdkapitalgebern wie Banken nachrangige Gläubiger. Das heißt, ihre Ansprüche stehen hinter denen der großen Kapitalgeber zurück. Im Falle der Überschuldung stünden die Chancen damit eher schlecht, dass die Anleihegläubiger Geld zurückbekämen. In vergleichbaren Fällen erhielten Anleger meist nur einen Bruchteil ihrer Investments zurück.
Anlageschutzanwälte raten Anleihegläubigern dennoch, ihre Ansprüche geltend zu machen, indem sie diese in der sogenannten Insolvenztabelle anmelden, denn sonst würden sie im Insolvenzverfahren nicht berücksichtigt. Außerdem raten Fachjuristen Anleihegläubigern dazu, juristisch prüfen zu lassen, inwiefern die jeweiligen Anlageberater und Vermittler durch falsche Beratung haftbar zu machen sind und inwiefern der Wertpapierprospekt möglicherweise unzureichend über Risiken aufklärt (mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag, wo es um die Anleihe der insolventen Solar Millennium AG geht).
Allerdings hegt die Solarwatt AG die Hoffnung, die Pleite noch abwenden zu können: derzeit liefen noch weitere Gespräche, die die Überschuldung verhindern könnten, hieß es. Solange nichts entschieden sei, werde Solarwatt auch dazu keine weiteren Details bekannt geben, erklärte ein Unternehmenssprecher.Es sei nach wie vor möglich, dass ein tragfähiges Finanzkonzept zu Stande komme und die Solarwatt AG sich zum Photovoltaiksysteme-Anbieter neu ausrichten könne. Abhängig davon, wie diese Verhandlungen ausgehen, werde die Insolvenz nach Paragraph 270b InsO beim zuständigen Gericht eingereicht. Wann das sein könnte ließ der Unternehmenssprecher offen. Allerdings habe ein potenzieller Investor seine Bereitschaft signalisiert, Solarwatt im Falle der Insolvenz in Eigenregie bei seinen Restrukturierungsbemühungen zu unterstützen.
Mitte Mai war bekannt geworden, dass der BMW-Erbe Stefan Quand, die Komplettübernahme der Solarwatt AG anstrebt. Der Bruder der Nordex-Großaktionärin Susanne Klatten hatte einer Bekanntgabe des Bundeskartellamtes zufolge dort einen entsprechenden Antrag gestellt (ECOreporter.de berichtete). Quandt ist seit längerem Großaktionär der Solarwatt AG. Zum 30. Juni 2011 hielt er knapp 36 Prozent aller Aktien des Unternehmens.
Stand 2011 beschäftigt die Solarwatt AG 490 Mitarbeiter. Das Unternehmen ist in drei Segmenten der Photovoltaik-Industrie tätig: Als Modulproduzent, Solarprojektierer und Anbieter von Energieeffizienzlösungen. Für das erste Halbjahr 2011 verbuchte die Solarwatt AG imt 61,4 Millionen Euro Umsatz 51 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Nach 612.000 Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) zum 30. Juni 2010 schlug im Vergleichszeitraum des Folgejahres rund 5,9 Millionen Euro EBIT-Verlust zu Buche.