Erneuerbare Energie, Fonds / ETF

Weltweiter Klimaschutz tritt auf der Stelle - dennoch weiter großes Potential für Erneuerbare Energien

Ernüchtert haben viele Experten auf den Abschluss der Weltklimakonferenz im südafrikanischen Durban reagiert. Ganz anders Bundesumweltminister Norbert Röttger. Der begrüßte das „Paket von Durban“ als einen „großen, wegweisenden Erfolg für den globalen Klimaschutz“. Das Ergebnis sei „ein qualitativer Sprung nach vorne. Wir haben jetzt das Fundament und die Dynamik für ein internationales Klimaschutzabkommen erreicht, das erstmalig für alle gilt“, so Röttgen. Besonders bedeutsam sei der Beschluss, ab sofort ein internationales Klimaschutzabkommen vorzubereiten, das alle Länder binden soll. Auf dieser Basis habe sich die Konferenz auf eine zweite Verpflichtungsperiode für das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll verständigt. Außerdem soll es einen Aktionsplan für mehr Klimaschutz geben, um bis zum Abschluss eines rechtsverbindlichen Abkommens die Minderungsmaßnahmen der Staaten zu erhöhen. Auch Christiana Figueres vom Klimasekretariat der Vereinten Nationen zog eine positive Bilanz. Durban habe den Weg freigemacht für ein globales Klimaregime.

Ganz anders sehen es Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace, die von einem großen Versagen der Gipfelteilnehmer spricht . „Der Abgrund zwischen den dringend notwendigen Maßnahmen und dem politischen Willen ist nach wie vor gigantisch“, stellt Regine Günther fest, Klimaexpertin des WWF Deutschland. Das angestrebte Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, sei so nicht erreichbar. „Die Rechnung für die gewissenlose Verweigerungshaltung von Staaten wie Russland, USA, Kanada und Japan geht voll zu Lasten der armen Länder, die sich zudem die notwendigen Anpassungsmaßnahmen nicht leisten können", so Günther.

Konkret haben die Vertreter von mehr als 190 Staaten in Durban ein mehrere hundert Seiten umfassendes Paket ausgehandelt. Das wichtigste Ergebnis dürfte die Fortschreibung des 2012 auslaufenden Klimaschutzprotokolls von Kyoto sein. Es ist Ende 1997 verabschiedet worden und stellt unter anderem die Grundlage für den EU-weiten Emissionshandel dar. Auch orientieren sich die EU-Staaten an den Klimaschutzzielen, auf die sie sich in diesem Klimaschutzprotokoll verpflichtet haben. Allerdings gelten die Klimaschutzverpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll nur für drei Dutzend Industriestaaten. Von denen haben Kanada, Japan, Russland und Neuseeland bereits angekündigt, sich an weiteren Klimaschutzverpflichtungen nicht beteiligen zu wollen. Die weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen, USA und China, haben das Kyoto-Protokoll gar nicht erst ratifiziert. Auf dessen Unterzeichner fallen nicht einmal 20 Prozent der weltweiten Emissionen.

Bei der nächsten Klimakonferenz Ende 2012 soll ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll ausgearbeitet werden. Die einzelnen Staaten sollen dazu bis Mai 2012 Vorschläge vorlegen. Darin festgelegte Reduktionen von Treibhausgasen könnte dann ab 2013 greifen. Bezeichnenderweise wird diese nächste Klimakonferenz in Katar stattfinden, einem bislang ganz von der Ölproduktion abhängigen Scheichtum. Bis spätestens 2015 soll dann ein Abkommen vereinbart werden, das auch die Klimaziele von Nicht-Kyoto-Staaten erfasst und ab 2020 in Kraft tritt. Das Problem: bis dahin schließt sich das Zeitfenster weiter, um noch rechtzeitig die weltweiten Treibhausgasemissionen so stark zu mindern, dass der Klimawandel den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Wert nicht über 2 Grad Celsius erhöht. Der Weltklimarat „United Nations Framework Convention on Climate Change“ (UNFCC), in dem die weltweit führenden Klimaforscher ihrer Erkenntnisse bündelt, warnt vor gefährlichsten Auswirkungen der Erderwärmung auf Natur, Menschen und die weltweite Wirtschaft, wenn diese Marke übertroffen wird.

„Ein rechtlich verbindliches Klimaschutzabkommen mit substanziellen Emissionsreduktionszielen wurde nicht nur nicht beschlossen, sondern es scheint auf absehbare Zeit unrealistisch zu sein. Trotz vielfältiger Investitionen in Energieeffizienz oder Erneuerbare Energien wird es immer unwahrscheinlicher, das 2°C-Ziel zu erreichen.“ Dieses Fazit zieht Eric Heymann von Deutsche Bank Research. Laut dem Experten der Denkfabrik der Deutschen Bank hat sich die Weltgemeinschaft „faktisch“ schon entscheiden, ob sie den Klimawandel rechtzeitig bekämpfen will oder sich nur darum bemüht, sich an dessen Auswirkungen anzupassen. „Nach Durban verfestigt sich der Eindruck, dass ein globales Klimaschutzabkommen mit deutlichen und rechtlich verbindlichen Reduktionszielen aller großen Emittenten grundsätzlich äußerst schwer zu erreichen ist und – wenn überhaupt – wohl zu spät kommt“, stellt er klar. Denn allein im letzten Jahrzehnt seien die energiebedingten CO2-Emissionen der Welt um mehr als 30 Prozent gestiegen. Der globale Energiehunger sei weiter gewaltig und werde auf absehbare Zeit weiterhin zu großen Teilen von fossilen Energieträgern gestillt.

Dennoch sei es richtig, dass viele Länder unabhängig von der internationalen Klimapolitik auf Energieeffizienz oder erneuerbare Energien setzen, betont der Experte von Deutsche Bank Research. Kleinere Ländergruppe – etwa die G20 – müssten verlässliche Koalition von Vorreitern schmieden, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Große Potenziale sieht er vor allem in der Energieeffizienz, dem Waldschutz oder in den erneuerbaren Energien. „Politik und Wirtschaft sollten weiterhin auf den technischen Fortschritt setzen und diesen fördern, da er die preisliche Wettbewerbsfähigkeit etwa der Erneuerbaren erhöhen wird“, so Heymann.

Man brauche "einen Wettlauf der Nationen, die mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten den Klimaschutz als ökonomische Chance nutzen", meint auch Hans-Josef Fell, Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen. Dieser Wettlauf habe längst begonnen. "Erneuerbare Energien, die wichtigste Klimaschutztechnologie, sind infolge rasant fallender Preise auf dem Vormarsch", so der Grünen-Politiker. Zudem müsse "die Nutzung der fossilen Rohstoffe in den Sektoren Energie, Transport, Bauen, Landwirtschaft und Chemie beendet und stattdessen konsequent auf eine Weltwirtschaft mit Nullemissionen umgestellt" werden. Der globalen Finanzwirtschaft komme bei der Umsetzung dieser Strategie eine Schlüsselrolle zu: "Nicht nur als Investor für den Klimaschutz, sondern auch als politischer Akteur, um die notwendigen politischen Regulationen einzufordern und durchzusetzen", betont Fell.

Hans-Josef Fell. / Quelle: Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen


Die Börsianer schätzen die Marktaussichten für Anbieter alternativer Energietechnologie offenbar wieder skeptischer ein. Das legt zumindest die Wertentwicklung der in Deutschland zugelassenen Erneuerbare-Energie-Fonds nahe. Die haben fast ausnahmslos in den letzten zwei Wochen an Wert gewonnen, mitunter sogar deutlich. In den letzen Tagen mussten sie aber den Großteil dieser Gewinne wieder abgeben, so dass sie auf Sicht von einer Woche fast alle im Minus liegen.
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