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Anleihen / AIF, Crowd-Investment
Crowdinvesting: Durchbruch für grünen Wasserstoff? Sind 6 % Zins für Anleger angemessen?
Deutschland soll Vorreiter in Sachen Wasserstoff werden. Die Bundesregierung will dafür mehrere Milliarden Euro investieren. Davon könnte ein Unternehmen profitieren, das grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig machen möchte und derzeit ein Crowdinvesting mit 6 Prozent Zins pro Jahr anbietet. Sind das Unternehmen – und seine Anleger – mit der richtigen Technologie zur richtigen Zeit am richtigen Ort? ECOreporter hat beim Unternehmen nachgefragt und bewertet das Crowd-Angebot.
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Bei dem Crowdinvesting handelt es sich um Nachrangdarlehen mit einem Zins von 6 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit bis Ende Januar 2025. Die Vermittlung des Angebots erfolgt über die Internet-Plattform enapter-invest. Anbieterin und Emittentin der Nachrangdarlehen ist die Enapter GmbH, die 2018 in Berlin gegründet wurde. Ihr Geschäftsführer ist Jan-Justus Schmidt, der – zumindest zum Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Unternehmensregister – seinen Wohnsitz in Pisa in Italien hat. Sein Vater Sebastian-Justus Schmidt, Gründer der Unternehmensgruppe, hat ECOreporter Fragen zur Enapter GmbH, den Hintergründen und den Plänen des Unternehmens beantwortet.
Bei Elektrolyseuren (auch Elektrolyser genannt) handelt es sich um Vorrichtungen, in denen Wasser durch Zuführen von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Die Emittentin möchte die Herstellung von Elektrolyseuren zur Massenproduktion ausbauen, um den Anschaffungspreis zu senken. Damit soll die Gewinnung von grünem Wasserstoff wettbewerbsfähig werden im Vergleich zu den Produktionskosten für Kraftstoffe wie Öl und Gas. Grüner Wasserstoff entsteht dabei durch die Nutzung von Grünstrom, wie ihn z. B. Solar- oder Windenergieanlagen erzeugen. Die Technologie der Enapter-Gruppe ist die AEM (Anion Exchange Membrane) – Elektrolyse. Ihre AEM-Elektrolyse benötigt nach Angaben von Enapter kein Platin und keine anderen Edelmetalle.
Hoher Finanzierungsbedarf
Das geplante Emissionsvolumen des Crowdinvestings von bis zu 6 Millionen Euro ist Teil einer geplanten Gesamtfinanzierung, die laut Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) insgesamt 87 Millionen Euro betragen soll. Geplant ist laut VIB eine Eigenkapital-Erhöhung von 25 Millionen Euro sowie der Erhalt von Fremd- bzw. Fördermitteln von 56 Millionen Euro. Die ersten unterschriebenen Verträge für die Eigenkapitalerhöhung liegen nach Angaben der Emittentin vor. Für den Spätsommer erwartet das Unternehmen ein Eigenkapitalpolster, das für die nächsten zwei Jahre keine neuen Investitionsrunden erforderlich machen soll.
Herr Schmidt, wie ist die Enapter-Gruppe entstanden?

Firmengebäude von Enapter. / Foto: Unternehmen
Sebastian-Justus Schmidt: Ich war mein Leben lang IT-Unternehmer und habe lange Zeit in Hongkong verbracht, wo ich auch heute noch ein Büro habe. Mitte 2014 traf ich die italienische Firma ACTA spa. auf einer Messe in Singapur. Die Firma baute Stromversorgungssysteme, basierend auf Wasserstoff mit einer einzigartigen Technologie: der AEM-Elektrolyse. Diese Technik war von dem Unternehmen selbst entwickelt worden. Ich kaufte vier Electrolyser-Einheiten sowie zwei Ballard-Brennstoffzellen zur Stromversorgung unseres Hauses in Thailand.
Im September 2017 lud ich Freunde zu einem Ideen-Workshop nach Bangkok ein. Mit dabei waren auch Enapter-Co-Founder Vaitea Cowan und Jan-Justus. Aus diesem Workshop heraus ist dann Enapter entstanden. Ich glaube, Anfang Oktober 2017 rief der Insolvenzverwalter des Nachfolgeunternehmens unseres Electrolyser-Herstellers an und bot das Unternehmen zur Übernahme an. Das Unternehmen war zu diesem Zeitpunkt ausgelaugt: elf Mitarbeiter, hohe Schulden, Löhne der letzten Monate nicht gezahlt, im Unternehmen selbst extremer Reparaturstau der gesamten Labor- und Produktionsanlagen etc.
Warum haben Sie sich trotzdem entschieden, das Unternehmen zu übernehmen?
Aus drei Gründen. Die AEM-Technologie birgt Potenzial, und wir sind uns sicher, dass wir die Kosten der Systeme massiv reduzieren können. Zudem haben wir die Skalierungsmöglichkeiten der Systeme erkannt. Uns geht es langfristig nicht um die Einzelsysteme: Die Elektrolysemodule können in wenigen Jahren einfach und günstig zu gigantischen Systemen skaliert werden. Und der dritte Grund war, dass mein Sohn Jan-Justus sich entschieden hatte, vor Ort in Pisa in Italien den Aufbau voranzubringen.
Im Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) (Stand: 15.3.2020) wird nur die Enapter GmbH mit Sitz in Berlin erwähnt. Im Internet findet sich die Darstellung „Enapter ist ein Unternehmen mit Sitz in Pisa (Italien) und Niederlassungen in Deutschland, Thailand und Russland“. Ist diese Darstellung noch aktuell?
Das ist aktuell. Als Holding fungiert die BluGreen Company Limited/Hong Kong. Sie hält die Anteile an der Enapter GmbH - mit derzeit 10 Mitarbeitern - in Deutschland und der Enapter S.R.L. in Italien. Gewinne werden in den jeweiligen Tochtergesellschaften auch steuerlich behandelt. Es bestehen keine Ergebnisabführungsverträge zwischen den Gesellschaften, und diese sind auch nicht beabsichtigt. Bilanziell konsolidiert wird auf Ebene der BluGreen Company Limited. Die italienische S.R.L. wurde Ende 2017 von der BluGreen übernommen. Insgesamt sind in der Enapter-Gruppe derzeit 96 Mitarbeiter weltweit in Vollzeit beschäftigt. Wir sind momentan dabei, uns Gedanken über eine geänderte Unternehmensstruktur zu machen. Die Welt besteht aus Veränderungen.
Welche Rolle spielt die Emittentin des Crowd-Angebots innerhalb der Unternehmensgruppe? An welches Unternehmen leitet die Emittentin das Crowdinvesting-Kapital weiter?
Die Enapter-Gruppe plant den Aufbau einer Massenproduktion in Deutschland. Unter dem Projektnamen „Enapter Campus“ werden am Standort Deutschland bis zu 120 Millionen Euro investiert und bis 2024 über 200 neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Emittentin, die Enapter GmbH, leitet das Geld nicht innerhalb der Gruppe weiter. Es ist Teil des Gesamtfinanzierungskonzepts für den Enapter Campus, der durch die Enapter GmbH betrieben wird.
Wie ist der Stand bei der geplanten Produktionshalle der Enapter GmbH?

Produktion bei Enapter. / Foto: Unternehmen
Derzeit sind wir in den finalen Verhandlungen über einen Standort in Deutschland. Durch Corona hat es einige ungewollte Verzögerungen gegeben. Nach unserem jetzigen Zeitplan planen wir den Baubeginn im zweiten Quartal 2021 und die Fertigstellung im vierten Quartal 2022.
Mit einer – laut Jahresabschluss 2018 – Bilanzsumme von rund 27.500 Euro und einem Anlagevermögen von rund 1.900 Euro gehört die Emittentin zu den sehr kleinen Unternehmen. Hat sich das 2019 verändert? Über wie viel Liquidität verfügt die Emittentin?
Die aktuelle Liquidität (20.06.2020) beträgt 25.000 Euro, das Abrufguthaben beträgt 380.000 Euro aus der Gruppe.
Wer besitzt die Patentrechte an der Enapter-Technologie?
Die Patente und Rechte für die Software liegen komplett bei der Muttergesellschaft BluGreen, die als Holding fungiert, die weltweiten und umfassenden Patente der AEM-Technologie bei der Enapter S.r.L. (Italien).
Wie weit können nach Ihrer Einschätzung die Kosten für den Enapter Electrolyser und für grünen Wasserstoff gesenkt werden?
Im Jahr 2017 hat der Electrolyser 15.900 Euro gekostet. Im April 2020 kostet der Enapter Electrolyser 9.000 Euro und ist ein modernes System mit einer ausgeklügelten Steuerung. Außerdem ist die Effizienz um 8 Prozent gestiegen – das macht einen erheblichen Wettbewerbsvorteil aus. Die Systeme werden in den beiden nächsten Jahren auf dem Weg zur Massenfertigung kleiner, und die Leistungsfähigkeit wird ebenfalls weiter steigen. Derzeit fertigen wir in einer Serienfertigung in Pisa, die wir Ende 2019 begonnen haben. Mit der Serienfertigung können wir in den nächsten Monaten Skaleneffekte erreichen, die bei voller Auslastung den Systempreis auf ca. 5.000 bis 6.000 Euro bringen werden. Erst in der Massenproduktion können wir Preise von 2.500 Euro und darunter anpeilen. Um Kosten (Investitionsausgaben) von unter 1,50 Euro pro Kilogramm Wasserstoff zu erreichen, ist die Massenproduktion zwingend notwendig.
Wie schätzen Sie die Nationale Wasserstoffstrategie und die in deren Rahmen geplanten Maßnahmen ein? Sind sie überzeugend?
Ja, die Strategie der Bundesregierung wird von uns überwiegend positiv gesehen. Die Maßnahmen helfen zwar zuerst den großen Infrastrukturfirmen, aber es hat sich auch gezeigt, dass durch wachsende Infrastruktur des Marktes letztendlich alle Marktteilnehmer erhebliche Chancen haben, sofern die Unternehmen innovativ und schnell sind.

Elektrolyseur von Enapter. / Foto: Unternehmen
Denken Sie, dass auch die Enapter GmbH von der Nationalen Wasserstoffstrategie profitieren kann?
Ja, deutlich und in mehrfacher Hinsicht. Erstens: Es hilft, Wasserstoff generell als einen der zentralen Energieträger der Zukunft zu definieren. Zweitens: Die Anfragen nach dezentralen Lösungen haben sich in den letzten Tagen massiert. Das ist etwas, was in der nationalen Strategie nicht behandelt wird, aber im Bereich der Energietechnologie seit langem diskutiert wird. Drittens: Eine wachsende Wasserstoff-Economy wird zu Preissenkungen für viele Systeme wie Kompressoren, Speicher, Brennstoffzellen etc. führen. All das wird einen erheblichen Push für unsere modularen Electrolyser geben.
Die Enapter-Gruppe macht übrigens ca. 75 Prozent ihres gesamten Umsatzes im Ausland. Wir haben u.a. Kunden in Japan, China, Thailand – insgesamt in mehr als 33 Ländern. Dass bei der Nationalen Wasserstoffstrategie davon ausgegangen wird, Deutschland zum Technologieführer im Bereich Wasserstoff zu machen, wird von uns nachhaltig unterstützt.
Haben Sie schon konkrete Punkte der Wasserstoffstrategie identifiziert, die es der Enapter GmbH ermöglichen, Fördergelder zu beantragen?
Das werden wir mit Sicherheit noch genau untersuchen. Wir haben in der letzten Woche von unseren Partnern und Kunden sehr positive Rückmeldungen erhalten, da diese Förderanträge für Projekte stellen werden. Unser Businessplan ist nicht auf das Erhalten von Fördergeldern ausgerichtet, allerdings sind natürlich Förderungen willkommen und führen zu geringeren Kosten und schneller in die Profitabilität.
Herr Schmidt, besten Dank für die Antworten!
Fazit:
Die Enapter-Gruppe verfügt über eine Technologie zur Erzeugung von grünem Wasserstoff, die Potenzial hat und voraussichtlich auch von der Nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung profitieren kann. Die Ziele von Enapter sind ehrgeizig, was die Kapitaleinwerbung, den Ausbau der Produktionskapazitäten und die Senkung der Kosten für grünen Wasserstoff betrifft. Es besteht das Risiko, dass sie das Vorhaben nicht plangemäß umsetzen kann. Eine Investition in die Emittentin in der derzeitigen frühen Unternehmensphase ist mit hohen Risiken verbunden – daher ist der Zinssatz des Crowdinvesting-Angebots von 6 Prozent pro Jahr niedrig.