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„Wer ein nachhaltiges Bankangebot sucht, sollte sich nicht mit hellgrünen Varianten zufriedengeben“ - Christof Lützel, GLS Bank



Am 29. September 2012  findet in Hamburg die Messe 'Grünes Geld' statt. Der Eintritt zu der Ausstellung mit Kongress ist kostenlos. Dort stellen Anbieter nachhaltiger Investments die ganze Vielfalt dieses Anlagesegments vor: vom fest verzinsten Genussschein für Erneuerbare-Energie-Kraftwerke über Windfonds bis zu Bürgersolarprojekten. Zu den Ausstellern zählt auch die GLS Bank aus Bochum, die in Hamburg eine Filiale betreibt. Sie ist auch Goldsponsor der Messe Grünes Geld. Mehr zur Veranstaltung erfahren Sie Opens external link in new windowhier.

ECOreporter.de: Nachhaltige Banken haben hervorragende Wachstumsaussichten. Das hat vor kurzem eine Marktanalyse zum so genannten Social Banking festgestellt (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu unserem Beitrag über diese Studie). Demnach betreuen die sozial-ökologischen Finanzinstitute in Deutschland gegenwärtig rund 230.000 Kunden. Ihre Kredite und Einlagen sind von 2006 bis 2011 jedes Jahr um 20 bis 30 Prozent gewachsen. Und dennoch haben sie laut der vorgelegten Analyse ihr Potential bei weitem noch nicht erschöpft. Bei vielen Millionen Bundesbürgern gebe es eine deutliche Affinität für sozial-ökologische Bankangebote. Sieht die GLS Bank für sich wirklich so ein großes Kundenpotential?

Christof Lützel: Grundsätzlich hat uns dieses Ergebnis der Studie nicht überrascht. Derzeit zählen wir 132.000 Kundinnen und Kunden  und verzeichnen seit längerem ein Kundenwachstum von 20 - 30 Prozent pro Jahr. Es gibt keine Anzeichen, dass dieses Interesse nachlässt. Die Studie, die auf Befragungen von Verbrauchern basiert, hat unsere Vermutung nun mit konkreten Zahlen bestätigt.
Ein wesentlicher Grund dafür ist die seit Jahren anhaltende Bankenkrise. Viele Menschen sind aufgewacht, machen sich Gedanken und suchen eine sichere, aber auch sinnvolle Möglichkeit, Geld anzulegen. Bei der GLS Bank bekommen sie marktübliche Zinsen – und den nachhaltigen Nutzen als sozial-ökologische Rendite oben drauf. Denn wir nutzen die Einlagen der Kunden, um soziale, kulturelle und ökologische Projekte zu finanzieren. Zudem können unsere Kunden bei der Einlage mitentscheiden, in welche Bereiche ihr Geld fließen soll. Obendrein erstatten wir ganz offen Bericht darüber, welche Projekte und Unternehmen mit welchen Kreditsummen finanziert werden. So können unsere Kunden jederzeit nachvollziehen, was konkret mit ihrem Geld geschieht. Solche Transparenz schafft Vertrauen, das anderswo verloren gegangen ist.
Wir konzentrieren uns auf die Wurzeln des Bankgeschäftes, erzielen 90 Prozent unserer Gewinne mit der Vergabe von Krediten auf Basis der Kundeneinlagen. Für herkömmliche Banken hingegen spielt dieses Geschäft ja kaum noch eine Rolle, weil sie so auf die Renditemaximierung und ihre Gewinne, etwa aus dem Investmentbanking, fixiert sind.

ECOreporter.de: Wie will die GLS Bank weiteres Kundenpotential erschließen?

Lützel: Wir haben unsere Marketingaktivitäten ausgebaut, mit gutem Erfolg. In der Presse ist zudem zuletzt häufig über uns berichtet worden. Zusätzlich sind Veranstaltungen wie die Messe Grünes Geld eine gute Gelegenheit, um uns zum einen mit unseren Kunden auszutauschen und zum anderen mit Menschen ins Gespräch zu kommen, die uns noch nicht kennen. Denn viele Menschen sind offen für die Angebote einer nachhaltigen Bank, aber wissen noch nicht, wo sie sie finden.

ECOreporter.de: Auch herkömmliche Banken machen ihren Kunden sozial-ökologische Angebote, mit zunehmender Tendenz. Inwiefern stellt dies eine Konkurrenz für originär nachhaltige Banken wie die GLS Bank dar?

Lützel: Die Definitionen von Nachhaltigkeit liegen zum Teil weit auseinander und können – wie bei uns – sehr strengen Kriterien unterliegen oder – wie bei konventionellen Banken – recht weit gefasst sein. Wir sind überzeugt, dass Kunden, die die Nachhaltigkeit für sich entdecken und sich für nachhaltige Bankangebote interessieren, die Angebote sehr genau prüfen und sich nicht  mit „hellgrünen“ Varianten zufrieden geben.

ECOreporter.de: Bedroht der starke Kundenzuwachs nicht die Identität der GLS Bank? Wie stark können und müssen sich die vielen neuen Mitarbeiter mit dem besonderen Ansatz der GLS Bank identifizieren?


Lützel: In der Tat haben wir aufgrund des enormen Kundeninteresses in den letzten Jahren mehrere Dutzend Mitarbeiter eingestellt. Nicht nur die Kunden sind nachdenklich geworden, auch viele Kundenberater haben in den letzten Jahren begonnen, sich nach einer anderen Form von Bankgeschäften umzusehen. Sie streben eine Tätigkeit an, die sinnvoll ist und sich nicht nur darin erschöpft, irgendwelche Produkte zu verkaufen. Trotz Bankenkrise hat sich ja bei der herkömmlichen Bankberatung kaum etwas verändert. Und das frustriert viele, gerade die, die über den Tellerrand hinaus blicken. Bei uns existiert kein Vertriebsdruck noch gibt es variable leistungsabhängige Komponenten. Stattdessen stehen die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Kunden im Fokus der Beratung.
Für viele sehr gut qualifizierte Kundenberater ist die Arbeit bei einer nachhaltigen Bank genau das, wonach sie suchen.  Dies führt dazu, dass wir bei der Auswahl von Bewerbern sehr wählerisch sein und darauf achten können, ob sich ein neuer Mitarbeiter tatsächlich mit der GLS Bank und ihren Zielen identifiziert.

ECOreporter.de: Welche weitere Entwicklung erwarten Sie für das nachhaltige Banking?

Lützel: Wie die Studie festgestellt hat, sind viele Millionen Bundesbürger, mindestens jedoch drei Millionen grundsätzlich offen für unsere Art des Bankgeschäfts. Nicht nur wegen der gegenwärtigen Krise. Auch wenn diese endlich überwunden wird, wird die GLS Bank sich weiter gut entwickeln. Unser Geschäftsmodell, auf Nachhaltigkeit und Transparenz zu setzen, ist zukunftsfähig und Bankkunden erkennen die Möglichkeiten, die eine inhaltliche Ausrichtung ihrer Geldanlage mit sich bringt.  Es muss sich nur weiter herumsprechen, dass es uns gibt.

ECOreporter.de: Herr Lützel, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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