Erneuerbare Energie, Anleihen / AIF

"Wind ist eine chaotische, keine gleichbleibende Größe" - ECOreporter.de-Interview über Windgutachten mit Sylvia Schubert, BBB Umwelttechnik GmbH

Ob eine Windkraftanlage ein gutes Investment ist, hängt vom Wind ab. Wie der Wind an einem Standort wehen wird, sollen Windgutachten voraussagen. Doch wie aussagekräftig sind Windgutachten? Darüber haben wir mit der Windgutachterin Sylvia Schubert von der BBB Umwelttechnik GmbH gesprochen. Das Interview mit ihr ergänzt unseren zweiteiligen Beitrag, in dem Herbert Schwartz, Inhaber der Windgutachten-Gesellschaft anemos-jacob GmbH, Stellung zu den Möglichkeiten und Grenzen von Windgutachten bezogen hat (per Opens external link in new windowMausklick gelangen Sie zu dem Beitrag).

ECOreporter.de: Über welche Qualifikation muss ein Windgutachter verfügen?

Sylvia Schubert: Windgutachter sollten einen klimatologischen oder meteorologischen Hintergrund haben, um zu wissen wie Wind entsteht und durch was er beeinflusst wird. Weiterhin kommt es auf Erfahrungen mit den jeweiligen Berechnungstools an. Wichtig sind auch Erfahrungen mit (statistischen) Analysen von Daten. Sich in den Grundzügen mit der Anlagentechnologie auszukennen ist auch von Vorteil, wenn es einerseits um die Analyse von Betriebsdaten für die Validierung der erstellten Modelle geht oder auch um die verwendeten Leistungskennlinien einschätzen zu können.

ECOreporter.de: Was muss ein Windgutachten beinhalten?

Schubert: Neben den Erträgen der Anlagen gibt es viele weitere Parameter, die nach gängigen Standards und Richtlinien (TR6, MEASNET) dokumentiert werden müssen, um das Potenzial am Standort zu beschreiben und eine gewisse Transparenz hinsichtlich der Berechnungsmethodik zu erwirken.

ECOreporter.de: Welche Faktoren sind für die Qualität eines Windkraft-Standortes hinsichtlich der Windverhältnisse ausschlaggebend?

Schubert: Eine exponierte oder küstennahe Lage, geringe Rauigkeiten, keine oder wenig Abschattung durch benachbarte Windkraftanlagen sprich große bzw. ausreichende Abstände zwischen diesen.

ECOreporter.de: Wie genau kann man die Windernte im Voraus berechnen?

Schubert: Im flachen Gelände belaufen sich die Berechnungsunsicherheiten bei durchschnittlicher Datengrundlage i.d.R. auf 8-14 Prozent. Je komplexer das Gelände ist, desto höher fallen die Unsicherheiten aus, die bis zu 25 Prozent erreichen können. Die Genauigkeit einer Ertragsberechnung resultiert immer aus der Güte der Datengrundlage.

ECOreporter.de: Gibt es unterschiedliche Berechnungsmethoden?


Schubert: Prinzipiell werden Berechnungen mit WAsP (flaches Gelände) und mit CFD-Modellen (komplexes Gelände) unterschieden.

ECOreporter.de: Wodurch ist die Unabhängigkeit eines Windgutachtens gewährleistet? Verringern „strenge“ Gutachten nicht die Aussicht auf weitere Aufträge der Kunden?

Schubert: Die Akkreditierung gibt einige Sicherheiten, da nach Standards gearbeitet werden muss. Dennoch gibt es Spielräume. Prinzipiell werden meistens mindestens zwei Gutachten angefertigt; wenn sie stark voneinander abweichen, muss Rechenschaft abgelegt werden. Das versuchen Gutachter zu vermeiden. Eher optimistisch oder konservativ rechnende Gutachter sind zudem in der Branche bekannt und mit den Ergebnissen kann z.B. im Rahmen einer Due Diligence (Projektprüfung) umgegangen werden.

ECOreporter.de: Windertragsgutachten kommen zuweilen zu sehr verschiedenen Ergebnissen. Wie ist das zu erklären? Inwiefern gibt es vereinheitlichende Standards für das Erstellen von Windgutachten?

Schubert: Es gibt die Technische Richtline 6 der FGW, ein Standard des Bundesverbandes Windenergie (BWE), und eine Richtlinie der MEASNET, nach denen gearbeitet wird. Auch bei Einhaltung der Standards sind unterschiedliche Ergebnisse möglich. Diese resultieren aus unterschiedlicher Datengrundlage und unterschiedlicher Herangehensweise in der Modellerstellung und –validierung.

ECOreporter.de: Wie aussagekräftig kann ein Windertragsgutachten überhaupt sein?

Schubert: Im Rahmen der Unsicherheiten sind Windgutachten valide. Prinzipiell sind sie so aussagekräftig wie die Datengrundlage es zulässt.

ECOreporter.de: In den letzten Jahren haben viele Windfonds ihre Prognosen verfehlt, weil die Annahmen für das Windaufkommen zu optimistisch waren. Sind daran die Windgutachter schuld oder die Anbieter der Windfonds?

Schubert: Die schlechte Datengrundlage.

ECOreporter.de: In den letzten Jahren war das Windangebot sehr häufig unterdurchschnittlich, gemessen am mittleren Windwert aus den Jahren 1996 bis 2009. Wie ist das zu erklären? Ist man vielleicht von falschen Basisdaten ausgegangen?

Schubert: Berechnet nach allen mir bekannten Datengrundlagen, gab es in den letzten Jahren tatsächlich etliche unterdurchschnittliche Windjahre, auch einige überdurchschnttliche. Diese Schwankungen sind ganz normal. Wind ist eine chaotische, keine gleichbleibende Größe.

ECOreporter.de: Frau Schubert, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
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