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Wegweiser durch den Anlagedschungel – kann sich Honorarberatung lohnen?
„Auch die herkömmliche Anlageberatung ist keineswegs umsonst“, wie Martin Lessing gegenüber ECOreporter.de erklärt. Der Kunde zahlt dafür nur indirekt. Denn über die Gebühren etwa für den Erwerb eines Investmentfonds oder für eine Rentenversicherung bezahlt er die Vertriebskosten der Anbieter, die daraus wieder ihre Provisionen und Courtagen an die Anlageberater bezahlen. „Als Honorarberater bekomme ich dagegen keine Provisionen für die von mir empfohlenen Anlageprodukte“, so Lessing. „Wenn doch, dann gebe ich sie an den Kunden weiter. Außerdem kann ich für ihn oder sie oft den Verzicht auf das Agio heraushandeln. Schon dadurch kann sich für ihn schnell die Investition in die Honorarberatung lohnen“, so der Düsseldorfer Honorarberater.
Jürgen Wetzel von der Ökofinanz Schönau bietet ebenfalls Honorarberatung an. Er weist darauf hin, dass Honorarberater weitere Gelder an ihre Kunden weitergeben. Zum Beispiel die jährlichen Bestandsprovision, die Anlageberater von Fondsgesellschaften erhalten, wenn der Kunde am Investmentfonds festhält. Wetzel empfiehlt Interessenten, die Produkte und die Beratung als Gesamtpaket zu betrachten. Unterm Strich sei es oft günstiger, in eine Honorarberatung zu investieren und dadurch die Produkte zu günstigeren Bedingungen zu erhalten, als sie sich „kostenlos“ von einem Berater vermitteln zu lassen und dafür alle Gebühren zu entrichten.
Ein wesentlicher Faktor ist laut Wetzel die Unabhängigkeit des Honorarberaters. Schließlich werde er nicht wie bei der kostenlosen Beratung von den Produkt-Anbietern bezahlt, sondern von seinem Kunden. Der bleibe nur Kunde, wenn er gut beraten werde. Die Vergütung der Beratung kann sich am Anlagevolumen orientieren wobei der Zeitaufwand des Honorarberaters einzukalkulieren ist. „Zwei Prozent des Gesamtbetrages sind hierbei ein übliches Honorar“, so Wetzel. Er bietet seinen Kunden auch Baustein-Modelle für die Honorarberatung an. Etwa ein Paket aus zwei Gesprächsterminen und seiner Vorbereitung eines Anlagekonzepts. Hierfür seien in der Regel etwa 450 Euro zu zahlen.

Beide Honorarberater sind auf nachhaltige Investments spezialisiert. Nach ihrer Einschätzung erfordern diese keinen erhöhten Beratungsbedarf. Martin Lessing sieht aber eine Parallele zwischen der steigenden Nachfrage für nachhaltige Geldanlagen und dem von ihm verzeichneten gestiegenen Interesse an Honorarberatung. Jürgen Wetzel stellt fest, dass Kunden diese Form der Beratung meist überhaupt nicht kennen. Er warnt vor „Pseudo-Honorarberatern“, die entweder nicht die erforderliche Qualifikation mitbringen oder entgegen den üblichen Standards nicht alle Gebühren und Provisionen an den Kunden weitergeben. Im Zweifel solle man sich an Mitglieder im Verbund Deutscher Honorarberater (VDH GmbH) halten.
Dem VDH haben sich nach eigenen Angaben über 270 Beratungsunternehmen angeschlossen. Auf seiner Homepage kann man sich ins Kontaktformular eintragen und eine Kontaktempfehlung erhalten. Auf dieser Seite sind auch Standards für die Honorarberatung festgehalten. Sie verlangen im Kern, dass der Kunde eines Honorarberaters ausschließlich für dessen Beratungsleistung bezahlt und versteckte Kosten ausgeschlossen sind. Ein weiteres Portal vermittelt Interessen ebenfalls den Kontakt zu Honorarberatern. Unter www.berater-lotse.de kann man seine Postleitzahl eingeben und erhält die Kontaktdaten des nächstgelegenen Honorarberaters. Das ist hilfreich, da es in Deutschland davon bislang nur wenige Hundert gibt.
Schon bald dürfte deren Anzahl jedoch stark zunehmen, denn in der Anlageberatung vollzieht sich derzeit ein Umbruch. So verlangt die neue EU-Vermittlerrichtlinie eine höhere Qualität der Beratung und ein Abstimmen der Produkte auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden. Die so genannte Mifid (Markets in Financial Instruments Directive) gilt als das neue Grundgesetz des Finanzmarkts. Mit dem Alterseinkünftegesetz steigt zudem der Beratungsaufwand für Vorsorgeprodukte, auch dies macht die herkömmliche Anlageberatung immer unrentabler. Und aufgrund der neuen Transparenzvorschriften müssen die Kunden verstärkt über die Kosten der Produkte aufgeklärt werden. Sie erhalten somit immer mehr Einsicht darin, wie teuer sie eine „kostenlose“ Beratung tatsächlich kommt. Honorarberatung heißt: Know how verkaufen, nicht Produkte.
Das Ausland gibt hier den Trend bereits vor. In den skandinavischen Ländern sind Provisionen in der Finanzdienstleistung und damit die Fixierung des Beraters auf den Abschluss bereits seit Jahren verboten. Dort ist vielmehr die Honorarberatung übliche Praxis. Auch in der Schweiz und in den USA haben Honorarberatungen das am Abschluss orientierte Kundengespräch weitgehend ersetzt.
Bildhinweis: Jürgen Wetzel und Martin Lessing bieten Honorarberatung an. / Quelle: Unternehmen