Anleihen / AIF

Windpark läuft schief - aber die Ursache bleibt im Dunkeln




174 Anleger investierten insgesamt rund 2,5 Millionen Euro in den geschlossenen Fonds Windpark Möbisburg GmbH & Co. KG, der 2005 von der Ventimotor GmbH aus Erfurt-Möbisburg initiiert wurde. Die elf Windräder des Parks lieferten jedoch von Beginn an weit weniger Strom als berechnet. Der Windpark lief also nie rentabel. In einem Rechtsstreit setzten die Anleger den Fonds-Geschäftsführer Stephan Hloucal ab. Als Chef der Ventimotor GmbH war er zugleich Initiator des Fonds.

Die Beteiligungsgesellschaft UDI UmweltdirektInvest-Beratungs mbH  hatte 2005 exklusiv den Vertrieb des Fonds übernommen. UDI initiiert seit 1999 auch selbst geschlossene Fonds und andere Direktbeteiligungen an Wind- Solar- und Biogasanlagen im In- und Ausland.  Georg Hetz ist Geschäftsführer von UDI. Die Vorwürfe, das Management des Windfonds Möbisburg habe Stromertragsprognosen vorsätzlich geschönt, kann er nicht nachvollziehen.  „Nach Fertigstellung des Windparks in 2006 gab es einige schwache Windjahre, wie auch der BDB Windindex zeigt. Dies traf alle Windparks in Deutschland je nach Standort mehr oder weniger. Leider ist der Standort Möbisburg eine besonders negative Ausnahme“, sagt Hetz. Allerdings sei inzwischen klar, dass der Windpark Möbisburg auch in guten Windjahren nicht im Stande sei, die 2005 prospektierten Werte zu erreichen. Das Problem: Mehrere Windgutachter hätten Windertragsprognosen gestellt, die allesamt zu  deutlich überhöhten Ergebnissen gekommen seien, so Hetz. Im Vertrauen auf diese Gutachten sei das gesamte Projekt begonnen worden.
Bildnachweis: UDI-Geschäftsführer Georg Hetz./ Quelle: Unternehmen

„Es lagen vier Windgutachten renommierter Institute und Gutachter vor. Für die Planrechnung hat der Initiator nicht die beste Windprognose zugrunde gelegt, sondern den Durchschnitt aus den vier Gutachten. Zusätzlich wurden 3,5  Prozent technische Abschläge und 5 Prozent Sicherheitsabschlag berücksichtigt.“, blickt Hetz zurück.

Gegen die These, die Fondsprognose sei vorsätzlich geschönt worden, spricht aus der Sicht von Hetz auch die Tatsache, dass die Sachsen LB (heute LBBW) nach einer eigenen Prüfung bereitwillig den Großteil des rund 21,1 Millionen Euro teuren Windparks finanzierte: „Die Finanzierung konnte damals mit sehr günstigen Zinskonditionen von 3,75 und 3,8 Prozent jährlich für zehn Jahre Zinsfestschreibung abgeschlossen werden. Die Fremdkapitalqoute betrug beachtliche 88 Prozent - die Bank wäre diese Finanzierung sicher nicht eingegangen, wenn sie nicht die Gutachten und die Planung für valide gehalten hätte“, so Hetz.

Und aus der Sicht von UDI gab es 2005 neben den vier Windgutachten  auch weitere Argumente dafür, dass es  sich  bei dem Windpark um eine „lukrative und sinnvolle Kapitalanlage“ handele, wie Hetz sagt - unter anderem hochwertige Windräder des Herstellers Enercon mit umfassenden Garantien und Versicherungen.

Erstellt worden seien die Gutachten von der Kuntzsch GmbH,  der Cube Engeneering GmbH, dem Messinstitut WindConsult und der Anemos Gesellschaft für Umweltmeteorologie GmbH, alle samt Experten mit gutem Ruf in der Branche, wie Hetz betont. Diese Experten kamen auf Nettoerträge zwischen 32,7 und 35 Millionen Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Alle vier Gutachter hätten auch Ertragswerte vergleichbarer Windprojekte der Region berücksichtigt. Der Fonds kalkulierte seinerseits schließlich mit weniger als 31 Millionen kWh Nettoertrag. Immer noch viel zu viel, wie sich herausstellen sollte: Bereits 2007 habe sich abgezeichnet, dass der Windpark nicht in der Lage sein würde, seine Stromertragsprognose zu erfüllen.

Zwei weitere Windgutachten sollten Gewissheit bringen. „Die Anemos GmbH erstellte auf Basis der Ist-Zahlen 2008 eine Nachberechnung sowie eine Einschätzung der zukünftigen durchschnittliche Ertragswerte, die auf einen Wert von 25,8 Millionen kWh pro Jahr kommt. Bei diesem  jährlichen Werten läge der dauerhafte über 30 Jahre betrachtete Windertrag rund 16,5 Prozent unter der ursprünglichen Prognose“, sagt Hetz. Die tatsächlichen Ertragswerte hätten jedoch bis zu 36 Prozent unter den ursprünglichen Prognose-Werten gelegen. Darüber wie der gravierende Unterschied zwischen Ist- und Soll zustande kam, seien die Experten ratlos gewesen. Dazu zitiert Hetz folgendes aus einem Nachfolgegutachten von 2008: „Für die sehr hohe tatsächliche Differenz finden wir trotz sorgfältigster Nachberechnung keine Erklärung“.

Vor diesem Hintergrund habe UDI wie auch das Fondsmanagement nach Lösungen gesucht. So sei auf Betreiben von UDI damals schon mit potenziellen Investoren gesprochen worden, die an der Übernahme des Windparks zu angepassten wirtschaftlichen Konditionen interessiert gewesen seien. Zu dem Verkauf kam es je doch nicht. Stattdessen entbrannte ein Rechtsstreit zwischen der Fondsgeschäftsführung und den Anlegern, der dazu führte, dass Dr. Christian Herz von der Firma Ökofair neuer Geschäftsführer des Windparks Möbisburg ist. Eine Anfrage von ECOreporter.de, mit welcher Strategie Herz den Fonds künftig weiterführen wird, ist bislang unbeantwortet.   

Einige Fonds aus der Pionierphase der Windkraft in Deutschland in den 90er Jahren machen ihren Anlegern keine Freude, weil sie weniger Erträge bringen als kalkuliert.  UDI-Geschäftsführer Georg Hetz zufolge kann das mehrere Gründe haben. Zum einen habe es mehrere schwache Windjahre seit der Jahrhundertwende gegeben, zum anderen griffen Windgutachter im Vergleich zum heutigen Stand auf eine kleinere Datenbasis für ihre Windgutachten zurück. Dennoch: „Im Windbereich sind Schwankungen normal, sehr viel stärker als bei Solar; sie bedeuten das unternehmerische Risiko“, stellt UDI-Geschäftsführer Hetz klar. Deshalb sei es für Anleger stets unerlässlich, die Angebote genau zu prüfen.

Im laufenden Jahr hat die Windkraft als Geldanlagethema eine Renaissance  erlebt. Dass Risiko überhöhter Windgutachten sei dabei allerdings inzwischen geringer als zur Jahrhundertwende: „2012 liegen sehr viel mehr Referenzwerte vor - sowohl aus den bisherigen Windjahren als auch aus den bisher betriebenen Anlagen. Schließlich sind mehr als die Hälfte der rund 22.000 Windkraftanlagen in Deutschland älter als zehn Jahre“, so Hetz. Damit liege eine wesentlich umfangreichere Datenbasis vor, auf der Gutachten aufbauen könnten.
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