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Wie die Prokon-Pleite die Welt der Windkraftbeteiligungen verändert hat

Kein Erneuerbare-Energien-Unternehmen hat so viel Kapital bei Privatanlegern eingesammelt wie der Windkraftprojektierer Prokon. Und nicht nur dank der aggressiven und gefühlt allgegenwärtigen Werbung, die der Windprojektierer in öffentlichen Verkehrsmitteln, Funk, Fernsehen und Internet verbreitete, ist wohl kaum ein Erneuerbare-Energien-Unternehmen so bekannt wie Prokon. Wie wirkt sich die spektakuläre Pleite auf die Deutschlands Windkraftbranche und auf die Windkraft als Geldanlagesegment aus? Und was unterscheidet andere Windkraft-Direktinvestmentanbieter von Prokon?  Dazu äußern sich Windkraftprojektierer und Initiatoren von Direktbeteiligungen gegenüber ECOreporter.de.

ECOreporter.de: Der Windkraftprojektierer Prokon aus Itzehoe hat Insolvenz beantragt. Davon betroffen sind 75.000 Kleinanlger, die 1,4 Milliarden Euro investiert haben Wie wirken sich die aktuellen Debatten um die Verschärfung des  Anlegerschutzes und die Risiken von Windkraft-bezihungsweise Erneuerbare-Energien-Direktbeteiligungen auf ihr Alltagsgeschäft aus?

Martin Betzold, Green City Energy AG (langjähriger Initiator von Erneuerbare-Energie-Beteiligungen):
„Wir bedauern die Entwicklung bei Prokon sehr. Leider sind auch einige unserer Anleger betroffen. In unserer Auftaktveranstaltung zum Kraftwerkspark II haben wir das Thema offen angesprochen und dargelegt, inwiefern GCE ein anderes Geschäfts- und Beteiligungsmodell verfolgt. Unsere Anlegerinnen und Anleger reagieren sehr sachlich, es gibt hier natürlich einige Nachfragen, die wir detailliert beantworten.“

Thomas Hartauer, Lacuna AG (Emissionshaus aus Regensburg mit mehreren geschlossenen Fonds zu Windparks):
„Aktuell spüren wir hier eine Verunsicherung der Anleger, die sich in gehäuften Fragen widerspiegelt. Bislang gelingt es uns sehr gut, den Unterschied zwischen dem Prokon System  und einer Investition in Kommanditanteile eines  konkreten fertig entwickelten Windparks  darzustellen. “

Sven Moorman, juwi-Gruppe, Wörrestadt (international tätiger Grünstrom-Projektierer mit Unternehmenssparte für Direktbeteiligungen):
  „Für die juwi-Gruppe war 2013 ein erfolgreiches Jahr. Auch in dem für erneuerbare Energien schwierigen Jahr 2013 hat die juwi-Gruppe ein deutlich positives Ergebnis erreicht. Details zum Geschäftsjahr und ein Ausblick auf 2014 werden auf der juwi-Jahrespressekonferenz Mitte März 2014 in Berlin vorgestellt. Das Geschäftsmodell der juwi-Gruppe unterscheidet sich ganz wesentlich vom angeblichen Geschäftsmodell des genannten Unternehmens. Wesentlicher Gegenstand des Geschäftsmodells der juwi-Gruppe ist es, Projekte im Bereich erneuerbare Energien zu entwickeln und zu realisieren. Anschließend werden die Projekte veräußert, beispielsweise an Stadtwerke, Energieversorger oder Versicherungsgesellschaften, aber auch an Bürgerfonds oder Energiegenossenschaften.
Die Zusammenarbeit mit Banken bei der Projektfinanzierung ist üblich bei juwi wie auch in der Branche. Dass das in den Medien kritisierte Unternehmen aus Norddeutschland weitgehend auf Bankkredite verzichtet haben soll und stattdessen hoch verzinste Genussrechte in Milliardenhöhe eingeworben hat, halten wir für untypisch für die Branche erneuerbarer Energien.
Unsere Anleger haben wir schon immer umfangreich über Chancen und Risiken der Kapitalanlagen informiert und hier auf Transparenz gesetzt:  In der Studie ‚Klimafreundliche Geldanlage‘ bewerteten die Verbraucherzentralen Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein im November 2013 die Risikohinweise bei dem letzten Kapitalmarktprodukt von juwi für zureichend und kritisierten zugleich, dass dies jedoch bei weitem kein Standard in der Branche sei.“

Bildquelle: Transport eines Windradrotors für ein Projekt der juwi-Gruppe in Deutschland. / Quelle: Unternehmen


Alexander Koffka, ABOwind AG / ABO Invest AG, Wiesbaden (börsennotierter Windkraftprojektierer / Grünstromanlgenbetrieber):
„Die Prokon-Pleite ist keine Überraschung. Wir weisen in Gesprächen seit Jahren auf Unstimmigkeiten hin. Die Verunsicherung hält sich bei unseren Kunden daher in Grenzen. Wer bereits bei ABO Wind oder ABO Invest Geld angelegt hat, weiß Transparenz, strenge Investitionskriterien und ein tragfähiges Geschäftsmodell zu schätzen. Diese Anleger haben gute Erfahrungen gemacht und werden uns auch weiter die Treue halten. Es dürfte künftig aber schwerer werden, neue Kunden für grüne Geldanlagen zu begeistern. Der Schaden für die gesamte Branche ist immens.“

Ein Unternehmen, das wie Prokon Genussrechte zum Bau von Grünstromanlagen herausgegeben hat, ist die Windwärts GmbH aus Hannover. Windwärts hat seine Genussrechteanleger unlängst darüber informiert, dass für 2013 keine Zinsen ausgezahlt werden. Hintergründe dazu liefert  dieser Artikel. Darin nimmt das Unternehmen auch dazu Stellung, inwiefern es Parallelen zum Fall Prokon gibt. Fakten und Hintergründe rund um das Geschäftsmodell von Prokon, die Misere bis zum Insolvenzantrag und dazu was Anwälte betroffenen Anlegern raten finden Sie auf dieser  Sonderseite (Link entfernt).

Alle vier in dem heutigen Beitrag befragten Unternehmen sind unter anderem in Bayern aktiv. Dort steht die Einführung einer neuen Abstandsregel beim Bau von Windrädern im Raum.  Was diese so genannte 10H-Regel für die Unternehmen und ihre Anleger bedeutet, wie sie die Regel bewerten und wie sie die Chancen einschätzen, dass diese Regel tatsächlich kommt. Dazu nehmen die Befragten in  diesem Beitrag Stellung.

Die Umfragereihe wird fortgesetzt. Im dritten und letzten Teil geht es um die viel kritisierten Energiewende-Pläne von Bundesminister Siegmar Gabriel. Was bedeuten die vorgesehenen Kürzungen bei der Einspeisevergütung für Windstrom zu Lande für die Branchenvertreter und wie reagieren sie?
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