Erneuerbare Energie

„Wir analysieren sehr genau die Risiken und Chancen der Finanzierungsanfragen“. - ECOreporter.de-Interview zum Thema Leasing von Erneuerbare Energie Projekten

Martin Mielke ist der Leiter vom Kompetenzcenter Energie bei Disko Part of GE Capital Solutions. Nach eigenen Angaben zählt das Unternehmen zu den führenden deutschen Leasinggesellschaften für Objektfinanzierung. Seit Anfang 2007 gehört es zu GE Capital Solutions und ist Teil des US-Konzerns General Electric (GE). Gegenüber ECOreporter.de erläutert Mielke unter anderem das größte Marktpotential im Bereich der Erneuerbaren Energien, für welche Projekte aus diesem Bereich sich Leasing-Finanzierungen anbieten, wie die Chancen und Risiken dabei verteilt sind.


ECOreporter.de: Inwiefern ist Leasing ein sinnvolles Instrument für die Finanzierung von Erneuerbare Energie Projekten?

Martin Mielke: Leasing ist eine interessante Alternative zu Darlehen. Die Vorteile des Leasings sind sehr vielfältig und können in Abhängigkeit der Projektstruktur und der Kundenverhältnisse variieren.Die Leasingkonzepte der Disko Part of GE Capital Solutions für Energieanlagen werden individuell an die jeweiligen Projektbesonderheiten, den Kundenbedürfnissen und –möglichkeiten angepasst. In der Regel wird angestrebt, eine an den flüssigen Mitteln, also Cashflow-orientierte Finanzierung aufzubauen. Durch die einmalig fest vereinbarten Leasingraten für Leasinglaufzeiten von bis zu 10 Jahren gewinnt der Kunde eine enorme Kalkulationssicherheit und kann die Wirtschaftlichkeit der Anlage gut vorhersagen.Mit unseren Leasingmodellen bieten wir unter anderem den Vorteil von geringem Eigenkapital, d.h. unsere Finanzierungslösung schont die Liquidität des Anwenders.Bereits in der Projektierungs- und Bauphase wird der Kunde durch uns begleitet. Wir übernehmen die Bau- oder Zwischenfinanzierung, die Leasingraten werden jedoch erst ab Inbetriebnahme der Anlagen fällig. Die Lieferanten und Kunden können die Anlage dadurch sicher fertig stellen.Am Ende der Leasinglaufzeit genießt der Nutzer höchste Flexibilität. Es bestehen Optionen, die Energieanlage zu erwerben, der Kunde kann aber auch die Objekte zurückgeben oder sich für eine Verlängerung des Leasingvertrages bis zur möglichen Anschlussfinanzierung entscheiden.

ECOreporter.de: Wie schätzen Sie in diesem Bereich das Marktpotential ein?

Martin Mielke: Die erneuerbaren Energien sind bezüglich des Marktpotentials sicher differenziert zu betrachten. Letztlich bestimmen immer noch die Gesetze und die umweltpolitischen Zielsetzungen stark den Markt. Wir konnten aufgrund der Unsicherheiten der bevorstehenden Novellierung  des Erneuerbare Energie Gesetzes (EEG) in den letzten 12 Monaten einen Einbruch an Bauaufträgen für Bioenergieanlagen feststellen. Nach der jüngsten Verabschiedung der Novelle ist die Nachfrage nach solchen Anlagen wieder gestiegen.
Im Bereich der Biogasanlagen auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen (NaWaRo) und vergärungsfähiger, organischer Abfälle sehe ich momentan das größte Potential aller Bioenergien in Deutschland und Europa. Die Ressourcen und technischen Entwicklungen sind noch nicht ausgeschöpft. Neben dem Anbau spezieller Energiepflanzen kann jeglicher Bioabfall, Straßenbegleitgrün oder einfacher Grasschnitt bisher ungenutzter Flächen in Biogasanlagen CO2- und CH4-neutral zur Biogaserzeugung verwendet und energetisch in Form von Strom und Wärme genutzt werden.
Gerade durch die Kraft-Wärme-Kopplung und die Speichermöglichkeiten bei Bioenergieanlagen haben diese gegenüber der Windkraft und Photovoltaik eklatante Vorteile. Dennoch haben Wind und Solar genauso Ihre Berechtigung im Energiemix der Zukunft. Deshalb bieten wir unseren Kunden auch für Windkraft und für Solaranlagen unsere Finanzierungsprodukte an. Theoretisch kann jede optimal ausgerichtete Dachfläche für die Produktion von solaren Strom und –Wärme genutzt werden. Bisher ist erst ein Bruchteil realisiert. Mit Steigerung des Absatzes reduzieren sich seit Jahren kontinuierlich die spezifischen Investitionskosten für Photovoltaikanlagen. Wenn 1993 noch etwa 10.000 bis 15.000 Euro je Kilowattstunde (kWp) installierter Solarleistung zu bezahlen war, so liegen die Preise heute zwischen 3.600 und 4.600 Euro je kWp.
Neben Biogas-, Sonne- und Windenergie werden neue interessante Teilmärkte erschlossen. So bieten in Zukunft die Geothermie, Feststoffverölung und –vergasung, die Brennstoffzellen- und viele andere Technologien Marktpotentiale, die bisher nur erahnt werden.
Die Industrieunternehmen und Anlagenbauer haben die Marktchancen der verschiedenen Möglichkeiten erkannt und bauen regelmäßig Ihre Produktions- und Absatzkapazitäten aus. Auch durch die politischen Abkommen und Regelungen und die dramatische Preisentwicklung bei Öl und Kohle ist ein neuer Markt mit erheblichen Potentialen entstanden. Trotz aller Energieeinsparungen steigt der Energiebedarf täglich. Viele alte Kraftwerke entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik und müssen erneuert oder durch mehrere dezentrale Energieerzeugungsanlagen ersetzt werden.

ECOreporter.de: Wie ist es gegenwärtig beim Leasing von Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien um die Nachfrage bestellt?

Martin Mielke: Die Nachfrage nach dezentralen kleinen bis mittleren regenerativen Energieanlagen ist in Deutschland wieder gestiegen. Die Wachstumszahlen und -potentiale sind weltweit ungebrochen. Der Ausbau erneuerbaren Energien wird nahezu weltweit gefördert. Sicher behält Deutschland für einige Teilsegmente die derzeitige Führungsposition technologisch sowie bei den  Produktionskapazitäten im Anlagenbau und in der Stromgewinnung.

ECOreporter.de: Was kann Ihr Unternehmen in diesem Bereich interessierten Kunden anbieten? Über welches Know-how und welche Erfahrungen verfügt Ihr Unternehmen beim Leasing von Projekten im Bereich der Erneuerbaren Energien?

Martin Mielke: Die Disko hat im April 2006 das Kompetenzcenter Energie ins Leben gerufen. Ich bin seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn im Bereich der regenerativen Energien tätig. Nach zwei Jahren intensiver Aufbauarbeit des Kompetenzcenter weisen wir ordentliche Erfolge bei dem Abschluss von Leasingverträgen auf.
Strategisch überlegen wir regelmäßig, welchen Marktanforderungen wir uns stellen. In den letzten zwei Jahren stand ganz deutlich die Biogastechnologie im Vordergrund. Photovoltaik begleiten wir genauso. Durch die intensive Zusammenarbeit mit Industriebereichen von General Electric (GE), z. B. GE Jenbacher, GE Wind, GE Solar und mit Drittanbietern können wir auf zusätzliches beratendes und technisches Know-how und Marktzugänge im Rahmen der Absatzfinanzierung zurückgreifen.
Wir analysieren sehr genau die Risiken und Chancen der Finanzierungsanfragen. Hierzu zählen neben der Kundenbonität die Wirtschaftlichkeitsprognose, die Nachhaltigkeit der Inputsubstrate sowie die Werthaltigkeit der Gesamtanlage über die Laufzeit.

ECOreporter.de: Wen sehen Sie als Konkurrenten an?

Martin Mielke: Wir sehen uns bei den Kunden eher als Ergänzung zu seinen Hausbanken, weil wir mit unserem speziellen Know-how oft kundenorientiertere Objektfinanzierungen anbieten können als viele Bankhäuser. Die Hausbanken sollten dennoch stark in den Vorhaben involviert sein, da hierüber Betriebsmittel und Nebenkosten abgedeckt werden. Mit unseren Modellen erhalten der Kunde und seine Bank gleichermaßen die Chance, in anderen Kernsegmenten weiter zu investieren. Bei einer Leasingvariante werden die Kreditlinien des Kunden bei der Hausbank nicht belastet.
Dennoch sind unsere stärksten Wettbewerber die Hausbanken, die durch langjährige Zusammenarbeit sicher viele Vorteile bei der Kundenbindung haben. Jedoch können meist nicht die Vorteile aus unseren individuellen und objektgebundenen Finanzierungsprodukten geboten werden.

ECOreporter.de: Wer kommt als Kunde in Frage, wer nicht?

Martin Mielke: Zu unseren Kunden zählen ausschließlich Gewerbetreibende und Kommunen. Im Bereich Biogas sind diese überwiegend Landwirte oder Entsorgungsbetriebe; bei Photovoltaik Gewerbetreibende unterschiedlichster Branchen, die Ihre Gebäude zusätzlich sinnvoll nutzen möchten. Außerdem zählen zu unseren Kunden Contractoren, die wiederum Dritte mit Energie, insbesondere den Medien Wärme, Kälte, Lüftung oder Druckluft, versorgen.
Disko begleitet derzeit keine Fonds oder Finanzinvestoren. Reine Projektfinanzierungen ohne strategischen Partner im Hintergrund begleiten wir im Moment nicht.
Auch wenn gerade im Bereich der Photovoltaik ein vom Investitionsvolumen her interessanter Privatmarkt existiert, bieten wir keine „Energieleasing-Produkte“ für Privatpersonen an.

ECOreporter.de: Was müssen Kunden für Ansprüche erfüllen, um mit Ihnen ins Leasing-Geschäft zu kommen?

Martin Mielke: Der Kunde sollte mindestens drei Jahre erfolgreich Gewerbetreibender oder Landwirt sein und über ausreichend Liquidität verfügen, um unseren moderaten Vorstellungen des Eigenleistungsanteils gerecht zu werden. Idealerweise bindet der Kunde einen Generalunternehmer - also nur einen Lieferanten - für die gesamte Anlage. Die Vorteile eines solchen Lieferkonzeptes liegen besonders im Ausschluss der Schnittstellenrisiken gegenüber der Bindung mehrerer Lieferanten.
Für das Vorhaben sollte ein strategisches Interesse vorliegen. Der Unternehmer muss klare Ziele vorweisen, dokumentiert über die Darstellung des Gesamtkonzeptes.
Für den Betrieb von Energieanlagen sollte nachhaltig die stetige Substratbeschaffung gesichert sein. Bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen ist es von Vorteil, wenn die Landwirte aus eigenen Flächen zumindest die Mengen Rohstoffe produzieren können, die im Worst Case Szenario erforderlich sind. Als Richtwert sollten mind. 65 Prozent der Substrate auf eigenen Flächen erwirtschaftbar sein.
Letztlich ist ein wichtiges Detail das Zusammenspiel, die berühmte ‚Chemie’ untereinander. Werden die Unterlagen wunschgemäß aufbereitet und zeitnah eingereicht, so erhält jeder Partner eine zeitnahe Kreditentscheidung, um sein Investitionsvorhaben zügig umsetzen zu können.

ECOreporter.de: Für welche Bereiche der Erneuerbaren Energien ist Leasing sinnvoll bzw. besonders sinnvoll?

Martin Mielke: Das ist eine Frage, die nicht pauschal beantwortbar ist. Die Sinnhaftigkeit einer Investition und der Finanzierungsform ist eher von den kundenspezifischen Möglichkeiten als von einer Alternative selbst abhängig. Grundsätzlich sehen wir uns in der Lage, eingeführte und bewährte Technik zu verleasen. Für die Finanzierung innovativer, neuer Technologien, die noch keine Marktreife erlangt haben, sollte eher auf Darlehen oder Venture Capital zurückgegriffen werden. Für eingeführte Technik können wir individuelle Leasinglösungen erarbeiten. Diese Lösungen sollten immer Vorteile bieten, damit wir den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht werden. Die Vorteile des Leasings variieren auch beim Energieanlagenleasing sehr.

ECOreporter.de: Wo liegen beim Leasing von Erneuerbare Energie Projekten die Chancen, wo die Risiken?

Martin Mielke:
Die Chancen liegen bei dem Kunden, die Risiken bei uns.
So könnte man antworten, so einfach ist es dann jedoch nicht. Dadurch, dass bei Leasing das Eigentum bei uns liegt, hat der Kunde am Ende der Laufzeit seine optimale Lösung für die weitere Nutzung des Leasingobjektes zu überlegen: Kauf, Rückgabe oder Verlängerung. Wir tragen zunächst das Vermarktungsrisiko. Eine weitere Chance liegt in der Flexibilität während der Laufzeit. Sollten triftige Gründe vorliegen, die dem Kunden zu vorzeitigen Veränderungen veranlassen – z.B. Erweiterung der Anlage – haben Leasinggesellschaften meist flexiblere Möglichkeiten, auch Bestandsverträge anzupassen.
Eine zusätzliche Chance ergibt sich aus dem klassischen Leasing-Dreiecksverhältnis Kunde- Lieferant- Leasinggesellschaft. Letztlich sind alle drei über die Geschäftsstruktur auch über die Bauzeit hinaus aneinander gebunden. Bei entstehenden Konflikten können drei Partner oft schnellere und für alle Seiten bessere Lösung herbeiführen als bei der herkömmlichen Zweier-Variante Kunde-Lieferant und Kunde-Bank.

ECOreporter.de: Welche Laufzeiten sind bei den Leasingverträgen solcher Projekte üblich?

Martin Mielke: Die Laufzeiten von Leasingverträgen für Energieanlagen betragen in Abhängigkeit der Technik, der Kundenbedürfnisse, der Wirtschaftlichkeitsprognose, besonderer Standortfaktoren und der bewerteten Chancen und Risiken in der Regel 5 bis 10 Jahre.

ECOreporter.de: ECOreporter.de: Wann bzw. inwiefern sind Kündigungen möglich?

Martin Mielke: Letztlich können wir dem Kunden besondere Vertragsvarianten anbieten – den kündbaren Leasingvertrag – bei dem ein ordentlicher, frühester Kündigungstermin vorher abgestimmt wird. Der frühste Kündigungstermin liegt aufgrund der zugrundeliegenden Abgabeordnung bei 40 Prozent der steuerlichen Abschreibungszeit des finanzierten Objektes.
Die Leasingverträge sehen außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten vor, eine genaue Definition eines außerordentlichen Ereignisses wäre jedoch in sich widersprüchlich.
Ein Vertrag wird gegenseitig geschlossen, die Partner erreichen eine Win-Win-Situation. Sollte ein Vertragspartner außerordentlich kündigen wollen, darf der andere Partner natürlich nicht schlechter gestellt werden, als wenn es nicht zu diesem Ereignis gekommen wäre.

ECOreporter.de: Herr Mielke, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Bildhinweis: Martin Mielke / Quelle: Unternehmen; Biogasprojekt von Schmack Biogas / Quelle: Unternehmen
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