Erneuerbare Energie

Türkei: Solarmarkt mit großem Potential?

Die Türkei ist einer der vielversprechendsten neuen Photovoltaikmärkte. Zu diesem Fazit gelangte ein von der Solarpraxis AG am 6. Juni 2013 in Berlin durchgeführter Investitionsworkshop. Die Regierung in Ankara hat ehrgeizige Ausbaupläne. Demnach sollen bis 2023 Photovoltaik-Anlagen und solarthermische Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 3.000 Megawatt (MW) oder drei Gigawatt (GW) in der Türkei installiert sein. In der Türkei gibt es einen festen Einspeisetarif für Solarstrom. Zudem gilt seit April 2013 ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für Anlagen bis maximal 1.000 Kilowatt Höchstleistung. Diese können lizenzfrei betrieben werden. Davor galt dies nur für Anlagen bis maximal 500 Kilowatt Höchstleistung.

„Treiber des türkischen Photovoltaikmarktes sind vor allem der stark wachsende Energiebedarf des wirtschaftlich boomenden Landes sowie die hohen Strompreise“, stellte Matthias Kittler vom Beratungsunternehmen Apricum auf der Veranstaltung der Solarpraxis AG fest. Derzeit kostet die Kilowattstunde Strom für den gewerblichen Bereich rund 14 US-Cent (26 Türkische Lira) und für private Haushalte rund 16 US-Cent (32 Türkische Lira). Die Strompreise stiegen seit 2006 um jährlich durchschnittlich elf Prozent. Um den wachsenden Strombedarf zu decken, würden bis zum Jahr 2021 neue Kraftwerke mit einer Kapazität von 29 Gigawatt benötigt und es müssten veraltete Kraftwerke mit einer Stromerzeugungskapazität in Höhe von 20 Gigawatt ersetzt werden, sagte Kittler. Gepaart mit dem politischen Wunsch nach einer stärkeren Unabhängigkeit von russischen und iranischen Gasimporten sowie stark gesunkenen Preisen von Photovoltaikanlagen biete dies enorme Chancen für Solarstrom.

Kittler rechnet bis zum Jahr 2020 mit einer jährlichen Verdopplung des Zubaus von PV-Anlagen und einem Anstieg der installierten Leistung auf 500 bis 800 Megawatt schon im Jahr 2015 und auf über drei GW bis zum Jahr 2020. Dabei sieht er durchschnittliche PV-Stromgestehungskosten von unter 15 US-Cent pro Kilowattstunde als erreichbar an. Als Hauptwachstumsbereiche nannte er gewerbliche Aufdachanlagen bis zu einem MW Nennleistung sowie Freiflächenlagen über einem MW.

Derzeit gilt in der Türkei ein Einspeisetarif in Höhe von 13,3 US-Cent/Kilowattstunde mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Für Solarstrom aus Anlagen mit einem hohen Anteil lokal produzierter Komponenten wird ein Zuschlag von bis zu 6,7 US-Cent bezahlt mit einer fünfjährigen Laufzeit. Anlagen mit einer Leistung von bis zu 500 Kilowatt können lizenzfrei betrieben werden. Laut Engin Yaman von China Sunergy Europe (CSUN) soll diese Lizensierungsgrenze innerhalb der kommenden Wochen auf ein Megawatt erhöht werden, ein entsprechender Gesetzentwurf stehe kurz vor der Verabschiedung.

Bisher seien die Erfahrungen mit der türkischen Bürokratie allerdings „sehr ernüchternd“ und die ausführenden Behörden würden oftmals verabschiedete Gesetze nur sehr schleppend umsetzen, erklärte Niels Kröner von der AEE Renewables Group auf dem Investitionsworkshop. Sogar bei den eigentlich lizenzfreien kleineren PV-Anlagen zögen sich die Genehmigungen oft bis zu neun Monaten hin. Weitere Hürden stellten die komplizierten Landrechte, das geringe kulturelle Verständnis für langfristig Verträge sowie vor allem die schwierige Finanzierung dar. Zum einen seien Photovoltaikprojekte für die Banken Neuland, zum anderen lägen die Erwartungen an die Projektrenditen oft im zweistelligen Bereich. Die besten Erfahrungen habe die AEE Renewables Group bisher mit Pilotprojekten ohne Beteiligung heimischer Banken gemacht.

Stefan Müller, Vorstand von Enerparc, sieht besonders großes Potential für die Realisierung gewerblicher Aufdachanlagen zum Eigenverbrauch, die von den türkischen Unternehmen selbst finanziert werden. auf der Veranstaltung der Solarpraxis bezeichnete er die logistische Anbindung beider Länder als sehr gut, weitere Vorteile seien die Visafreiheit für Deutsche in der Türkei sowie die Möglichkeit zollfreier Importe.
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