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ECOanlagecheck, Windenergie-Investments, Genussrechte/Anleihen
Unabhängige Analyse: Die Prokon-Anleihe „3,5 % Schuldverschreibungen 2016/2030“ der Prokon Regenerative Energien eG
Eine 500-Millionen-Euro-Anleihe hat das Windenergieunternehmen Prokon aus Itzehoe auf den Markt gebracht. Die früheren Genussrechteinhaber von Prokon können die besicherte Anleihe ohne Zuzahlung beziehen. Alle anderen Privatanleger können ab 10 Euro ein Kaufangebot für die Anleihe abgeben. Der Zinssatz beträgt 3,5 Prozent pro Jahr. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot.
Die Laufzeit der Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung) beträgt rund 15 Jahre. Die Verzinsung erfolgt vom 1. August 2015 bis zum 25. Juni 2030. Der Zinssatz beträgt bezogen auf den jeweiligen Nennbetrag 3,5 Prozent pro Jahr. Der anfängliche Nennbetrag einer einzelnen Schuldverschreibung beträgt 10 Euro. Er reduziert sich ab Juni 2017 laut der Anleihebedingungen um rund 0,72 Euro pro Jahr, da der Tilgungsplan vorsieht, dass die Emittentin jährlich rund 0,72 Euro von 10 Euro an die Anleihegläubiger (Anleger) zurückzahlt.
Die Emittentin kann die Anleihe – nur insgesamt, nicht teilweise – zum Juni eines jeden Jahres – erstmals 2018 – kündigen und an die Anleger zurückzahlen. Hierbei hat sie abhängig vom Rückzahlungsjahr einen Aufschlag auf den Nennbetrag von bis zu 5 Prozent an die Anleger zu leisten. Die Anleger können die Anleihe nicht ordentlich kündigen, aber voraussichtlich an einer Börse handeln. Die Emittentin hat die Einbeziehung der Anleihe in den Freiverkehr an der Hamburger Wertpapierbörse beantragt. Die Erstnotiz an der Börse ist für Mitte Juli 2016 vorgesehen.
Frist für vorbörsliche Zeichnung: 21. Juni
Die vorbörsliche Erwerbsfrist für die Anleihe endet am 21. Juni 2016. Bis zu diesem Zeitpunkt können die früheren – von der Insolvenz betroffenen – Genussrechtrechteinhaber von Prokon ihr Erwerbsrecht nutzen und andere Anleger Kaufangebote abgeben. Die Kaufangebote können berücksichtigt werden, wenn nicht alle Genussrechte-Gläubiger ihr Erwerbsrecht ausüben. Die früheren Genussrechteinhaber müssen mit dem Erwerb der Anleihe keine Zahlungen an die Emittentin leisten, da mit dem Anleiheerwerbsrecht laut Insolvenzplan ein 34,5-Prozent-Anteil ihrer jeweiligen Genussrechtsforderung befriedigt wird. Falls frühere Genussrechteinhaber ihr Recht auf Erwerb der Schuldverschreibungen nicht ausüben, erhalten sie laut Prospekt den Erlös abzüglich etwaiger Verwertungskosten, den die Emittentin durch den Verkauf der nicht abgerufenen Schuldverschreibungen erzielt. Der Verkauf durch die Emittentin soll „bestmöglich und marktschonend“ innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Erwerbsfrist erfolgen. Dieser Verkaufserlös kann grundsätzlich auch deutlich unter dem Nennwert der Schuldverschreibungen liegen.
Anleger, die nicht Prokon-Gläubiger sind, können bis zum 21. Juni 2016 über die Börsenplätze Hamburg und Hannover Kaufaufträge für die Schuldverschreibungen erteilen. Der Ausgabepreis für die Schuldverschreibungen steht noch nicht fest. Er soll auf Basis von Angebot und Nachfrage in einer Privatplatzierung voraussichtlich am 8. Juli 2016 ermittelt werden. Anleger können mit ihrem Kaufangebot eine Preisobergrenze nennen, die mindestens dem Nennwert der Schuldverschreibungen entsprechen muss. Wenn der ermittelte Ausgabepreis nicht über der vom Anleger genannten Preisobergrenze liegt, kann der Anleger in der Regel seine beauftrage Anzahl an Schuldverschreibungen erhalten. Die Emittentin wird aber laut Prospekt neben der genannten Preisobergrenze auch die Ordergröße und ihr Interesse an der Beteiligung des jeweiligen Investors berücksichtigen.
Die von der Emittentin zu tragenden Kosten der Anleiheemission betragen laut Prospekt etwa 500.000 Euro. Bei dem Anleihevolumen von 500 Millionen Euro ergibt sich somit eine sehr niedrige Nebenkostenquote von 0,1 Prozent. Die Nebenkostenquote ist gering, weil die Emittentin keine Vertriebsmaßnahmen zur Kapitaleinwerbung ergreifen muss, da die Anleihe bereits mit der Emission platziert ist.
Unternehmensprofil Prokon
Anbieterin und Emittentin der Anleihe ist die Prokon Regenerative Energien eG aus Itzehoe. Die eingetragene Genossenschaft ist Mitte 2015 durch einen Formwechsel aus der Prokon Regenerative Energien GmbH hervorgegangen. Der Vorstand der Prokon eG besteht seit April 2016 aus Dr. Henning von Stechow, vorher Geschäftsführer der hauptsächlich in der Öl- und Gasbranche tätigen SET Select Energy GmbH aus Hamburg, und Heiko Wuttke, vorher in Hamburg Projektentwicklungschef des Windenergiebereichs des Energieversorgers Vattenfall. Die Prokon-Unternehmensgruppe beschäftigt laut Prospekt zum Jahresende 2015 inklusive der Auszubildenden insgesamt 309 Mitarbeiter. Davon arbeiten 102 im Geschäftsbereich Windenergie (Produktion von Windenergie und technische Betriebsführung der Windparks) und 65 im Bereich Projektentwicklung von Windparks.
Die Vorgängergesellschaft der Emittentin wurde 1995 gegründet und war zunächst nur im Windenergiebereich aktiv. Später investierte Prokon mit dem eingeworbenen Genussrechtskapital von insgesamt über 1,4 Milliarden Euro im großen Umfang unter anderem auch in Bioöl- und Holzpalettenwerke und erwarb Waldflächen in Rumänien. Nach Ansicht der Emittentin führten insbesondere auch die Investitionen in nicht profitable Aktivitäten außerhalb des Kerngeschäftes Windenergie zu den finanziellen Problemen bei Prokon. Diese führten im Januar 2014 zu einem Insolvenzantrag, nachdem zahlreiche Genussrechtsinhaber gekündigt hatten und Prokon das nicht das gesamte Kapital – gemäß den Genussrechtsbedingungen – kurzfristig an die Anleger zurückzahlen konnte.
Die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögensgegenstände sind teilweise bereits im Insolvenzverfahren verwertet worden. Weitere befinden sich in einer nicht zur Prokon-Gruppe gehörenden Zweckgesellschaft. Die Emittentin selbst hat eine Forderung gegen die Zweckgesellschaft, die im Jahresabschluss 2015 der Emittentin mit 75,9 Millionen Euro bewertet ist. Es besteht das Risiko, dass die Forderung teilweise abgeschrieben werden muss, falls die Verwertungserlöse der Zweckgesellschaft geringer als erwartet ausfallen sollten.
Nach Insolvenz: Umwandlung in Genossenschaft
Das Anfang Mai 2014 eröffnete Insolvenzverfahren von Prokon wurde nach der Umwandlung in eine Genossenschaft zu Ende Juli 2015 aufgehoben. Daher gibt es für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 keine regulären Jahresabschlüsse, sondern insgesamt vier Einzelabschlüsse für die vier unterschiedlich langen Rumpfgeschäftsjahre. Zudem gab es mehrere insolvenzbedingte Sondereffekte, so dass ein Vergleich der Abschlüsse größtenteils nicht oder nur eingeschränkt möglich ist und kaum fundierte Erkenntnisse hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Emittentin liefert. Daher werden im Folgenden vornehmlich die Unternehmenszahlen zum Ende des Jahres 2015 betrachtet.
Das Eigenkapital der Emittentin beträgt zum Jahresende 2015 rund 218 Millionen Euro. Es besteht aus dem Geschäftsguthaben der Genossenschaftsmitglieder von rund 226 Millionen Euro, das hauptsächlich aus der Umwandlung von Insolvenzforderungen der früheren Genussrechteinhaber, die dem Insolvenzplan zugestimmt haben, im Nominalwert von 870 Millionen Euro resultiert. Das Eigenkapital reduziert sich durch einen Verlustvortrag von rund 6,7 Millionen Euro und einen Fehlbetrag von rund 2,2 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung des Volumens der aktuellen Anleiheemission ergibt sich eine Eigenkapitalquote von rund 27 Prozent.
Windenergie auch in Finnland und vor allem in Polen
Die Emittentin ist die Obergesellschaft der Prokon-Gruppe und verantwortet die am Standort Deutschland angesiedelten Geschäftsbereiche – insbesondere die Windenergie (Produktion und Betriebsführung), Projektentwicklung von Windparks sowie Energiehandel. Neben den Windpark-Projektgesellschaften hat die Emittentin zwei Tochtergesellschaften, die mit eigenen Mitarbeitern operativ tätig sind. Eine Tochtergesellschaft ist in der Windenergie-Projektentwicklung in Finnland tätig, eine weitere entwickelt und betreibt Windenergieprojekte in Polen. Die finnische Tochtergesellschaft hat noch keine Windparkprojekte realisiert und ist für die Prokon-Gruppe bislang von wirtschaftlich vergleichsweise geringer Bedeutung, wogegen die polnische Tochtergesellschaft für die Emittentin eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung hat. In den Geschäftsjahren 2013 bis 2015 hat die polnische Tochter im Durchschnitt einen Nettoverlust von umrechnet rund 3,0 Millionen Euro verzeichnet (1 Euro = 4,42 Polnische Zloty, Kurs 23.5.2016). Nachdem die polnische Tochter Anfang 2014 aufgrund eines Verlustvortrags ein negatives Eigenkapital von umgerechnet rund 11 Millionen Euro auswies, hat die Emittentin laut Jahresabschluss rund 50 Millionen Euro des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital gewandelt. Zudem weist die polnische Tochter laut ihres Jahresabschlusses ein von der Emittentin begebenes Darlehen von ca. 116 Millionen Euro aus (Stand: 31. Dezember 2015), welches die Emittentin in ihrem Jahresabschluss um 50 Prozent wertberichtigt hat.
2015 hat der Prokon-Konzern laut Prospekt Umsatzerlöse von insgesamt rund 128 Millionen Euro erwirtschaftet, davon rund 86 Prozent in Deutschland. Der Betrieb von Windparks erbrachte mit rund 68 Prozent den Hauptanteil des Gesamtumsatzes. Der Geschäftsbereich Stromhandel erwirtschaftete 22 Prozent des Umsatzes, wobei dieser Geschäftsbereich laut Prospekt aufgrund des großen Preiswettbewerbs von geringen Gewinnmargen geprägt ist.
Investitionen
Das Anleihekapital dient ausschließlich der Befriedigung von Forderungen der früheren Genussrechteinhaber. Die Emittentin selbst erhält keinen Emissionserlös, so dass sie dementsprechend das Anleihekapital auch nicht investieren kann. Derzeit errichtet die Emittentin als Generalunternehmerin den Windpark Gagel in Sachsen-Anhalt. Die Finanzierung erfolgt mit 25,5 Millionen Euro Eigenkapital der Emittentin und 78,5 Millionen Euro Bankkapital. Die Inbetriebnahme ist für das erste Quartal 2017 geplant. Der Windpark soll aus 16 Windenergieanlagen des Typs Enercon 115 mit einer Nennleistung von jeweils 3,0 Megawatt (MW) bestehen. Laut Prospekt ist etwa ein Drittel des Projektes ausgeführt.
Insgesamt betreibt die Emittentin laut Prospekt in Deutschland derzeit 283 Windenergieanlagen in 44 Windparks mit einer Nennleistung von zusammen 467 MW. In Polen betreibt die Tochtergesellschaft der Emittentin 45 Windenergieanlagen in 13 Windparks mit einer Nennleistung von zusammen 90 MW. Die Prokon-Windparks haben laut Prospekt 2015 zusammen ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 66,3 Millionen Euro erwirtschaftet. Zum Vergleich: Die Zahlungsverpflichtungen (Zinsen und Tilgung) der Emittentin gegenüber den Anleihegläubigern betragen – bezogen auf den Nominalwert der Anleihe von 500 Millionen Euro – in den ersten Anleihejahren im Durchschnitt etwa 50 Millionen Euro pro Jahr.
Sicherheit für die Anleihe
Die Anleihe ist besichert. Alle Prokon-Windparks, die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Betrieb gegangen sind (529 MW der oben angeführten 557 MW) dienen inklusive der mit den Windparks verbundenen Rechte der Anleihe als Sicherheit. Laut Prospekt orientiert sich das Anleihevolumen an dem Wert, den Prokon zum Ende des Insolvenzverfahrens für ihre Bestandswindparks bilanziert hat. Eine Ermittlung des Wertes der bestellten Sicherheiten zum Bilanzstichtag ist laut Abschluss der Emittentin zum 31. Dezember 2015 aber nicht erfolgt. Zudem beabsichtigt die Emittentin laut Prospekt, voraussichtlich im Juni 2016 einen Vertrag mit einem Konsortium aus vier Banken über die Bereitstellung einer Betriebsmittelkreditlinie über 50 Millionen Euro abzuschließen. Laut Prospekt werden nach derzeitigem Stand der Verhandlungen – und wie in den Anleihebedingungen aus dem Insolvenzplan vorgesehen – für den Fall einer Verwertung der Sicherheiten die Forderungen der Banken vor den Forderungen der Anleihegläubiger erfüllt werden.
Die Emittentin plant weitere Investitionen in Windpark-Projektentwicklungen In Deutschland und Polen. Die Umsetzung der Projekte ist abhängig vom Erhalt der Bau- und Betriebsgenehmigungen für die Windenergieanlagen und von den sich verändernden Rahmenbedingungen. In Deutschland werden laut des im Februar 2016 veröffentlichten Eckpunktepapiers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur geplanten EEG-Novelle 2016 nur Windenergieanlagen, die bis Ende 2016 genehmigt und bis Ende 2018 in Betrieb genommen werden, vom geplanten Ausschreibungsverfahren ausgenommen. Die Details des Ausschreibungsverfahrens stehen noch nicht abschließend fest, aber derzeit gehen Marktteilnehmer davon aus, dass im Vergleich zu 2015 die Anzahl und die Rentabilität neuer Windenergieprojekte sinken werden. Zudem werden im Vergleich zur derzeitigen Situation Projektentwickler wie Prokon und andere Ausschreibungsteilnehmer voraussichtlich höhere finanzielle Risiken im Vorfeld einer Projektrealisierung tragen müssen. Dadurch sind kapitalstarke Großkonzerne gegenüber kleinen (z. B. bei Bürgerwind-Beteiligungen) und mittelgroßen Projektentwicklern wie Prokon deutlich bevorteilt. Denn Großkonzerne mit mehreren Projektentwicklungen können aufgrund der Risikostreuung das Scheitern eines einzelnen Projektes finanziell eher verkraften.
Änderungen auch in Polen
In Polen wird – nach mehreren Verzögerungen – voraussichtlich Anfang Juli 2016 ein Ausschreibungssystem in Kraft treten. Es gilt für Windparks, die ab diesem Zeitpunkt in Betrieb gehen. Bisher gibt es in Polen eine Förderung durch ein System sogenannter Grüner Zertifikate, das aber infolge eines Preisverfalls der Zertifikate zu deutlichen Einnahmeeinbußen bei den Windparkbetreibern führte. Laut Prospekt könnten regulatorische Unsicherheiten es für ausländische Investoren unattraktiv machen, in Polen zu investieren. Laut eines Artikels von Germany Trade & Invest (Gtai, Januar 2016) ist auch die neue polnische Regierung für die erneute Verzögerung bei der Einführung der neuen Förderregelungen verantwortlich, da sie sich noch kritischer als die Vorgängerregierung gegenüber der Erneuerbaren-Energien-Politik der EU positioniere. Die neue Regierung störe sich an einer Bevorzugung der Windenergie und wolle noch Regulierungen zur Aufstellung von Windrädern erarbeiten. Im Gespräch sei ein Mindestabstand zum nächsten Wohngebäude von 3.000 Metern, so der Gtai-Bericht. Nach Informationen von Prokon wurde der Gesetzentwurf inzwischen bereits verabschiedet und sehe die 10H-Regelung vor: Der Mindestabstand beträgt demnach zehnmal die Höhe der Windenergieanlage.
Auch in Finnland, wo Prokon mit eigenen Projektentwicklern vertreten ist, aber noch keine Projekte realisiert hat, bestehen Unsicherheiten. Welche Förderung für die Erneuerbaren Energien und insbesondere die Windenergie zukünftig gelten soll, ist laut Prospekt politisch offen bzw. in der Diskussion. Eine Entscheidung dazu sei nicht vor Ende 2017 zu erwarten.
Ökologische Wirkung
Anleger erzielen mit dem Erwerb der Anleihe keine direkte ökologische Wirkung, da die Emittentin mit dem Anleihekapital nicht Windparks errichtet, sondern Forderungen der Genussrechts-Gläubiger erfüllt. Auch der Betrieb der Prokon-Windparks ist nicht abhängig vom Fortbestand des Unternehmens Prokon, so dass die Umsetzung des Insolvenzplans zur Konsolidierung von Prokon an sich noch keine positive ökologische Wirkung ergibt. Eine indirekte positive ökologische Wirkung kann aus einem langfristig erfolgreichen Fortbestand von Prokon als Genossenschaft hervorgehen, beispielsweise auch im Bereich Akzeptanz der Energiewende.
Risiko
Die Anleihe ist besichert. Als Sicherheit dienen vor allem die Windparks von Prokon. Es besteht das Risiko, dass bei einer Verwertung der Sicherheiten die Erlöse nicht ausreichen, um die gesamten Forderungen der Anleihegläubiger zu erfüllen. Zudem sind die Forderungen der Banken, mit denen die Emittentin eine Vereinbarung über eine Betriebsmittelkreditlinie über 50 Millionen Euro treffen will, laut Prospekt bei einer Verwertung der Sicherheiten voraussichtlich vorrangig zu berücksichtigen. Ferner besteht das Risiko, dass Sicherheiten nicht durchsetzbar sind. Laut Prospekt gilt dies insbesondere für die Garantie der polnischen Tochtergesellschaft.
Die Emittentin ist als Projektentwickler und Generalunternehmer tätig. Sie trägt somit unter anderem die Genehmigungs-, Fertigstellung- und Haftungsrisiken bei ihren Projekten. In Deutschland und Polen, den wichtigsten Märkten des Prokon-Konzerns, bestehen teilweise erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Marktentwicklung. Es besteht das Risiko, dass der Prokon-Konzern einen Großteil seiner geplanten Projekte nicht realisieren kann. In diesem Fall kann ein hoher Abschreibungsbedarf entstehen. Die Emittentin hat ihrer polnischen Tochtergesellschaft, die von 2013 bis 2015 Jahresverluste zu verzeichnen hatte, ein Darlehen gewährt. Hier können Ausfallrisiken für die Emittentin bestehen. Die polnische Tochter unterliegt zudem einem Wechselkursrisiko, da sie das Darlehen der Muttergesellschaft in Euro zu bedienen hat, Erträge aber hauptsächlich in polnischen Zloty erwirtschaftet.
Prokon strukturiert sich neu und konsolidiert sich
Die Emittentin befindet sich nach Abschluss des Insolvenzverfahrens derzeit noch in einer Phase der Konsolidierung und Neustrukturierung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich noch insolvenzbedingte Sondereffekte ergeben. Zudem ist es möglich, dass die Verwertungserlöse der in der Zweckgesellschaft befindlichen Vermögensgegenstände geringer ausfallen, so dass die Emittentin in diesem Fall eventuell ihre Forderung gegenüber der Zweckgesellschaft von 75,9 Millionen Euro teilweise abschreiben muss.
Das Hauptgeschäft der Emittentin ist der Betrieb ihrer Windparks. Dabei übernimmt sie laut Prospekt neben der Betriebsführung in der Regel auch die Wartung und Reparatur der Windenergieanlagen. Es besteht das Risiko, dass die Kosten für Wartung und Reparatur über den eingeplanten Kosten liegen. Insbesondere bei schwerwiegenden Schäden nach Ablauf der Gewährleistungsfrist oder bei komplexen Problemen kann es sich als Nachteil erweisen, dass nicht die jeweiligen Hersteller der Windenergieanlagen über Vollwartungsverträge eingebunden sind. Ein wesentliches weiteres Risiko bei Windenergieanlagen besteht grundsätzlich darin, dass sie weniger Strom liefern können als prognostiziert. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Einspeisevergütungen rückwirkend gekürzt oder Steuern erhöht werden, wodurch ein rentabler Betrieb von Windenergieanlagen erschwert werden kann. Laut EEG 2014 erhalten neu errichtete Windenergieanlagen keine Einspeisevergütung für den Zeitraum von negativen Strompreisen an der Strombörse. In den vergangenen Jahren ist das nur in geringem Umfang vorgekommen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass negative Strompreise zukünftig häufiger auftreten und damit zu höheren Ertragseinbußen bei der Emittentin führen.
Stärken
Unternehmen sehr erfahren im Bereich Windenergie
Anleihe besichert
Umfangreiches Windpark-Bestandsportfolio
Schwächen
Unternehmen noch in der Konsolidierungsphase
Projektentwicklungs- und Fertigstellungsrisiken
Verschlechterung der Rahmenbindungen für Windenergie-Investitionen möglich
Polnische Tochter mit Jahresverlusten
Fazit:
Finanziell
Die Emittentin und ihre Tochtergesellschaft betreiben Windparks in Deutschland und Polen. Die in dem windreicheren Jahr 2015 erwirtschafteten Erträge aus dem Betrieb der Windparks reichen aus, um die jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen an die Anleihegläubiger leisten zu können. Allerdings altern die Windenergieanlagen und werden damit in der Regel reparaturanfälliger. Zum Laufzeitende der Anleihe 2030 werden bereits mehr als 170 Windenergieanlagen aus dem derzeitigen Portfolio der Emittentin ihre geplante Nutzungsdauer von 25 Jahren überschritten haben. Auch wenn die Zinszahlungsverpflichtungen der Emittentin aufgrund der fortlaufenden Tilgungen während der Laufzeit sinken, besteht das Risiko, dass die Ertragskraft der Bestandswindparks nicht ausreichend ist, um den Kapitaldienst der Anleihe über die gesamte Laufzeit vollständig zu bedienen. Eventuell benötigt die Emittentin neue Projekte, um dauerhaft allen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern nachkommen zu können. Die Aussichten für die Realisierung von Windenergieprojekten in den Kernmärkten Deutschland und Polen haben sich aber teilweise verschlechtert. Daher ist auch eine Verschärfung des Wettbewerbs der Projektentwickler um profitable Projekte zu erwarten. Es ist für die Emittentin ungünstig, dass sie sich mit der Insolvenz und deren Nachwirkungen beschäftigten muss(te), während sich die meisten Wettbewerber aus einer Position der Stärke heraus auf die veränderten Marktbedingungen vorbereiten konnten.
Nachhaltigkeit
Prokon errichtet und betreibt Windparks. Die Nutzung der Windenergie an Land ist in Deutschland und Polen ökologisch und volkswirtschaftlich nachhaltig. Eine direkte Nachhaltigkeitswirkung der Anleihe ist nicht gegeben, eine indirekte aber möglich.
ECOreporter.de-Empfehlung
Angesichts der sich verändernden Marktbedingungen und der Umstrukturierungs- und Übergangsphase von Prokon bestehen für die Emittentin erhöhte Risiken. Der Zinssatz von 3,5 Prozent pro Jahr kann angesichts der Risiken als zu niedrig gelten. Infolgedessen ist es möglich, dass sich nach der geplanten Börseneinbeziehung ein Kurs für die Anleihe bildet, der unter dem Nominalwert von 100 Prozent und damit auch unter dem Ausgabekurs liegt. Insbesondere im ersten Börsenjahr ist ein Börsenkurs unter dem Nominalwert möglich bis wahrscheinlich, da die Emittentin Schuldverschreibungen, die nicht von früheren Genussrechtsinhabern erworben werden, innerhalb eines Jahres zu veräußern hat. Zudem ist anzunehmen, dass auch zahlreiche frühere Genussrechteinhaber einen Verkauf der ihnen zugeteilten Schuldverschreibungen erwägen, so dass im ersten Börsenjahr ein hohes Angebot den Börsenkurs der Anleihe drücken kann.
Basisdaten
Emittentin und Anbieterin: Prokon Regenerative Energien eG, Itzehoe
Anlageform: Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung)
Emissionsvolumen: 500 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 10 Euro
Agio: 0 Prozent
Laufzeit: bis 25.06.2030
Zinsen: 3,5 Prozent pro Jahr
Einkunftsart: Einkünfte aus Kapitalvermögen
BaFin-Billigung: Ja
Handelbarkeit: Freiverkehr an der Wertpapierbörse Hamburg vorgesehen
ISIN: DE000A2AASM1
Die Laufzeit der Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung) beträgt rund 15 Jahre. Die Verzinsung erfolgt vom 1. August 2015 bis zum 25. Juni 2030. Der Zinssatz beträgt bezogen auf den jeweiligen Nennbetrag 3,5 Prozent pro Jahr. Der anfängliche Nennbetrag einer einzelnen Schuldverschreibung beträgt 10 Euro. Er reduziert sich ab Juni 2017 laut der Anleihebedingungen um rund 0,72 Euro pro Jahr, da der Tilgungsplan vorsieht, dass die Emittentin jährlich rund 0,72 Euro von 10 Euro an die Anleihegläubiger (Anleger) zurückzahlt.
Die Emittentin kann die Anleihe – nur insgesamt, nicht teilweise – zum Juni eines jeden Jahres – erstmals 2018 – kündigen und an die Anleger zurückzahlen. Hierbei hat sie abhängig vom Rückzahlungsjahr einen Aufschlag auf den Nennbetrag von bis zu 5 Prozent an die Anleger zu leisten. Die Anleger können die Anleihe nicht ordentlich kündigen, aber voraussichtlich an einer Börse handeln. Die Emittentin hat die Einbeziehung der Anleihe in den Freiverkehr an der Hamburger Wertpapierbörse beantragt. Die Erstnotiz an der Börse ist für Mitte Juli 2016 vorgesehen.
Frist für vorbörsliche Zeichnung: 21. Juni
Die vorbörsliche Erwerbsfrist für die Anleihe endet am 21. Juni 2016. Bis zu diesem Zeitpunkt können die früheren – von der Insolvenz betroffenen – Genussrechtrechteinhaber von Prokon ihr Erwerbsrecht nutzen und andere Anleger Kaufangebote abgeben. Die Kaufangebote können berücksichtigt werden, wenn nicht alle Genussrechte-Gläubiger ihr Erwerbsrecht ausüben. Die früheren Genussrechteinhaber müssen mit dem Erwerb der Anleihe keine Zahlungen an die Emittentin leisten, da mit dem Anleiheerwerbsrecht laut Insolvenzplan ein 34,5-Prozent-Anteil ihrer jeweiligen Genussrechtsforderung befriedigt wird. Falls frühere Genussrechteinhaber ihr Recht auf Erwerb der Schuldverschreibungen nicht ausüben, erhalten sie laut Prospekt den Erlös abzüglich etwaiger Verwertungskosten, den die Emittentin durch den Verkauf der nicht abgerufenen Schuldverschreibungen erzielt. Der Verkauf durch die Emittentin soll „bestmöglich und marktschonend“ innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Erwerbsfrist erfolgen. Dieser Verkaufserlös kann grundsätzlich auch deutlich unter dem Nennwert der Schuldverschreibungen liegen.
Anleger, die nicht Prokon-Gläubiger sind, können bis zum 21. Juni 2016 über die Börsenplätze Hamburg und Hannover Kaufaufträge für die Schuldverschreibungen erteilen. Der Ausgabepreis für die Schuldverschreibungen steht noch nicht fest. Er soll auf Basis von Angebot und Nachfrage in einer Privatplatzierung voraussichtlich am 8. Juli 2016 ermittelt werden. Anleger können mit ihrem Kaufangebot eine Preisobergrenze nennen, die mindestens dem Nennwert der Schuldverschreibungen entsprechen muss. Wenn der ermittelte Ausgabepreis nicht über der vom Anleger genannten Preisobergrenze liegt, kann der Anleger in der Regel seine beauftrage Anzahl an Schuldverschreibungen erhalten. Die Emittentin wird aber laut Prospekt neben der genannten Preisobergrenze auch die Ordergröße und ihr Interesse an der Beteiligung des jeweiligen Investors berücksichtigen.
Die von der Emittentin zu tragenden Kosten der Anleiheemission betragen laut Prospekt etwa 500.000 Euro. Bei dem Anleihevolumen von 500 Millionen Euro ergibt sich somit eine sehr niedrige Nebenkostenquote von 0,1 Prozent. Die Nebenkostenquote ist gering, weil die Emittentin keine Vertriebsmaßnahmen zur Kapitaleinwerbung ergreifen muss, da die Anleihe bereits mit der Emission platziert ist.
Unternehmensprofil Prokon
Anbieterin und Emittentin der Anleihe ist die Prokon Regenerative Energien eG aus Itzehoe. Die eingetragene Genossenschaft ist Mitte 2015 durch einen Formwechsel aus der Prokon Regenerative Energien GmbH hervorgegangen. Der Vorstand der Prokon eG besteht seit April 2016 aus Dr. Henning von Stechow, vorher Geschäftsführer der hauptsächlich in der Öl- und Gasbranche tätigen SET Select Energy GmbH aus Hamburg, und Heiko Wuttke, vorher in Hamburg Projektentwicklungschef des Windenergiebereichs des Energieversorgers Vattenfall. Die Prokon-Unternehmensgruppe beschäftigt laut Prospekt zum Jahresende 2015 inklusive der Auszubildenden insgesamt 309 Mitarbeiter. Davon arbeiten 102 im Geschäftsbereich Windenergie (Produktion von Windenergie und technische Betriebsführung der Windparks) und 65 im Bereich Projektentwicklung von Windparks.
Die Vorgängergesellschaft der Emittentin wurde 1995 gegründet und war zunächst nur im Windenergiebereich aktiv. Später investierte Prokon mit dem eingeworbenen Genussrechtskapital von insgesamt über 1,4 Milliarden Euro im großen Umfang unter anderem auch in Bioöl- und Holzpalettenwerke und erwarb Waldflächen in Rumänien. Nach Ansicht der Emittentin führten insbesondere auch die Investitionen in nicht profitable Aktivitäten außerhalb des Kerngeschäftes Windenergie zu den finanziellen Problemen bei Prokon. Diese führten im Januar 2014 zu einem Insolvenzantrag, nachdem zahlreiche Genussrechtsinhaber gekündigt hatten und Prokon das nicht das gesamte Kapital – gemäß den Genussrechtsbedingungen – kurzfristig an die Anleger zurückzahlen konnte.
Die nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögensgegenstände sind teilweise bereits im Insolvenzverfahren verwertet worden. Weitere befinden sich in einer nicht zur Prokon-Gruppe gehörenden Zweckgesellschaft. Die Emittentin selbst hat eine Forderung gegen die Zweckgesellschaft, die im Jahresabschluss 2015 der Emittentin mit 75,9 Millionen Euro bewertet ist. Es besteht das Risiko, dass die Forderung teilweise abgeschrieben werden muss, falls die Verwertungserlöse der Zweckgesellschaft geringer als erwartet ausfallen sollten.
Nach Insolvenz: Umwandlung in Genossenschaft
Das Anfang Mai 2014 eröffnete Insolvenzverfahren von Prokon wurde nach der Umwandlung in eine Genossenschaft zu Ende Juli 2015 aufgehoben. Daher gibt es für die Geschäftsjahre 2014 und 2015 keine regulären Jahresabschlüsse, sondern insgesamt vier Einzelabschlüsse für die vier unterschiedlich langen Rumpfgeschäftsjahre. Zudem gab es mehrere insolvenzbedingte Sondereffekte, so dass ein Vergleich der Abschlüsse größtenteils nicht oder nur eingeschränkt möglich ist und kaum fundierte Erkenntnisse hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Emittentin liefert. Daher werden im Folgenden vornehmlich die Unternehmenszahlen zum Ende des Jahres 2015 betrachtet.
Das Eigenkapital der Emittentin beträgt zum Jahresende 2015 rund 218 Millionen Euro. Es besteht aus dem Geschäftsguthaben der Genossenschaftsmitglieder von rund 226 Millionen Euro, das hauptsächlich aus der Umwandlung von Insolvenzforderungen der früheren Genussrechteinhaber, die dem Insolvenzplan zugestimmt haben, im Nominalwert von 870 Millionen Euro resultiert. Das Eigenkapital reduziert sich durch einen Verlustvortrag von rund 6,7 Millionen Euro und einen Fehlbetrag von rund 2,2 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung des Volumens der aktuellen Anleiheemission ergibt sich eine Eigenkapitalquote von rund 27 Prozent.
Windenergie auch in Finnland und vor allem in Polen
Die Emittentin ist die Obergesellschaft der Prokon-Gruppe und verantwortet die am Standort Deutschland angesiedelten Geschäftsbereiche – insbesondere die Windenergie (Produktion und Betriebsführung), Projektentwicklung von Windparks sowie Energiehandel. Neben den Windpark-Projektgesellschaften hat die Emittentin zwei Tochtergesellschaften, die mit eigenen Mitarbeitern operativ tätig sind. Eine Tochtergesellschaft ist in der Windenergie-Projektentwicklung in Finnland tätig, eine weitere entwickelt und betreibt Windenergieprojekte in Polen. Die finnische Tochtergesellschaft hat noch keine Windparkprojekte realisiert und ist für die Prokon-Gruppe bislang von wirtschaftlich vergleichsweise geringer Bedeutung, wogegen die polnische Tochtergesellschaft für die Emittentin eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung hat. In den Geschäftsjahren 2013 bis 2015 hat die polnische Tochter im Durchschnitt einen Nettoverlust von umrechnet rund 3,0 Millionen Euro verzeichnet (1 Euro = 4,42 Polnische Zloty, Kurs 23.5.2016). Nachdem die polnische Tochter Anfang 2014 aufgrund eines Verlustvortrags ein negatives Eigenkapital von umgerechnet rund 11 Millionen Euro auswies, hat die Emittentin laut Jahresabschluss rund 50 Millionen Euro des Gesellschafterdarlehens in Eigenkapital gewandelt. Zudem weist die polnische Tochter laut ihres Jahresabschlusses ein von der Emittentin begebenes Darlehen von ca. 116 Millionen Euro aus (Stand: 31. Dezember 2015), welches die Emittentin in ihrem Jahresabschluss um 50 Prozent wertberichtigt hat.
2015 hat der Prokon-Konzern laut Prospekt Umsatzerlöse von insgesamt rund 128 Millionen Euro erwirtschaftet, davon rund 86 Prozent in Deutschland. Der Betrieb von Windparks erbrachte mit rund 68 Prozent den Hauptanteil des Gesamtumsatzes. Der Geschäftsbereich Stromhandel erwirtschaftete 22 Prozent des Umsatzes, wobei dieser Geschäftsbereich laut Prospekt aufgrund des großen Preiswettbewerbs von geringen Gewinnmargen geprägt ist.
Investitionen
Das Anleihekapital dient ausschließlich der Befriedigung von Forderungen der früheren Genussrechteinhaber. Die Emittentin selbst erhält keinen Emissionserlös, so dass sie dementsprechend das Anleihekapital auch nicht investieren kann. Derzeit errichtet die Emittentin als Generalunternehmerin den Windpark Gagel in Sachsen-Anhalt. Die Finanzierung erfolgt mit 25,5 Millionen Euro Eigenkapital der Emittentin und 78,5 Millionen Euro Bankkapital. Die Inbetriebnahme ist für das erste Quartal 2017 geplant. Der Windpark soll aus 16 Windenergieanlagen des Typs Enercon 115 mit einer Nennleistung von jeweils 3,0 Megawatt (MW) bestehen. Laut Prospekt ist etwa ein Drittel des Projektes ausgeführt.
Insgesamt betreibt die Emittentin laut Prospekt in Deutschland derzeit 283 Windenergieanlagen in 44 Windparks mit einer Nennleistung von zusammen 467 MW. In Polen betreibt die Tochtergesellschaft der Emittentin 45 Windenergieanlagen in 13 Windparks mit einer Nennleistung von zusammen 90 MW. Die Prokon-Windparks haben laut Prospekt 2015 zusammen ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von rund 66,3 Millionen Euro erwirtschaftet. Zum Vergleich: Die Zahlungsverpflichtungen (Zinsen und Tilgung) der Emittentin gegenüber den Anleihegläubigern betragen – bezogen auf den Nominalwert der Anleihe von 500 Millionen Euro – in den ersten Anleihejahren im Durchschnitt etwa 50 Millionen Euro pro Jahr.
Sicherheit für die Anleihe
Die Anleihe ist besichert. Alle Prokon-Windparks, die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens in Betrieb gegangen sind (529 MW der oben angeführten 557 MW) dienen inklusive der mit den Windparks verbundenen Rechte der Anleihe als Sicherheit. Laut Prospekt orientiert sich das Anleihevolumen an dem Wert, den Prokon zum Ende des Insolvenzverfahrens für ihre Bestandswindparks bilanziert hat. Eine Ermittlung des Wertes der bestellten Sicherheiten zum Bilanzstichtag ist laut Abschluss der Emittentin zum 31. Dezember 2015 aber nicht erfolgt. Zudem beabsichtigt die Emittentin laut Prospekt, voraussichtlich im Juni 2016 einen Vertrag mit einem Konsortium aus vier Banken über die Bereitstellung einer Betriebsmittelkreditlinie über 50 Millionen Euro abzuschließen. Laut Prospekt werden nach derzeitigem Stand der Verhandlungen – und wie in den Anleihebedingungen aus dem Insolvenzplan vorgesehen – für den Fall einer Verwertung der Sicherheiten die Forderungen der Banken vor den Forderungen der Anleihegläubiger erfüllt werden.
Die Emittentin plant weitere Investitionen in Windpark-Projektentwicklungen In Deutschland und Polen. Die Umsetzung der Projekte ist abhängig vom Erhalt der Bau- und Betriebsgenehmigungen für die Windenergieanlagen und von den sich verändernden Rahmenbedingungen. In Deutschland werden laut des im Februar 2016 veröffentlichten Eckpunktepapiers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur geplanten EEG-Novelle 2016 nur Windenergieanlagen, die bis Ende 2016 genehmigt und bis Ende 2018 in Betrieb genommen werden, vom geplanten Ausschreibungsverfahren ausgenommen. Die Details des Ausschreibungsverfahrens stehen noch nicht abschließend fest, aber derzeit gehen Marktteilnehmer davon aus, dass im Vergleich zu 2015 die Anzahl und die Rentabilität neuer Windenergieprojekte sinken werden. Zudem werden im Vergleich zur derzeitigen Situation Projektentwickler wie Prokon und andere Ausschreibungsteilnehmer voraussichtlich höhere finanzielle Risiken im Vorfeld einer Projektrealisierung tragen müssen. Dadurch sind kapitalstarke Großkonzerne gegenüber kleinen (z. B. bei Bürgerwind-Beteiligungen) und mittelgroßen Projektentwicklern wie Prokon deutlich bevorteilt. Denn Großkonzerne mit mehreren Projektentwicklungen können aufgrund der Risikostreuung das Scheitern eines einzelnen Projektes finanziell eher verkraften.
Änderungen auch in Polen
In Polen wird – nach mehreren Verzögerungen – voraussichtlich Anfang Juli 2016 ein Ausschreibungssystem in Kraft treten. Es gilt für Windparks, die ab diesem Zeitpunkt in Betrieb gehen. Bisher gibt es in Polen eine Förderung durch ein System sogenannter Grüner Zertifikate, das aber infolge eines Preisverfalls der Zertifikate zu deutlichen Einnahmeeinbußen bei den Windparkbetreibern führte. Laut Prospekt könnten regulatorische Unsicherheiten es für ausländische Investoren unattraktiv machen, in Polen zu investieren. Laut eines Artikels von Germany Trade & Invest (Gtai, Januar 2016) ist auch die neue polnische Regierung für die erneute Verzögerung bei der Einführung der neuen Förderregelungen verantwortlich, da sie sich noch kritischer als die Vorgängerregierung gegenüber der Erneuerbaren-Energien-Politik der EU positioniere. Die neue Regierung störe sich an einer Bevorzugung der Windenergie und wolle noch Regulierungen zur Aufstellung von Windrädern erarbeiten. Im Gespräch sei ein Mindestabstand zum nächsten Wohngebäude von 3.000 Metern, so der Gtai-Bericht. Nach Informationen von Prokon wurde der Gesetzentwurf inzwischen bereits verabschiedet und sehe die 10H-Regelung vor: Der Mindestabstand beträgt demnach zehnmal die Höhe der Windenergieanlage.
Auch in Finnland, wo Prokon mit eigenen Projektentwicklern vertreten ist, aber noch keine Projekte realisiert hat, bestehen Unsicherheiten. Welche Förderung für die Erneuerbaren Energien und insbesondere die Windenergie zukünftig gelten soll, ist laut Prospekt politisch offen bzw. in der Diskussion. Eine Entscheidung dazu sei nicht vor Ende 2017 zu erwarten.
Ökologische Wirkung
Anleger erzielen mit dem Erwerb der Anleihe keine direkte ökologische Wirkung, da die Emittentin mit dem Anleihekapital nicht Windparks errichtet, sondern Forderungen der Genussrechts-Gläubiger erfüllt. Auch der Betrieb der Prokon-Windparks ist nicht abhängig vom Fortbestand des Unternehmens Prokon, so dass die Umsetzung des Insolvenzplans zur Konsolidierung von Prokon an sich noch keine positive ökologische Wirkung ergibt. Eine indirekte positive ökologische Wirkung kann aus einem langfristig erfolgreichen Fortbestand von Prokon als Genossenschaft hervorgehen, beispielsweise auch im Bereich Akzeptanz der Energiewende.
Risiko
Die Anleihe ist besichert. Als Sicherheit dienen vor allem die Windparks von Prokon. Es besteht das Risiko, dass bei einer Verwertung der Sicherheiten die Erlöse nicht ausreichen, um die gesamten Forderungen der Anleihegläubiger zu erfüllen. Zudem sind die Forderungen der Banken, mit denen die Emittentin eine Vereinbarung über eine Betriebsmittelkreditlinie über 50 Millionen Euro treffen will, laut Prospekt bei einer Verwertung der Sicherheiten voraussichtlich vorrangig zu berücksichtigen. Ferner besteht das Risiko, dass Sicherheiten nicht durchsetzbar sind. Laut Prospekt gilt dies insbesondere für die Garantie der polnischen Tochtergesellschaft.
Die Emittentin ist als Projektentwickler und Generalunternehmer tätig. Sie trägt somit unter anderem die Genehmigungs-, Fertigstellung- und Haftungsrisiken bei ihren Projekten. In Deutschland und Polen, den wichtigsten Märkten des Prokon-Konzerns, bestehen teilweise erhebliche Unsicherheiten hinsichtlich der zukünftigen gesetzlichen Rahmenbedingungen und der Marktentwicklung. Es besteht das Risiko, dass der Prokon-Konzern einen Großteil seiner geplanten Projekte nicht realisieren kann. In diesem Fall kann ein hoher Abschreibungsbedarf entstehen. Die Emittentin hat ihrer polnischen Tochtergesellschaft, die von 2013 bis 2015 Jahresverluste zu verzeichnen hatte, ein Darlehen gewährt. Hier können Ausfallrisiken für die Emittentin bestehen. Die polnische Tochter unterliegt zudem einem Wechselkursrisiko, da sie das Darlehen der Muttergesellschaft in Euro zu bedienen hat, Erträge aber hauptsächlich in polnischen Zloty erwirtschaftet.
Prokon strukturiert sich neu und konsolidiert sich
Die Emittentin befindet sich nach Abschluss des Insolvenzverfahrens derzeit noch in einer Phase der Konsolidierung und Neustrukturierung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich noch insolvenzbedingte Sondereffekte ergeben. Zudem ist es möglich, dass die Verwertungserlöse der in der Zweckgesellschaft befindlichen Vermögensgegenstände geringer ausfallen, so dass die Emittentin in diesem Fall eventuell ihre Forderung gegenüber der Zweckgesellschaft von 75,9 Millionen Euro teilweise abschreiben muss.
Das Hauptgeschäft der Emittentin ist der Betrieb ihrer Windparks. Dabei übernimmt sie laut Prospekt neben der Betriebsführung in der Regel auch die Wartung und Reparatur der Windenergieanlagen. Es besteht das Risiko, dass die Kosten für Wartung und Reparatur über den eingeplanten Kosten liegen. Insbesondere bei schwerwiegenden Schäden nach Ablauf der Gewährleistungsfrist oder bei komplexen Problemen kann es sich als Nachteil erweisen, dass nicht die jeweiligen Hersteller der Windenergieanlagen über Vollwartungsverträge eingebunden sind. Ein wesentliches weiteres Risiko bei Windenergieanlagen besteht grundsätzlich darin, dass sie weniger Strom liefern können als prognostiziert. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass Einspeisevergütungen rückwirkend gekürzt oder Steuern erhöht werden, wodurch ein rentabler Betrieb von Windenergieanlagen erschwert werden kann. Laut EEG 2014 erhalten neu errichtete Windenergieanlagen keine Einspeisevergütung für den Zeitraum von negativen Strompreisen an der Strombörse. In den vergangenen Jahren ist das nur in geringem Umfang vorgekommen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass negative Strompreise zukünftig häufiger auftreten und damit zu höheren Ertragseinbußen bei der Emittentin führen.
Stärken
Unternehmen sehr erfahren im Bereich Windenergie
Anleihe besichert
Umfangreiches Windpark-Bestandsportfolio
Schwächen
Unternehmen noch in der Konsolidierungsphase
Projektentwicklungs- und Fertigstellungsrisiken
Verschlechterung der Rahmenbindungen für Windenergie-Investitionen möglich
Polnische Tochter mit Jahresverlusten
Fazit:
Finanziell
Die Emittentin und ihre Tochtergesellschaft betreiben Windparks in Deutschland und Polen. Die in dem windreicheren Jahr 2015 erwirtschafteten Erträge aus dem Betrieb der Windparks reichen aus, um die jährlichen Zins- und Tilgungszahlungen an die Anleihegläubiger leisten zu können. Allerdings altern die Windenergieanlagen und werden damit in der Regel reparaturanfälliger. Zum Laufzeitende der Anleihe 2030 werden bereits mehr als 170 Windenergieanlagen aus dem derzeitigen Portfolio der Emittentin ihre geplante Nutzungsdauer von 25 Jahren überschritten haben. Auch wenn die Zinszahlungsverpflichtungen der Emittentin aufgrund der fortlaufenden Tilgungen während der Laufzeit sinken, besteht das Risiko, dass die Ertragskraft der Bestandswindparks nicht ausreichend ist, um den Kapitaldienst der Anleihe über die gesamte Laufzeit vollständig zu bedienen. Eventuell benötigt die Emittentin neue Projekte, um dauerhaft allen Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern nachkommen zu können. Die Aussichten für die Realisierung von Windenergieprojekten in den Kernmärkten Deutschland und Polen haben sich aber teilweise verschlechtert. Daher ist auch eine Verschärfung des Wettbewerbs der Projektentwickler um profitable Projekte zu erwarten. Es ist für die Emittentin ungünstig, dass sie sich mit der Insolvenz und deren Nachwirkungen beschäftigten muss(te), während sich die meisten Wettbewerber aus einer Position der Stärke heraus auf die veränderten Marktbedingungen vorbereiten konnten.
Nachhaltigkeit
Prokon errichtet und betreibt Windparks. Die Nutzung der Windenergie an Land ist in Deutschland und Polen ökologisch und volkswirtschaftlich nachhaltig. Eine direkte Nachhaltigkeitswirkung der Anleihe ist nicht gegeben, eine indirekte aber möglich.
ECOreporter.de-Empfehlung
Angesichts der sich verändernden Marktbedingungen und der Umstrukturierungs- und Übergangsphase von Prokon bestehen für die Emittentin erhöhte Risiken. Der Zinssatz von 3,5 Prozent pro Jahr kann angesichts der Risiken als zu niedrig gelten. Infolgedessen ist es möglich, dass sich nach der geplanten Börseneinbeziehung ein Kurs für die Anleihe bildet, der unter dem Nominalwert von 100 Prozent und damit auch unter dem Ausgabekurs liegt. Insbesondere im ersten Börsenjahr ist ein Börsenkurs unter dem Nominalwert möglich bis wahrscheinlich, da die Emittentin Schuldverschreibungen, die nicht von früheren Genussrechtsinhabern erworben werden, innerhalb eines Jahres zu veräußern hat. Zudem ist anzunehmen, dass auch zahlreiche frühere Genussrechteinhaber einen Verkauf der ihnen zugeteilten Schuldverschreibungen erwägen, so dass im ersten Börsenjahr ein hohes Angebot den Börsenkurs der Anleihe drücken kann.
Basisdaten
Emittentin und Anbieterin: Prokon Regenerative Energien eG, Itzehoe
Anlageform: Anleihe (Inhaber-Teilschuldverschreibung)
Emissionsvolumen: 500 Millionen Euro
Mindestzeichnungssumme: 10 Euro
Agio: 0 Prozent
Laufzeit: bis 25.06.2030
Zinsen: 3,5 Prozent pro Jahr
Einkunftsart: Einkünfte aus Kapitalvermögen
BaFin-Billigung: Ja
Handelbarkeit: Freiverkehr an der Wertpapierbörse Hamburg vorgesehen
ISIN: DE000A2AASM1