Matthias Gündel ist Rechtsanwalt der Göttinger Kanzlei GK-law. / Foto: Unternehmen

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Dünnere Prospekte, 8-Millionen-Grenze, schnellere Verfahren - Rechtsanwalt Matthias Gündel im Interview über das neue EU-Finanzrecht

Seit 21. Juli gilt die neue EU-Prospektverordnung. Was sich dadurch für Anbieter von Wertpapieren und für Anleger ändert, erläutert Dr. Matthias Gündel, Rechtsanwalt der auf Kapitalmarktrecht spezialisierten Göttinger Kanzlei GK-law.

ECOreporter: Herr Gündel, die neue EU-Prospektverordnung ist ein sehr komplexes Thema. Welche Neuerungen sind für Anbieter von Wertpapieren und für private Anleger wichtig?

Matthias Gündel: Die EU-Prospektverordnung ist Teil der bis Ende 2019 von der EU-Kommission geplanten Kapitalmarktunion. Damit diese gelingen kann, sollen unter anderem die bislang unterschiedlichen Prospektierungsvorgaben für Wertpapiere innerhalb der EU angeglichen werden.

Was die Neuerungen betrifft, so gibt es nun auf der einen Seite neue, vereinfachte Verwaltungsvorschriften für die Veröffentlichung der Prospekte sowie erweiterte Ausnahmen von der Prospektierungspflicht. Dadurch wird kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Zugang zu den Kapitalmärkten erleichtert. Die Erstellung von Wertpapierprospekten wird einfacher – und aufgrund ihres geringeren Umfangs werden diese Prospekte auch billiger.

Gleichzeitig soll auf der anderen Seite insbesondere auch für Privatanleger eine kompaktere Darstellung der wesentlichen Risiken von Finanzprodukten stattfinden – mit besser verständlichen Angaben zu möglichen Auswirkungen.

Was ändert sich konkret für Anbieter von Wertpapieren?

Die gute Nachricht für Emittenten und Anbieter öffentlicher Angebote von Wertpapieren in Deutschland: Die mit Wirkung zum 21. Juli 2018 bereits eingeführten Ausnahmen von der Prospektpflicht bleiben bestehen. Das heißt: Anbieter von z.B. Anleihen, Genussscheinen und Aktien müssen keinen Prospekt erstellen, wenn der Gesamtgegenwert des Angebotes über einen Zeitraum von zwölf Monaten mehr als 100.000 Euro, aber weniger als 8 Millionen Euro beträgt. Statt eines Prospekts können sie ein Wertpapierinformationsblatt, abgekürzt WIB, veröffentlichen. Der Prospektfreiheits-Schwellenwert von 8 Millionen Euro gilt nun auch für börsengelistete Emittenten und Banken ­– vorher waren es 5 Millionen Euro.

Für diejenigen Emittenten, die einen Prospekt erstellen müssen, gelten jetzt neue inhaltliche Anforderungen, um den Prospekt für Verbraucher besser verständlich zu machen. Das betrifft etwa die Prospektzusammenfassung. Damit Angebote für den Anleger besser vergleichbar sind, müssen Warnhinweise sowie Basisinformationen zum Emittenten, über die Wertpapiere und über das öffentliche Angebot oder die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zusammengefasst und, in vier Abschnitte gegliedert, auf maximal sieben Seiten dargestellt werden.

Auch das sogenannte einheitliche Registrierungsformular für Angaben zu Organisation, Geschäftstätigkeiten, Finanzlage, Ertrag und Zukunftsaussichten sowie Führung und Beteiligungsstruktur des Unternehmens ist neu. Gleiches gilt für den EU-Wachstumsprospekt mit kürzerem Inhalt, verkürzter Zusammenfassung sowie besonderen Standards für die Aufmachung. Das Ziel: Erschließung neuer Finanzierungsquellen für KMU und Senkung der Kosten der Kapitalaufnahme. Außerdem gelten nun neue Regeln zur Veröffentlichung von Prospekten, was Zeitpunkt, Form und einzureichende Daten angeht.

Werden Prospekte zukünftig schneller oder eher langsamer gebilligt werden?

Das Prospektbilligungsverfahren soll verkürzt werden. Zu diesem Zweck wurde etwa das neue einheitliche Registrierungsformular eingeführt. Im Unterschied zu bisherigen Registrierungsformularen kann dieses ohne vorherige Billigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hinterlegt werden, wenn es zuvor bereits in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren eingereicht und gebilligt worden ist. Durch die Billigung des Formulars erlangt der Emittent den Status eines Daueremittenten. Weil mit dem Registrierungsformular ein Hauptteil des Prospektes bereits genehmigt worden ist, sind dann die übrigen Dokumente – wie Wertpapierbeschreibung und Zusammenfassung – in einem beschleunigten Billigungsverfahren in einer Frist von nur fünf Arbeitstagen zu prüfen. Sonst sind es zehn Tage.

Was sind die wichtigsten Veränderungen für Privatanleger?

Für Privatanleger soll es nun einfacher werden, die für die Anlageentscheidung erforderlichen Informationen zu erhalten. Außerdem erhalten sie mehr Entscheidungsspielraum, denn für sie wurden die Einzelanlageschwellen angepasst. Privatanleger dürfen nun in Abhängigkeit von ihrem Nettoeinkommen maximal 25.000 Euro in eine einzelne Anlage investieren. Vorher waren es maximal 10.000 Euro.

Herr Gündel, wir danken Ihnen für das Gespräch!

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