Aktientipps

Steht die Nordex-Aktie vor dem Abflug?



Die Hamburger Nordex SE produziert seit 25 Jahren Windkraftanlagen und zählt damit zu den Pionieren im Markt. Auf den ersten Blick war 2009 für den Windturbinenbauer kein gutes Jahr. Das zeigen die veröffentlichten vorläufigen Zahlen für 2009 (die offiziellen Zahlen veröffentlicht Nordex Mitte April). Demnach konnte das Unternehmen den Umsatz zwar leicht von 1,14 auf 1,18 Milliarden Euro verbessern. Der Konzerngewinn brach jedoch um über 50 Prozent ein, von 49,5 Millionen auf 24,2 Millionen Euro.

Dabei war für die weltweite Windkraftbranche auch 2009 wieder ein Rekordjahr. Laut dem Jahresbericht des Weltwindkraftverbandes WWEA wurden 38.000 Megawatt (MW) Leistung neu installiert. Das entspricht in etwa der Kapazität von 38 Atomkraftwerken. Damit wuchs die Windkraft weltweit im Vergleich zum Vorjahr um erstaunliche 32 Prozent – in einer Zeit, in der alle über Investitionshemmnisse durch die Finanzkrise redeten. Die Investitionen in neue Windturbinen stiegen gleichzeitig um 42,1 Prozent – nicht minder bemerkenswert, ebenfalls ein Rekordwert und zehn Mal so viel wie noch 2006. Experten wie Michael McNamara, Analyst von Jefferies International, sehen für den Sektor insgesamt „hervorragende Wachstumsaussichten“. Ihm zufolge dürfte die Windkraft in Zukunft immer größere Anteile an der Energieversorgung erobern.

In Europa übertrifft die Windkraft bei der neu angeschlossenen Kraftwerksleistung bereits seit 2008 die anderen Energieträger. Das hat der europäische Windkraftverband festgestellt, die European Wind Energy Association (EWEA). Ihr zufolge entfielen fast 40 Prozent der 2009 neu errichteten Energieerzeugung auf die Windkraft und insgesamt über 60 Prozent auf Erneuerbare Energie. Dagegen sei im Bereich Kohle und Kernkraft mehr Leistung vom Netz genommen als neu angeschlossen worden.

Die Aktie von Nordex spiegelte 2009 lange diese positive Marktentwicklung wider. Vom Frühjahr bis Frühherbst 2009 gewann sie in Frankfurt stark an Wert. Dann aber zeichnete sich das schwache Jahresergebnis ab, und bis zum März 2010 stürzte die Aktie des Windturbinenbauers von über zwölf auf neun Euro ab. Wie kam es zu dem Gewinneinbruch? Zum einen, weil die Finanzkrise die Finanzierung von Windparks erschwert hat. Die Hersteller von Windkraftanlagen mussten den Projektierern starke Preisnachlässe gewähren, um Überkapazitäten zu vermeiden. Das führte zu schwächeren Einnahmen als erwartet. Zudem verzögerten sich viele Projekte, weshalb Anbieter wie Nordex Auslieferungen und damit Erlöse in die Zukunft verschieben mussten. Weniger stark wirkte sich die Finanzkrise in China aus, dem 2009 am stärksten gewachsenen Windmarkt. Doch vom dortigen Boom profitierten westliche Anbieter eher wenig, da einheimische Unternehmen hier eine starke Marktstellung besitzen.

Bedeutsamer für das schwache Ergebnis von Nordex sind die hohen Aufwendungen des Konzerns für den Ausbau und die Modernisierung der Produktion. Sie dürften sich jedoch schon ab 2010 auszahlen. Etwa in den USA, wo der Windturbinenbauer stark in seine Kapazitäten investiert hat und sich einen Nachfrageschub erhofft. Die Tochtergesellschaft Nordex USA, Inc. konnte 2009 bereits ein Fünftel des Konzernumsatzes erwirtschaften, nach lediglich einem Prozent in 2008. Der Anteil dürfte weiter steigen: In wenigen Jahren ist der US-Windmarkt zum größten weltweit aufgestiegen und vieles spricht für einen weiteren Wachstumsschub. Die Bundesregierung fördert die Windenergie in den USA so stark wie nie zuvor. Und immer mehr Bundesstaaten verpflichten die Energieversorger, hohe Mindestmengen ihres Angebots mit Erneuerbarer Energie abzudecken. Windkraftprojekte gewinnen daher in den USA stark an Attraktivität. Da die Finanzkrise allmählich abebbt, wird dort die Finanzierung auch wieder leichter.

Marco Zeidler ist Analyst bei Oppenheim Research. Er hält das Investment in die Aktien von Windturbinenherstellern angesichts der guten Wachstumsaussichten für attraktiv – allerdings nur die Papiere von ausgesuchten Unternehmen. Dazu zählt er vor allem die Nordex SE. Die Nummer 7 unter den Windkraftherstellern der Welt habe großes Potential, Kosten zu senken, so Zeidler. Das Unternehmen könne viel flexibler auf Schwankungen in der Nachfrage reagieren, da Nordex nicht wie die Konkurrenz eine breite Produktion auslasten müsse und von sinkenden Beschaffungspreisen profitiere. Die Aufwendungen für Rohstoffe machen allein 20 Prozent der Kosten einer Windturbine aus. Schon 2009 war es Nordex gelungen, die Gewinnmarge stetig zu verbessern. Der Experte von Oppenheim Research erwartet hier weitere Steigerungen. Der Nettogewinn von Nordex dürfte sich nach seiner Prognose 2010 mehr als verdoppeln und 2011 mit über 72 Millionen Euro weit über den Werten der letzten Jahre liegen, bei jeweils deutlichen Umsatzsteigerungen.

Langfristig ausgerichtete Investoren können zudem auf das Geschäft mit Offshore-Windrädern hoffen. Für Windparks auf See will Nordex Anlagen mit 5 Megawatt Leistung anbieten. Noch steckt der Markt angesichts der extrem hohen Kosten für solche Projekte in den Kinderschuhen. Die Finanzkrise hat den Ausbau zusätzlich erschwert. Vieles spricht dafür, dass dieses Geschäft erst in der zweiten Hälfte des neuen Jahrzehnts anziehen wird.

Fazit

Nordex kann auf eine steigende Nachfrage und deutlich bessere Gewinne hoffen. Allerdings ist die Aktie nur langfristig ausgerichteten Investoren zu empfehlen. Denn vor allem für die erste Jahreshälfte 2010 sind weiterhin Projektverschiebungen möglich. Wer jetzt in die Aktie einsteigt, kann von der bisherigen Zurückhaltung der Börsianer profitieren. Zudem gilt Nordex aufgrund des niedrigen Kurses als Kandidat für die Übernahme durch einen Konzern, der sich in das wachstumsträchtige Windgeschäft einkaufen will. Aber auch ohne Übernahmephantasie erscheint ein Kursanstieg auf mindestens 12 Euro bis Sommer 2011 wahrscheinlich.

Nordex AG
ISIN: DE000A0D6554
Umsatz 2009: 1,183 Milliarden Euro (vorl. Zahlen)
Gewinn 2009: 40 Millionen Euro (vorl. Zahlen)
Marktkapitalisierung: 588 Millionen Euro
Aktienkurs (Frankfurt, 16.3.2010): 9,00 Euro


Bildhinweis: Produktionshalle von Nordex. / Quelle: Unternehmen
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