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Nachhaltige Aktien, Erneuerbare Energie, Anleihen / AIF
"Wir fühlen uns zunehmend wohler" - Green-City-Energy-Vorstand Mühlhaus über neue Märkte und Vorlieben
Die Green City Energy AG ist eine der Erfolgsgeschichten, die Bürger bei der Energiewende geschrieben haben. Aus einem Verein entstanden, entwickelt sich das Unternehmen zum sauberen Stromversorger, der auch international aktiv ist.
Im ersten Teil des großen ECOreporter-Interviews verrät Vorstand Jens Mühlhaus, warum ihm der deutsche Windmarkt Hoffnung macht, wo die Politik lernfähig war und warum große Solaranlagen in Südeuropa mittlerweile weniger riskant sind. Im zweiten Teil des Interviews lesen Sie unter anderem, was die Wasserkraft für Green City Energy bedeutet, weshalb abgeschaltete Atomkraftwerke in Frankreich gut für die Photovoltaik in Italien sind und wieso private Anleger für ein innovatives Unternehmen so wichtig sind.
Jens Mühlhaus ist Vorstand der Green City Energy AG und verantwortlich für das operative Management der technischen Bereiche sowie für Projektakquisition und -realisierung. Der studierte Bauingenieur war seit 1992 ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Vereins Green City und damit auch maßgeblich an der Gründung der Green City Energy GmbH beteiligt. Im September 2010 wurde er technischer Geschäftsführer der Green City Energy GmbH. Nach der Umwandlung zur AG im Herbst 2011 wechselte er in den Vorstand. Er hat langjährige Erfahrung in der Projektentwicklung und -steuerung. Als ehrenamtlicher Stadtrat der Landeshauptstadt München war er von 2002 bis 2008 Verkehrs- und Energiepolitischer Sprecher der Grünen Stadtratsfraktion.
ECOreporter.de: Herr Mühlhaus, die Windenergie in Deutschland war für Green City Energy in den letzten Jahren ein geschäftlicher Schwerpunkt. Wie sind die Aussichten in diesem Bereich?
Jens Mühlhaus: Der Markt ist "verhalten positiv". Es gibt große Veränderungen im Vergleich zum Sommer 2017. Damals waren viele in der Windbranche geradezu schockiert; Projektierer mussten sich den wirtschaftlichen Bedingungen anpassen. Jetzt ist die Stimmung wesentlich besser - auch bei uns. Denn wir haben eine gut gefüllte Projektpipeline, mit anderen Worten - viele Projekte, die geplant sind und Chancen auf Realisierung haben.
Im letzten Jahr haben vor allem Bürgerenergiegenossenschaften bei den Ausschreibungen für neue Windenergieprojekte Erfolg gehabt, auch aufgrund der gesetzlichen Vorschriften. Können Sie 2018 hier wieder mehr punkten?
Ja, das können wir. Letztes Jahr mussten auch wir uns fragen: Was machen wir mit all´ unseren Windprojekt-Planungen, wenn wir bei den Ausschreibungen kaum Chancen auf Berücksichtigung haben? Aber die Politik hat gelernt und Fehler im Ausschreibungsverfahren korrigiert. Wir hatten bei der Ausschreibung im März in diesem Jahr mit unserem bayerischen Park in Fuchsstadt Erfolg und haben direkt mit der Realisierung begonnen. Das war ein wichtiger Wendepunkt für unser Unternehmen und auch für die Stimmung in unserem Wind-Projektierungsteam.
Bei den Ausschreibungen kommen nur die Planer zum Zug, die versprechen, billigen Windstrom zu liefern, wenn sie einen Windpark realisieren. Können Sie so billig produzieren, wie es für einen Ausschreibungserfolg nötig ist?
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Ja. Auch deshalb, weil die Strompreise nach der Korrektur der Ausschreibungsgesetze in diesem Jahr im Schnitt sogar um etwa einen Cent pro Kilowattstunde Strom höher liegen als im letzten Jahr. Dieses Jahr werden vier Mal Windenergieanlagen mit je 700 Megawatt Leistung als Gesamtvolumen ausgeschrieben. Der Gebotspreis für Strom, den wir jetzt eingereicht haben, ist für uns machbar. Das ist ein Preis, mit dem der Windpark und deren Projektierung zu bezahlen sind - und da bleibt auch Rendite übrig. Die Risiken sind einkalkuliert, so dass auch schlechte Windjahre zu überstehen sind.
Sind die politischen Rahmenbedingungen insgesamt für die Windenergie in Deutschland wieder besser?
Ja, denn die Große Koalition hat sich erstaunlich mutige Ziele gesetzt für die Erneuerbare Energie. Sie plant Sonderausschreibungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen. Damit will die Politik die Misere ausgleichen, die sie mit der Fehlkonstruktion im Ausschreibungsverfahren hervorgerufen hatte. Das lässt uns auf realistischere Szenarien hoffen. Es gibt auch die Aussage, dass südlich des Mains für Windenergie eigene Ausschreibungen stattfinden sollen. Dahinter steht das politische Ziel, den vom Wind benachteiligten Süden Deutschlands besonders ins Auge zu fassen. Was hier in den vergangenen Jahren getan wurde, reicht bei weitem nicht aus. Durch den bevorstehenden Wegfall von Atom- und Kohlestrom muss im Süden jetzt vorgesorgt werden, um einen Strommangel im Süden zu vermeiden. Wir brauchen nicht nur eine massive Steigerung der installierten Windleistung, sondern auch einen zügigen Netzausbau.
Darüber hinaus benötigt Windstrom in Süddeutschland einfach eine höhere Vergütung als hinter dem Deich. Und die werden wir hoffentlich bald bekommen. Daher haben wir nun unsere Projekt-Pipeline wieder in Angriff genommen.
Konzentrieren Sie sich bei der Windenergie alleine auf den Süden Deutschlands?
Nein, wir planen gleichzeitig mit Partnern auch Projekte in Mittel- und Norddeutschland. Auch wenn wirklich keine Goldgräberstimmung herrscht: Insgesamt fühlen wir uns wieder zunehmend wohler im Windmarkt.

Solar-Projekt in Frankreich: Eine ähnliche Anlage plant Green City Energy im Solarpark Mecobox II. / Foto: Unternehmen
Welche Aspekte sind noch strategisch wichtig für 2018?
Vor allem das Solargeschäft, in das wir wieder massiv eingestiegen sind. Da gibt es verschiedene Länder, die dafür in Frage kommen, nicht nur Deutschland. Wir haben strategisch entschieden, auch in südeuropäische Solarprojekte einzusteigen, die 30 bis 50 Megawatt (MW) umfassen. Den Strom aus diesen Anlagen werden wir selbst vermarkten. Auch hier haben wir eine stabile Pipeline mit Projektplanungen aufgebaut. Das bewegt sich gerade in Richtung eines gesamten Anlagevolumens von 200 MW, die wir 2019 und 2020 bauen wollen. Auch vom Investitionsvolumen ist das ein Sprung für unsere Firma. Das tut uns gut, und das ist auch eine sehr gute Entwicklung für die Energiewende.
Wie beurteilen Sie die Risiken im Solarmarkt Südeuropas?
Vor allem aus Sorge vor der Politik sind wir in den Markt bisher nicht eingestiegen: Halten sich Regierungen an ihre Versprechen, was Einspeisevergütungen angeht? Erheben sie Steuern auf Stromerträge und ähnliches – schwierig einzuschätzen. Jetzt haben wir aber im Stromverkauf eine andere Grundlage. Wir werden den Strom direkt am Markt verkaufen, zu echten Marktpreisen, unabhängiger von politischen Vorgaben.
Als Privatkunde in Deutschland zahlt man meist 30 Cent für die Kilowattstunde Strom aus der Steckdose. Für wie viel Geld können Sie Solarstrom in Südeuropa herstellen?
Wir kalkulieren intern mit etwas über 4 Cent pro Kilowattstunde. Südeuropa hat den Vorteil vieler Sonnenstunden, und es sind große Anlagen möglich. Höhere Preise wären das Sahnehäubchen für uns.
Wer wird den Strom aus den Solarkraftwerken kaufen?
Wir werden den Strom nicht an den Strombörsen handeln. Wir werden stattdessen direkte Stromlieferverträge abschließen. Es gibt europäische Stromhändler, die solche Leistungen suchen, aber auch große Industriebetriebe oder Energieversorgungsunternehmen.
Wollen die alle sauberen Strom?
Das wird da wohl eher eine kleinere Rolle spielen. In den sonnenstarken Ländern ist der Solarstrom aber der mit Abstand günstigste Strom, den man produzieren kann! Frankreich schaltet Atomkraftwerke ab, Solarstrom ist der im Preis niedrigste Ersatz. Da Frankreich viel Strom nach Italien exportiert, hat auch Italien Bedarf an Strom aus neuen Solarkraftwerken. Solarenergie ist der große Markt, auch global!
Wir haben in unserer Unternehmensgenetik das Solargeschäft tief verwurzelt - auch daher unsere positive Stimmung. Übrigens ist auch der Zweitmarkt für Solaranlagen spannend…
…also Anlagen, die keine gesetzliche geregelte Einspeisevergütung mehr erhalten, weil sie älter als 20 Jahre sind…
...ja, die ersten Solaranlagen fallen in den kommenden Jahren aus der Einspeisevergütung heraus, funktionieren aber natürlich trotzdem weiter und erzeugen Strom. Solche Anlagen können wir als Stromhändler mit unserer Kundenmarke Green City Power und etablierter Betriebsführer für viele Kleinanlagen weiter betreiben, also werden wir da investieren. Wir werden diese Projekte für die nächsten 10 bis 20 Jahr fortentwickeln und zeigen, wie sie in Zukunft zu managen sind. Wir haben ja auch selbst über unsere Fonds viele Solaranlagen im Bestand. 2020 und 2021 wird dieses Geschäft erst richtig starten, man muss aber heute darüber reden und es planen.