Einfach E-Mail-Adresse eintragen und auf "Abschicken" klicken - willkommen!
Finanzdienstleister, Interview
Wie viel Wirtschaft brauchen wir für unseren Wohlstand? Interview mit dem EthikBank-Vorstand
Die EthikBank wird „volljährig“. Klaus Euler, Vorstandsvorsitzender der nachhaltigen Bank aus Thüringen, blickt im ECOreporter-Interview zurück auf die Anfänge seines Instituts. Und er erläutert, welche Geldanlagen seine Kunden in Zeiten von Corona besonders interessieren.
Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.
ECOreporter: Ob durch Fridays for Future oder andere Entwicklungen: Vielerorts ist zu hören, dass nachhaltige Geldanlage immer erfolgreicher wird. Die Ethikbank ist schon lange dabei - merken Sie derzeit Änderungen, etwa mehr Neukunden?
Klaus Euler: Die Zahl unserer Kundenkonten beläuft sich aktuell auf rund 36.000, davon sind rund die Hälfte Girokonten. In diesem Bereich, der ein Kennzeichen für eine Hausbankverbindung bei der EthikBank ist, spüren wir ein Anziehen von Kontoneuanfragen. Jährlich erreichen uns in diesem Bereich rund 1.000 neue Girokontoanträge. Verstärkt wird dieser Trend auch durch den gesetzlich vorgeschriebenen Kontowechselservice, der den Bankwechsel zu einer sozial-ökologischen Bank noch einfacher macht.
Können Sie erkennen, was die Kunden zurzeit bei der Geldanlage besonders bewegt?
Das Interesse unserer Kunden fokussiert sich zunehmend auf den Aufbau einer Hauptbankverbindung. 50 Prozent unserer Konten sind mittlerweile Girokonten. Daneben bewegt unsere Kunden in Zeiten von ausufernder Staatsverschuldung im Kontext der Corona-Krise insbesondere die Investition in die eigene Immobilie.
Die öffentliche Diskussion des Klimawandels führt ebenfalls dazu, dass sich mehr Menschen mit dem Thema „Was macht meine Bank eigentlich mit meinem Geld?“ auseinandersetzen und auf der Suche nach Banken sind, die die Gelder der Kunden nicht in Klimakiller, wie z.B. Kohlekraftwerke, investieren.
Wenn Sie das vergleichen mit der Anfangsphase der EthikBank, waren die Kundinnen und Kunden damals anders?
Die EthikBank wird in 2020 volljährig. Sie wurde vor 18 Jahren, im Jahr 2002 gegründet. Während in der Anfangsphase ausschließlich Kunden mit ausgeprägter sozialer und ökologischer Einstellung den Weg zur EthikBank fanden, wird das Thema der nachhaltigen Bankverbindung zunehmend auch für die Mitte der Gesellschaft zum Kriterium für die Wahl ihrer Bank. Motivation ist hier das zunehmende Bewusstsein für die Notwendigkeit einer sozial und ökologisch ausgerichteten Gesellschaft.
Noch einmal alles auf Start: Was hat eigentlich dazu geführt, die EthikBank zu gründen?
Die Geschichte der EthikBank begann bereits im Jahr 1999, als wir beschlossen, in der Volksbank Eisenberg (Mutterunternehmen) Förderkonten anzubieten: ein Frauen-, ein Umwelt- und ein Ethikkonto. Wer sein Geld dort anlegte, sollte eine sichere Rendite erhalten und einen kleinen Teil des Ertrages einem guten Zweck zuführen.
Nur ein Jahr später wurde ein Journalist, der sich auf „Grünes Geld“ spezialisiert hatte, auf unser Förderkonzept aufmerksam. Dieser empfahl uns, eine „Grüne Bank“ zu etablieren und klare, nachhaltige Anlagekriterien einzuführen. An diesem Punkt empfanden unsere damalige Prokuristin und ich zunächst nur Ratlosigkeit.
Wie war es praktisch möglich, soziale und ökologische Kriterien in das Tagesgeschäft einer Bank zu etablieren?
Wir nahmen uns viel Zeit, überlegten und diskutierten – bis es Ende 2001 schließlich so weit war: Wir kamen zu dem Entschluss: „Wir gründen eine „Grüne Bank“.“
Zunächst recherchierten wir, ob es schon Ratingagenturen gab, die ethisch-orientierte Anlagekriterien aufgestellt hatten. Dabei stießen wir auf imug rating in Hannover, mit denen wir bis heute vertrauensvoll zusammenarbeiten. Gemeinsam mit Silke Riedel, damals Mitarbeiterin bei imug rating, erarbeiteten wir die ersten Anlagekriterien, die wir im Laufe der Jahre immer mehr verfeinerten.
Eine Bank zu gründen, hört sich nicht nach einem Sprint an, eher nach Marathon.
Doch, im Anschluss ging alles sehr schnell. Von Ende 2001 bis November 2002 trafen wir alle Vorbereitungen zum Markteintritt der EthikBank. Die IT-Plattform und ein Internetauftritt mussten geschaffen und alle Prozesse einer sozial-ökologischen Direktbank verankert werden. Die Schlichtheit und Schlüssigkeit des Zeitablaufs lässt heute die Anstrengungen kaum erahnen, die das Jahr 2002 uns abverlangte.
Gegründet wurde die EthikBank 2002 als Anbieter für Geldanlagen und Girokonten. Seit 2011 bietet die EthikBank verstärkt das Kreditgeschäft an. Mit dem ÖkoKredit werden die energetische Sanierung privater Wohnhäuser, Elektroautos und kleinere Solaranlagen finanziert. Geld für größere Solaranlagen stellt die Photovoltaik-Finanzierung bereit. Der ÖkoBaukredit fördert den Bau von Ökohäusern und energieeffiziente Altbausanierung.
Heute, 18 Jahre nach unserer Gründung, ist die EthikBank eine sozial-ökologische Direktbank für Privatkunden und kleine und mittelständische Unternehmen mit der kompletten Produktpalette einer Universalbank.
Ihre Bank hat ihre Heimat im thüringischen Eisenberg. Sind die Kunden insbesondere aus der Region, oder führen Bankpolitik und -name auch zu bundesweiter Kundschaft?
Unsere Kunden kommen von Anfang an aus der gesamten Republik. Glaubwürdigkeit, Mitbestimmung und Transparenz sind ihnen wichtig. Spekulative Geschäftsmodelle lehnen sie dagegen ab; eine ethisch-ökologische Geldverwendung ist ihnen wichtig. Geografisch kommen unsere Kunden neben Thüringen schwerpunktmäßig aus den städtischen Zentren der Republik.
Die Rahmenbedingungen für das Bankgeschäft sind heute anders als zur Gründungszeit der EthikBank. Wir haben Niedrigstzinsen und Milliarden, die von der Europäischen Zentralbank in den Markt gelangen. Aber wie wirkt sich das auf Frau und Herrn Normalverbraucher aus?
Die meisten Staaten der Europäischen Union sind hoch verschuldet. Die Corona-Krise hat diese Situation durch Rettungsmaßnahmen nochmals drastisch verschärft.
Um seine Verschuldung in den Griff zu bekommen, wird Europa sein Wirtschaftswachstum nach dem Motto „Mehr desselben“ weiter schuldenfinanziert steigern. Diese Geldmenge ist allein seit dem Jahr 2000 von 4,9 Billionen Euro um 265 Prozent auf nunmehr 13,0 Billionen Euro in der EU angestiegen. Diese Geldpolitik (Negativzinspolitik) hat für Frau und Herrn Normalverbraucher deutliche Konsequenzen. Sie führt zu einer Umverteilung von unten nach oben und damit zu einer weiteren Spreizung zwischen Arm und Reich.
Wer profitiert?
Zunächst einmal Vermögensbesitzer, da das von der EZB in die Volkswirtschaft gepumpte Geld händeringend nach Investitionsmöglichkeiten sucht und insbesondere die Immobilienpreise deutlich steigen lässt. Normale Sparer werden dagegen durch negative Realzinsen schleichend enteignet. Die private Rentenvorsorge einer ganzen Generation wird sich durch einen veränderten Rechnungszins deutlich reduzieren. Nebenbei werden die natürlichen Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen heute ebenfalls schon verbraucht, um dieses Wachstum zu finanzieren.
Im Ergebnis wird durch die geldpolitischen Maßnahmen der EZB weiterhin nur Zeit gekauft, um die notwendigen Anpassungsprozesse in den ökologischen und ökonomischen Systemen nicht vornehmen zu müssen. Die EthikBank plädiert dafür, das exponentielle Wirtschaftswachstum mit seinem übermäßigen Konsum grundlegend zu reflektieren. Die zentrale Frage ist letztlich, wie viel wirtschaftliche Aktivität wir für unseren gesellschaftlichen Wohlstand überhaupt brauchen.
Welche Änderungen haben Sie bei den Wünschen der Kundschaft in der Corona-Krise bemerkt?
Die EthikBank ist eine Direktbank. Da wir mit unseren Kunden telefonisch und elektronisch kommunizieren, gibt es in der Corona-Krise keine wesentlichen Änderungen im Verhalten unserer Kunden.
Die EthikBank hat sich einem neuen Rechenzentrum angeschlossen. Was wird da berechnet, warum war das notwendig?
Die beiden genossenschaftlichen Rechenzentren haben sich in 2015 zusammengeschlossen. Die EthikBank wird als eine der letzten genossenschaftlichen Banken auf die einheitliche Plattform wechseln. Wir haben uns auf diese Migration nunmehr seit über zwei Jahren vorbereitet. Für unsere Kunden werden sich insbesondere die Benutzeroberflächen im Online-Banking ändern. Erfahrungsgemäß wird in den ersten Tagen nach einer solchen „Herzoperation“ nicht alles auf Anhieb klappen. Hierfür bitte ich schon heute unsere Kunden um Verständnis.
Herr Euler, vielen Dank für Ihre Antworten!
Zur Person:
Klaus Euler ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Mitteldeutschland aufgewachsen. Er absolvierte eine Ausbildung bei der regionalen Sparkasse, wurde danach Verbandsprüfer und schließlich Vorstand der Volksbank Eisenberg. 1996 gründete Euler die Direktbank Volksbank Eisenberg Direkt, 2002 dann die EthikBank, der er bis heute vorsteht.
Über die EthikBank:
Die EthikBank investiert das Geld ihrer Kunden auf der Basis ethisch-ökologischer Anlagekriterien. Dabei legt sie den Prozess des Ethik-Research im Internet (Ethik-Kompass) bis ins Detail offen. Dieser mündet in Positiv- und Negativlisten für Staaten und Unternehmen. Transparenz leistet die EthikBank in ihrer "gläsernen" Bank. Dort ist jeder Kundenkredit, jedes Wertpapier und jede Beteiligung veröffentlicht.