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Gut erklärt - Best-in-Class-Ansatz
Das ist gut am Best-in-Class und das nicht
Wird durch die Anlagestrategie mehr nachhaltig investiert? Oder schaden Best-in-Class-Verfahren dem Image der grünen Geldanlage?
Pro
Ein Unternehmen wird als nachhaltig geadelt, obwohl es insgesamt nur wenig Nachhaltigkeit leistet. Dem steht ein gravierender Nutzen gegenüber: Nämlich, dass man mit einer Rangliste der Nachhaltigkeitsbesten innerhalb einer Branche einen Wettbewerb um mehr Nachhaltigkeit anstößt.
Gerade für Unternehmen aus nicht nachhaltigen Branchen ist es attraktiv, in einem solchen Nachhaltigkeitsranking der Branche oben zu stehen. Also entwickeln immer mehr Konzerne Nachhaltigkeitsstrategien und setzen diese um, um Pluspunkte zu sammeln und sich im Ranking hochzuarbeiten. Kein Branchenbester kann sich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Er kann bei jedem neuen Ranking seinen Spitzenplatz wieder verlieren und muss sich daher immer weiter verbessern.
Mit dem Ergebnis, dass viele Belastungen von Mensch und Umwelt in problematischen Sektoren verringert und immer höhere Nachhaltigkeitsstandards entwickelt werden.
Dow Jones Sustainability Index fährt mit Best-in-Class
Nach der Bank Sarasin haben auch andere Anbieter von nachhaltigen Anlageprodukten das Best-in-Class-Verfahren erprobt und weiterentwickelt. So wurde 1999 mit dem Dow Jones Sustainability Index (DJSI) ein erster Nachhaltigkeitsindex gestartet, der Aktien mit hoher Marktkapitalisierung aus aller Welt und aus allen Branchen enthält. Hierbei kooperierte der herkömmliche Index-Anbieter Dow Jones mit der auf Nachhaltigkeit spezialisierten Sustainable Asset Management (SAM) aus Zürich, die heute als RobecoSAM firmiert.
An diesem nachhaltigen Weltindex haben sich schnell viele institutionelle Investoren ausgerichtet und so erste Erfahrungen mit nachhaltigem Investieren gesammelt. Auch andere nachhaltige Weltindizes, etwa der FTSE4Good, bei dem die Financial Times Gruppe mit den Nachhaltigkeitsanalysten der britischen EIRIS (Ethical Investment Research Service) kooperiert, setzen auf den Best-in-Class-Ansatz.
Hemmschwellen abgebaut und verschiedene Spielarten entwickelt
Insgesamt hat es die Attraktivität des Best-in-Class-Ansatzes wesentlich erleichtert, institutionelle Investoren für die Nachhaltige Geldanlage zu gewinnen. Sie konnten die Hemmschwellen in Hinblick auf Anlagestreuung und Marktkapitalisierung umgehen und erfahren, dass Nachhaltigkeit an sich kein Anlagerisiko darstellt. Und auch risikoscheue Privatanleger fanden so leichter Zugang zur nachhaltigen Geldanlage, das sie nun auch in internationale Großkonzerne investieren konnten.
Mit der Zeit bildeten sich zwar verschiedene Spielarten aus, mit denen das Best-in-Class-Verfahren angewendet wurde. So unterscheiden sich Fonds und Indizes etwa darin, wie groß die Menge der Unternehmen in einer Best-in-Class-Auswahl ist. Strenge Ansätze lassen nur die zehn Prozent mit der besten Nachhaltigkeitsleistung für die nachhaltige Geldanlage zu, andere geben sich mit den besten 50 Prozent zufrieden.
Manche Akteure ergänzen das Best-in-Class-Verfahren noch um das ein oder andere Ausschlusskriterium. Dann gelten zum Beispiel beim Ausschlusskriterium Rüstung selbst die nachhaltigkeitsbesten Unternehmen eines Sektors nicht als investierbar, wenn sie von Rüstungsgeschäften profitieren. Andere Akteure wiederum begnügen sich weiterhin ganz damit, die nachhaltigkeitsbesten Unternehmen ihrer Branche zu ermitteln. Und die Kriterien, anhand derer diese Nachhaltigkeit bewertet wird, fallen unterschiedlich streng aus.
Contra
Mit den Jahren hat das Best-in-Class-Verfahren nicht nur wesentlich dazu beigetragen, dass immer mehr Anlagekapital nachhaltig investiert wurde und damit die Idee des nachhaltigen Investments und seiner speziellen Beurteilung von Unternehmen immer bekannter wurde. Es hat auch das Image des nachhaltigen Investments geschädigt.
Denn durch diesen Ansatz gelangten auch Aktien von Skandalunternehmen in die Portfolios nachhaltiger Fonds und brachten dem nachhaltigen Investment Vorwürfe des Etikettenschwindels ein.
Als der Ölmulti BP die Ölpest im Golf von Mexiko verantworten musste, zeigt sich, dass die BP-Aktie bei einer Reihe nachhaltiger Aktienfonds zu den größten Beteiligungen gehörte. Und als ein Tsunami das Atomkraftwerk des Energiekonzerns Tepco im japanischen Fukushima zerstörte, wurde bekannt, dass auch dessen Aktie zu den größten Positionen in einigen nachhaltigen Fonds zählte.
Doch auch jenseits solch spektakulärer Fehlgriffe können viele nicht verstehen, wie das Investment in einen Chemie- oder Automobilkonzern nachhaltig sein kann. Das nachhaltig ist nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit umweltfreundlich oder sozial, sondern auch lediglich umweltfreundlicher oder sozialer als der Rest bedeuten kann, leuchtet vielen nicht ein. Schon gar nicht, wenn die Bewertungen von Nachhaltigkeit sehr lax ausfallen. ECOreporter hat solche Missstände immer wieder ans Tageslicht gebracht.
Studie: Mehr als ein Viertel der "Öko"-Fonds in Öl und Gas investiert
Im Frühjahr 2012 sorgte eine Analyse des Journalisten Jochen Bettzieche für Aufsehen, in der er zehn Nachhaltigkeitsfonds untersucht hatte. Trotz der überschaubaren Anzahl der untersuchten Fonds erkannte der Autor einen bedenklichen Trend, dass viele Fondsbetreiber in nicht-nachhaltige Unternehmen investieren, die mit der ökologischen und der ethischen Komponente des Nachhaltigkeitsprinzips nicht vereinbar seien.
Mehr als ein Viertel der 731 Unternehmen, die in den Portfolios dieser zehn Nachhaltigkeitsfonds insgesamt vertreten waren, waren in der umweltschädlichen Öl- und Gasindustrie tätig. Bei 49 von den besagten 731 Unternehmen stellte Bettzieche Rüstungsgeschäfte fest, wobei er die Auffassung davon, was Rüstungsgeschäfte sind, sehr weit auslegte.
Nachhaltige Aspekte bleiben unsichtbar
Insgesamt hat die Titelauswahl nach dem Best-in-Class-Prinzip einen gravierenden Nachteil: es wird am Ende nur deutlich, welche aus Nachhaltigkeitssicht problematische Unternehmen hier im Portfolio auftauchen. Man sieht nicht, welche Akteure aus Nachhaltigkeitsgründen ausgeschlossen wurden.
Es bleibt also unsichtbar, dass hier nachhaltige Aspekte greifen. Man sieht nur, bei welchen Unternehmen sie nicht zum Verzicht auf das Investment geführt haben. Dem Vorwurf des Greenwashings kann man so schwer begegnen.