Atomkraft und Erdgas als grüne Energie? Immer mehr Europaabgeordneten gefällt das immer weniger. / Foto: Pixabay

  Erneuerbare Energie

EU-Taxonomie: Wird die Nachhaltigkeits-Einordnung von Gas und Atomenergie jetzt doch gestoppt?

Unter Abgeordneten des EU-Parlaments wächst der Widerstand gegen eine EU-Taxonomie, die Atomkraft und Erdgas zu grüner Energie erklärt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Verweis auf entsprechende Äußerungen von Politikerinnen und Politikern. Zuletzt hatte sich Markus Ferber, Abgeordneter der konservativen Europäischen Volkspartei, unter Berufung auf die Bedenken des Finanzsektors gegen ein grünes Label für Gas und Atomkraft ausgesprochen.

"UN-Generalsekretär Guterres hat Investitionen in neue fossile Energieerzeugung und Kraftwerke als "moralischen und wirtschaftlichen Wahnsinn" bezeichnet", erklärte etwa Bas Eickhout, niederländischer Europaabgeordneter für Grüne/EFA. "Die Von der Leyen-Kommission geht über den Wahnsinn hinaus, indem sie neue Investitionen in fossile Brennstoffe als "nachhaltig" einstuft. Das Parlament kann und sollte diesen Irrsinn stoppen."

Seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs in der Ukraine hat die Diskussion um das grüne Investitionslabel neue Brisanz erhalten. Um die Abhängigkeit von russischen fossilen Energien zu reduzieren, hat die EU-Kommission mit dem REPowerEU-Plan reagiert, der das Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am europäischen Strommix auf 45 Prozent bis 2030 erhöht.

Deutschland will gegen die Verordnung stimmen

Das Thinktank E3G betont in einem neuen Positionspapier, dass der Taxonomievorschlag der EU-Kommission angesichts der im REPowerEU-Paket angekündigten neuen Ausbauziele mit einer Taxonomie unvereinbar sei, die Gas und Kernkraft als grüne Energien ausweist. EU-Parlamentarier werden zu einem Veto gegen den delegierten Rechtsakt aufgefordert.

Der Vorschlag berücksichtige nicht die schwerwiegenden Risiken für die Energiesicherheit und die Einhaltung der EU-Klimaziele, die durch die bestehende Abhängigkeit von Gasinfrastruktur und Atommeilern entstünden und die durch weitere Investitionen noch verstärkt würden, so E3G in seiner Stellungnahme. Auch die internationale Führungsrolle Europas im Klimaschutz würde nach Ansicht der Analysten bei einer Annahme des Rechtsakts Schaden nehmen.

Die deutsche Regierung hatte der französischen Ratspräsidentschaft bereits im Mai mitgeteilt, dass sie bei einem Votum im Europäischen Rat die Taxonomie ablehnen werde. Diese Position basiert auf der stringenten Ablehnung eines Nachhaltigkeitslabels für Atomkraft, die bereits seit Januar gefestigt ist.

In den letzten Wochen übten viele Betroffene Kritik an der Taxonomie und warnten vor politisch legitimiertem Greenwashing der Finanzbranche, darunter die Institutional Investors Group on Climate Change (der neben BlackRock, der Allianz und DWS fast 400 weitere Mitglieder angehören), das Green and Sustainable Finance Cluster Germany, die UN Net-Zero Asset Owner Alliance, das Principles for Responsible Investment Netzwerk, mehrere EU-Mitgliedstaaten, führende Europaabgeordnete, die Europäische Investitionsbank, Denkfabriken und Klimabewegungen wie Fridays for Future. 

Nach den Abstimmungen in den Ausschüssen nächste Woche stimmt das Europäische Parlament in der Sitzungswoche des 4.bis 7. Juli über die Taxonomie ab und kann per absolutem Mehrheitsentscheid ein Veto gegen den Vorschlag einlegen.

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