Erneuerbare Energie

Streitapfel EEG-Umlage - Experten kritisieren Ausnahmeregeln für große Stromfresser



Besonders energieintensive Industrieunternehmen sind weitgehend von der EEG-Umlage befreit. Die Bundesminister Philip Rösler (Wirtschaft, FDP) und Peter Altmaier (Umwelt, CDU) haben diesen Beschluss zum Ende des jüngsten Energiegipfels im Kanzleramt nochmals gegen die Kritik der Opposition sowie von Grünstrom-Branchenverbänden verteidigt. Energie-Experten halten dem entgegen, dass diese Entlastung der großen Stromfresser vor allem mittelständische Unternehmen und Privathaushalte zusätzlich belaste.

Die Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien ist bis heute noch teilweise teurer als die Herstellung konventioneller Energie. Deshalb legen die vier großen Stromnetzbetreiber diese zusätzlichen Kosten in Form der EEG-Umlage auf die Allgemeinheit der Stromverbraucher um. Aktuell zahlen die Verbraucher 3,59 Euro je Kilowattstunde dafür, dass momentan 25 Prozent des bundesweiten Strombedarfs aus regenerativen Quellen gedeckt wird (Stand Ende Juni 2012).

Allerdings hat die Bundesregierung besonders energieintensive Unternehmen zu großen Teilen von der EEG-Umlage befreit, um deren internationale Konkurrenzfähigkeit zu schützen, wie Bundeswirtschaftsminister Rösler jüngst nochmals betonte. Laut einer Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die der „Tageszeitung“ (taz) vorliegt, hat die Bundesregierung 778 Unternehmen für 2012 Rabatte auf die EEG Umlage von Teils bis zu 100 Prozent gewährt, darunter Tierfutterhersteller wie die Deutsche Tiernahrung Cremer, die Brauerei Bittburger, aber auch Erneuerbare-Energie-Unternehmen wie der Bonner Solarkonzern SolarWorld AG oder der Biodieselhersteller Verbio AG aus Leipzig und der Energieholzhersteller German Pellets aus Wismar. Ein Großteil der begünstigten Unternehmen stammt aus der Chemie- Stahl oder Aluminium-Industrie. 20 Prozent der Nachlässe entfallen auf Schienenbahnen, das Ernährungsgewerbe, Energieversorger und „Sonstige“.

Bildnachweis: Schlot aus der Schwerindustrie. / Quelle: Fotolia



Nach Angaben der Agentur für Erneuerbare Energien wäre für die Einpreisung der Erneuerbaren Energien lediglich 2,83 Cent je Kilowattstunde (kWh) als Umlage notwendig. Dabei verweist die die Energieagentur auf Berechnungen des Instituts für ZukunftsEnergusysteme (IZES). „Die EEG-Umlage hat mittlerweile weit mehr Aufgaben zu erfüllen als nur die reine Förderung der Erneuerbaren Energien. Mindestens 0,6 Cent je KWh sind quasi Industrie-Förderung“, sagt Philipp Vorher, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien mit Blick auf die Privilegien und Entlastungen, die die derzeitige Regelung vor allem industriellen Großverbrauchern einräumt. Dies sei eine Schieflage die kleine und mittelständische Unternehmen sowie Privathaushalte zusätzlich belaste und die selbst von der Bundesnetzagentur seit Mai 2012 mit Sorge betrachtet werde.

Dank der Ausnahmeregelungen beanspruchen die privilegierten Unternehmen eines Evaluationsberichts der Bundesnetzagentur zufolge 18 Prozent des gesamten Strombedarfs, kommen aber nur zu 0,3 Prozent für die EEG-Umlage auf. „Allein 2012 wird sich die Entlastung der privilegierten Unternehmen auf rund 2,5 Milliarden Euro belaufen. Für diesen Betrag kommen statt der Industrie Privathaushalte und der Mittelstand auf“, betont Vorher. Für einen Durchschnittshaushalt würde der Wegfall aller Ausnahmen eine jährliche Ersparnis von 20 Euro bedeuten.

Seit Anfang 2012 wurde die Verbrauchsgrenze zur EEG-Umlage-Befreiung von zehn Gigawattstunden (GWh) jährlichem Verbrauch auf eine GWh gesenkt. Vorher weist darauf hin, dass die Bundesnetzagentur selbst fürchtet, diese Maßnahme könnte die EEG-Umlage für die Kleinverbraucher weiter in die Höhe treiben. Steigen wird die EEG-Umlage zudem um bis zu 0,25 Euro pro KWh. Das Bundeskabinett hat einen gemeinsamen Entwurf von Rösler und Altmaier zur Beschleunigung des Ausbau der Offshore-Windkraft beschlossen. Somit haftet die Allgemeinheit der Stromverbraucher über die EEG-Umlage zum Teil für Schadenersatzansprüche bei Verzögerungen im Baufortschritt von Hochsee-Windparks.  Dieser Haftungsanspruch darf der Neuregelung zufolge maximal 0,25 Cent je kWh betragen und soll die Stromrechnung eines Durchschnittshaushalt maximal um neun Euro pro Jahr zusätzlich steigern. Wenn der Bundestag dem Entwurf ebenfalls zustimmt, würde die Novelle am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Bislang läuft dieser Teil der Energiewende besonders schleppend zahlreiche dieser Großprojekte sind weit hinter ihren Zeitplänen (mehr dazu lesen SieOpens external link in new windowhier).

Eine weitere Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag des Bundesverbands Windenergie und der Greenpeace-Genossenschaft Genossenschaft Greenpeace Energy zeigt zudem auf, dass konventionelle Energieträger wie Atomenergie, Stein- und Braunkohle seit Jahrzehnten in erheblichem Umfang von staatlichen Förderungen in Form von Finanzhilfen, Steuervergünstigungen und weiteren begünstigenden Rahmenbedingungen profitieren.
Bildnachweis: Kohlekraftwerk von E.on/ Quelle: Unternehmen


Der Untersuchung zufolge verursacht die konventionelle Energie in 2012 rund 40 Milliarden Euro zusätzlicher Kosten, während die EEG-Umlage die Stromverbraucher in 2012 wahrscheinlich insgesamt 13 Millionen Euro kosten wird. Die Studienautoren berechneten die Fördersummen die den einzelnen konventionellen Energieträgern zwieschen 1970 und 2012 zugeflossen sind. Steinkohle kommt in diesem Zeitraum auf 177 Milliarden Euro, Braunkohle wurde mit 65 Milliarden Euro gefördert und die Atomstromproduktion erhielt in dieser Zeit sogar 187 Milliarden Euro an Förderungen. Erneuerbare Energien sind seit dem Start der verschiedenen Förderinstrumente hingegen nur auf 54 Milliarden Euro gekommen.

„Würde man die Belastungen des Staatshaushalts und die externen Kosten durch die konventionellen Energieträger nach EEG-Methode auf den Verbrauch der nicht privilegierten Stromabnehmer umlegen, läge diese Konventionelle-Energien-Umlage im Jahr 2012 bei umgerechnet 10,2 Cent pro KWh“, heißt es in der Studie mit dem Titel „Was Strom wirklich kostet“. Deshalb seien nicht die Erneuerbaren Treiber der Energiekosten sondern ein Weg höhere Folgekosten durch Umwelt und Klimaschäden für die Gesellschaft zu reduzieren.
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