Die 2G Energy AG hat seit ihrer Gründung 1995 weltweit mehr als 6.500 Blockheizkraftwerke installiert. Die Anlagen laufen auch mit Wasserstoff. / Foto: 2G Energy

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Energiekrise in Deutschland - „An Blockheizkraftwerken führt kein Weg vorbei“ (Interview)

Kein Gas mehr von Putin – aber trotzdem warme Heizungen im nächsten Winter? Der Finanzchef des Blockheizkraftwerk-Herstellers 2G Energy erläutert im ECOreporter-Interview, wie sich die Heizkosten in den nächsten Jahren entwickeln werden. Und wann Wasserstoff die Energiewende voranbringen kann.

Blockheizkraftwerke (BHKW) sind kompakte Anlagen, die meist problemlos in die Keller größerer Gebäude passen. Sie erzeugen Strom, bislang vor allem aus Erdgas. Die dabei anfallende Wärme lässt sich beispielsweise zum Heizen nutzen. Diese Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) kann die Energieeffizienz des eingesetzten Gases deutlich verbessern.

Die börsennotierte 2G Energy AG aus Heek im Münsterland baut BHKW, die sich mit unterschiedlichen Gasen betreiben lassen. Die Geschäfte des Konzerns liefen zuletzt gut (ECOreporter berichtete hier). Bis 2026 erwartet 2G Energy einen weiteren Umsatzanstieg um etwa 50 Prozent. Der Diplom-Betriebswirt Friedrich Pehle verantwortet seit 2017 als Vorstand unter anderem die Finanzen des Unternehmens.

ECOreporter: Herr Pehle, Westeuropa will unabhängiger von Russland werden. Daraus folgt auch: Erdgas wird im Energiemix vieler Länder künftig eine geringere Rolle spielen. Was bedeutet das für Ihr Geschäft mit BHKW? Die werden ja bislang noch vor allem mit Erdgas betrieben.

Friedrich Pehle: Unsere Fokusregion sind die G7-Staaten. Diese sieben Industrieländer als Ganzes decken nur ca. 8 Prozent ihres Erdgasverbrauchs durch Importe aus Russland. Die tatsächliche Abhängigkeit unserer Fokusregion ist also gering.

Das gilt aber nicht für Deutschland.

Richtig, Deutschland ist für uns die einzig relevante Ausnahme innerhalb der G7, weil das Land bisher gut 50 Prozent seines Erdgasbedarfs aus Russland importierte. Für ein Fünftel des russischen Gases hat die Bundesregierung aber bereits Ersatz gefunden. An weiteren Ausweichmöglichkeiten wird gearbeitet, z. B. durch das Anmieten kurzfristig verfügbarerer, schwimmender LNG-Terminals (Flüssigerdgas-Terminals – Anm. d. Red.). Selbst in Deutschland ist also schon heute weit mehr als die Hälfte des Erdgasverbrauchs nicht mehr von Russland abhängig, Tendenz weiter stark abnehmend.

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Klar ist aber auch, dass der Weltmarktpreis für Erdgas auf unabsehbare Zeit deutlich erhöht bleiben wird, was sich auch auf den Strompreis auswirkt. Noch nie seit Ende des Zweiten Weltkrieges war Energiesparen also so wichtig wie heute. Mit unseren BHKW können mittels der gekoppelten Erzeugung von Wärme und Elektrizität 25 Prozent an Primärenergie eingespart werden.

Können Sie Auftragsrückgänge für Erdgas-BHKW durch Aufträge für andere BHKW ausgleichen?

Wir erwarten gar keine Rückgänge. Unser Auftragseingang im ersten Quartal stieg gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent, in Deutschland sogar um 34 Prozent. Denn bei steigenden Erdgaspreisen steigt auch die Wirtschaftlichkeit unserer BHKW.


Friedrich Pehle ist CFO bei 2G Energy. / Foto: Unternehmen

Werden mit anderen Gasen betriebene BHKW jetzt attraktiver?

Dauerhaft erhöhte Erdgaspreise wirken wie warmer Regen auf die Anwendungen mit alternativen Gasen. Viele Schwachgas-Projekte, beispielsweise im Klärgasbereich oder auf Mülldeponien, haben mit den neuen Preisniveaus für thermische und elektrische Energie enorm an Wirtschaftlichkeit gewonnen, und zwar nachhaltig. Auch für die technische Weiterentwicklung von Wasserstoff-BHKW werden starke Anreize gesetzt. BHKW, die mit alternativen Gasen betrieben werden, machten übrigens im Geschäftsjahr 2021 ungefähr ein Drittel unseres Auftragseingangs aus.

Wie wichtig wird Erdgas in fünf Jahren noch für die Energiegewinnung sein?

Im Bestandsbau wird Erdgas auch in fünf Jahren noch die dominierende Rolle bei der Bereitstellung von Heizenergie spielen. Aufgrund schlechter Isolierung und Isolierfähigkeit werden sich viele Bestandsgebäude kaum wirtschaftlich mit Wärmepumpen heizen lassen – zumal insbesondere an diesigen Herbst- und Wintertagen grüner Strom immer Mangelware bleiben wird. Bei solchen Wetterlagen müssten die zusätzlichen Wärmepumpen also mit Kohle- oder Atomstrom betrieben werden, was ganz sicher nicht im Sinne des Erfinders ist.

Was kostet Erdgas 2027?

Russische Erdgasfelder, die jahrzehntelang mittels Pipeline den europäischen Markt versorgt haben, werden auch in fünf Jahren nur einen Bruchteil ihrer Kapazitäten dem Weltmarkt in Form von LNG zur Verfügung stellen können. Und das auch nur zu deutlich erhöhten Kosten, insbesondere für Verflüssigung und Logistik. Wir gehen also davon aus, dass der Erdgaspreis auch in fünf Jahren noch deutlich erhöht bleiben wird. Die Nachfrage wird jedenfalls kaum sinken, denn nach wie vor wollen alle Industriestaaten aus der Kohleverstromung aussteigen, einige wichtige Industrieländer wie z. B. Deutschland zusätzlich aus der Atomenergie. Solange Batterien und Speicher im industriellen Maßstab nicht verfügbar sind, um auch an diesigen Herbst- und Wintertagen für eine verlässliche Energieversorgung zu sorgen, führt an BHKW kein Weg vorbei.

Welches Potenzial hat Wasserstoff?

Wasserstoff wird unserer Meinung nach beim Thema Speicherung eine bedeutende Rolle zufallen. 2G-Anlagen werden schon heute „Wasserstoff-ready“ ausgeliefert. Investoren und Betreiber bleiben so maximal flexibel für die weitere Entwicklung.  

Wie hoch ist bei Ihnen der Anteil des Wasserstoff-Geschäfts?

Alle unsere BHKW in der Leistungsklasse zwischen 50 kW und 1.000 kW sind schon heute grundsätzlich wasserstofffähig, denn jedes unserer Erdgas-BHKW kann mit vertretbarem Aufwand auf Wasserstoffbetrieb umgerüstet werden, sobald der Wasserstoff eines Tages in ausreichender Menge und bezahlbar zur Verfügung steht. Wir sind der weltweit einzige Anbieter, der diese Umrüstung schon heute garantiert und die Option bereits in der regulären Preisliste führt. Insoweit liegt bereits jetzt der Anteil der potenziell wasserstofffähigen BHKW sicherlich bei mehr als 50 Prozent.

Wann sehen Sie relevante Marktanteile für Wasserstoff-BHKW? Mit einem Massenmarkt für Wasserstoff wird allgemein nicht vor 2030 gerechnet.

Wir erwarten, dass regional schon viel früher als 2030 leitungsgebundener und daher preiswerter Wasserstoff zur Verfügung stehen wird. Die Dezentralität unserer BHKW wird sich in der Hochlaufphase zur Wasserstoffwirtschaft als sehr wertvoll erweisen. Wann immer irgendwo ein Gewerbegebiet oder eine Stadt an eine Wasserstoffpipeline angeschlossen wird, eröffnen sich für uns neue Potenziale. Die Kunden und die Öffentlichkeit müssen also nicht erst darauf warten, dass ein überörtliches Großkraftwerk auf den Betrieb mit Wasserstoff umgestellt wird, denn unsere BHKW sind innerhalb von zwei bis acht Monaten geliefert und am Netz. Und die Umrüstung eines Bestands-BHKW auf 100 Prozent Wasserstoff ist von der Bestellung bis zum Abschluss der Arbeiten in wenigen Wochen gemacht. 

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