Die Plattform SDG-Investments bietet Finanzprodukte an, die die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen verfolgen. / Foto: Unternehmen

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Wo Investoren auf Nachhaltigkeit treffen: Die neue Plattform SDG-Investments

"Impact und Rendite – das geht!" Die Gründer Frank Ackermann und Lars Hunsche im Interview.

ECOreporter: Entweder ökologisch oder sozial, vielleicht sogar beides: So sind nachhaltige Investments bisher. Sie bieten auf Ihrer Plattform nun Beteiligungen, Projekte und Finanzprodukte an, die sich an den Sustainable Development Goals, kurz SDG, der Vereinten Nationen ausrichten. In zwei Sätzen: Was sind die SDG?

Lars Hunsche: Die SDG sind die Ziele, auf die sich die Vereinten Nationen 2015 geeinigt haben, um die dringendsten Probleme dieser Welt wie Klimawandel, Armut, Hunger, Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Die Ziele sind weit gefasst und eignen sich deshalb sehr gut, um Investments darunter einzuordnen.

Die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen reichen von "Keine Armut" über "Erneuerbare Energie" beispielsweise bis zu "Nachhaltiger Konsum und Produktion". Lassen Sie alle Projekte und Finanzprodukte, die Sie auf Ihrer Plattform anbieten, daraufhin untersuchen, welche der 17 SDG sie zu verfolgen helfen?

Frank Ackermann: Ja, für uns ist entscheidend, dass mindestens ein Ziel angesprochen wird. Es gibt bei den Zielen naturgemäß ein Ungleichgewicht bei den Projekten. Es kommen zum Beispiel momentan mehr Projekte aus dem Bereich "Bezahlbare und Saubere Energie" auf den Markt als zum Thema "Geschlechtergleichheit".

Wer untersucht, welche nachhaltigen Ziele die Projekte oder Finanzprodukte im Visier haben?

Ackermann: Die Einschätzung, welche Projekte auf welches Sustainable-Development-Ziel "einzahlen“ erarbeitet das unabhängige Institut imug aus Hannover. Das hat für uns den Vorteil, dass das imug schon bei vielen Family Offices und Investoren aus dem Kirchenbereich bekannt ist und somit akzeptiert wird.

Seit wann gibt es Ihre Plattform, wer gehört zur Zielgruppe?

Hunsche: Die Idee zu der Plattform hatte mein Partner Frank Ackermann schon im Juni 2016. Fertig programmiert war die Plattform dann im März dieses Jahres. Die Zielgruppen fallen in drei Kategorien: Investoren, Projektinitiatoren und Partner. Die Projektinitiatoren sollen über die Plattform mit dem geeigneten Finanzinstrument mit Investoren gematcht werden, also in Verbindung gebracht werden. Investoren können institutionelle Investoren sein, zum Beispiel Versicherungen, Fonds oder Pensionskassen, aber auch vermögende Privatpersonen. Die Gruppe Partner besteht dann aus Firmen, die eine Dienstleistung rund um die SDGs anbieten, etwa "impact-Messung“ oder Verbriefung. 

Für welche Privatleute eignen sich Ihre Projekte oder Finanzprodukte - und wie viel des Vermögens sollte man maximal dort hinein investieren?

Ackermann: Wir zielen auf die vermögenden Privatpersonen ab, die sich als professionelle Investoren klassifizieren. Oft haben unsere Investments aufgrund der aufsichtsrechtlichen Vorgaben eine Mindestinvestitionssumme von 100.000 Euro. Dabei sollte ein Einzelinvestment höchstens drei bis fünf Prozent des Vermögens betragen.

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Die SDG-Investments-Gründer Frank Ackermann (links) und Lars Hunsche. Foto: ECOreporter

Welche Profi-Anleger sprechen Sie an, wie finden die bisher zu Ihrer Plattform?

Hunsche: Pensionskassen, Versicherungen und auch Family Offices. Momentan werden wir viel weiterempfohlen, oder man trifft sich bei SDG-Veranstaltungen.

Und wie kommen Sie an die Projekte, sind Sie dort auch Geburtshelfer, oder kaufen Sie Fertigware ein?

Ackermann: Momentan kommen die Projekte zu uns, und wir erfreuen uns einer sehr großen Nachfrage. Wir strukturieren Investments selbst, platzieren aber auch Drittprodukte. An der Anleihe für Africa Greentec haben wir zum Beispiel mehrere Jahre gearbeitet (ECOreporter stellt die Anleihe hier vor). Bei Drittprodukten ist es natürlich sehr wichtig, genau die Struktur zu verstehen.

Welche Volumina für einzelne Projekte und welche Anlageklassen sind auf der Plattform zu finden?

Hunsche: Wir sind mit kleinen Volumina von etwa zwei Millionen Euro an gestartet. Jetzt haben unsere Projekte oft ein Volumen von 10 Millionen Euro, gehen aber auch bis 70 Millionen Euro. Wir können verschiedene Finanzierungsformen anzubieten – von der Eigenkapitalfinanzierung über Bankdarlehen und Anleihen bis beispielsweise zu Fonds.

Worin unterscheidet sich Ihre Plattform von Crowd-Investments?

Ackermann: Aufgrund unserer Expertise und der Tatsache, dass wir unter dem Haftungsdach der AHP Capital Management GmbH agieren, sind wir völlig frei in der Art des Finanzproduktes. Crowdfinanzierung ist prima, um Projekte anzuschieben. Das Investment beschränkt sich aber mit dem Nachrangdarlehen auf ein Produkt und ist zusätzlich in der Höhe begrenzt. Bei Skalierungen brauchen Sie aber ein anderes Konstrukt. Beim Crowd-Investment geben viele einen kleinen Betrag. Bei uns geben wenige einen großen Betrag. Wir stehen also in keiner Konkurrenz, sondern haben ein Angebot, dass zeitlich und sachlich eher eine Stufe nach der Crowd kommt. Unsere Gebühren sind hingegen typischerweise niedriger.

Viele Projekte, die früher wohl als geschlossene Fonds finanziert worden wären, können diese Form mittlerweile nicht mehr nutzen: Der Aufwand alleine für den Prospekt ist zu teuer und benötigt zu viel Zeit. Wie lösen Sie das Problem, was kostet das bei Ihnen? Zahlen nur die Projektinhaber oder auch die Anleger an Sie?

Hunsche: Wenn man bestimmte aufsichtsrechtliche Vorschriften einhält, zum Beispiel ein Minimuminvestments von 100.000 Euro einführt, wird man von der Prospektpflicht befreit. Es ist aber ein Investorenmemorandum erforderlich, welches wir immer mit einer erfahrenen Frankfurter Kanzlei erstellen. Das beschleunigt den Prozess und macht ihn kostengünstiger. Zeit ist ein entscheidender Faktor, da der Strukturierungsaufwand oft unabhängig vom gesuchten Volumen ist. Deshalb wollen wir auch keine Projekte mit 2 Millionen Euro Volumen mehr angehen. Da wir sehr viel Erfahrung haben, sind unsere Gebühren eher am unteren Ende. Bisher werden wir nur vom Projektinitiator bezahlt, für Investoren sind die Registrierung auf der Plattform und das Investment über die Plattform kostenlos.

Frank Ackermann ist Gründer und Geschäftsführer der AHP Capital Management GmbH und Mitgründer der SDG Investments® Plattform. Er hat 38 Jahre Erfahrung in unterschiedlichen Funktionen als Führungskraft und Spezialist bei internationalen Geschäfts- und Investmentbanken, beispielsweise bei ABN Amro und der Commerzbank. Er ist spezialisiert auf die Strukturierung und Vermarktung komplexer kreditbezogener Anlageprodukte für institutionelle Anleger.

Lars Hunsche ist Mitgründer der SDG Investments® Plattform und seit 2015 bei der AHP Capital Mangement GmbH. Von 2008 bis 2015 war er in leitenden Positionen bei Moody’s Analytics in Frankfurt und bei Moody’s Credit Edge®. Davor arbeitet er als Produktspezialist unter anderem in San Francisco und London.

Wie sind Sie selbst dazu gekommen, diese Plattform zu gründen?

Ackermann: Die ersten Anleihen haben wir für ein Musikhaus strukturiert, das Instrumente an Schulkinder verleiht, und für den Fahrradvermieter nextbike. Der Vertrieb war da schon sehr mühsam. Bei unseren Aktivitäten haben wir festgestellt, dass es weder an verfügbarem Geld noch an interessanten Projekten mangelt. Diese finden aber oft nicht zusammen. Uns war klar, dass ein „Marktplatz“ geschaffen werden muss. Ferner haben uns institutionelle Investoren erklärt, dass Projekte, die auf den ersten Blick wirtschaftlich interessant und gemeinwirtschaftlich nützlich aussehen, oft später in der Prüfung durchfallen. Dadurch entsteht aufgrund der verlorenen Zeit eine Frustration. Wir kürzen den Prozess dadurch ab, dass alle Projekte einen SDG-Nutzen haben und wirtschaftlich tragfähig sind.

Was treibt Sie selbst zum Thema Nachhaltigkeit?

Hunsche: Die Gründer der SDG kommen ja alle aus der traditionellen Finanzbranche. Dort geht es aber oft nur um reine Gewinnmaximierung. Wir finden es sehr spannend, dass man Geld verdienen mit einem Nutzen für die Menschheit verbinden kann. Es gibt eine intensive Diskussion um „impact first“ oder „Rendite first“. Wir beweisen, dass auch beides geht. Viele unserer Produkte haben einen Zinssatz, der deutlich über den marktüblichen Zinsen liegt. Trotzdem gibt es eine win-win-win Situation: Der Projektinitiator kann sich günstiger refinanzieren, der Investor bekommt einen attraktiven Zins, und es gibt noch einen Nutzen für die SDGs. Darüber hinaus treffen wir ständig Menschen, die für Ihre Idee "brennen" und deren Begeisterung sich auf uns überträgt.

Wenn in einem armen Land wie Mali Strom angeboten werden kann und sich wirtschaftliche Aktivität daraus entfaltet, hat man das Gefühl, einen Beitrag zur Minderung des globalen Ungleichgewichts geleistet zu haben. Auch wenn die Hauptarbeit natürlich von den Projektinitiatoren ausgeht und wir „nur“ das Geld dafür eingeworben haben. Man merkt auch, wie sich das eigene Bewusstsein verändert und man versucht, nachhaltiger zu leben. Beruflich fahren wir zum Beispiel hauptsächlich mit der Bahn zu Terminen.

Sie haben auch recht exotische Projekte auf Ihrer Plattform, beispielsweise geht es um das Thema Paranüsse. Kann man damit wirklich Geld verdienen?

Ackermann: Das ist ein sehr schönes Beispiel. Die Paranuss wird stark nachgefragt, weil sie ein gesundes Lebensmittel ist. Sie gedeiht aber nur in einem intakten Urwald. Da die Paranusssammler einen fairen und guten Lohn bekommen, werden sie insgesamt zum "Hüter des Waldes". Sie würden ihn also nicht abholzen. Das wiederum hilft dem globalen Klima. Die Firma Hylea, die sich mit einer Anleihe finanziert, gibt es schon seit 99 Jahren. Das zeigt, dass das "Paranussbusiness" einträglich und nachhaltig ist. Für die Anleger gibt es bei fünf Jahren Laufzeit einen Zins von 7,25 Prozent. In der heutigen Zeit ist das sehr attraktiv. Dabei ist es nicht zwingend, dass ein hoher Zins auch mit einem hohen Risiko einhergeht. Hylea hat zum Beispiel eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent und bisher immer alle Zahlungsverpflichtungen eingehalten.

Herr Ackermann, Herr Hunsche, vielen Dank für das Gespräch!

Sie können das Interview hier im PDF-Format herunterladen.

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