Die Bundesregierung will für die Rente künftig auch in Aktien investieren. NGOs kritisieren, dass dabei Nachhaltigkeitsvorgaben fehlen. / Foto: Pixabay

  Nachhaltige Aktien

NGOs fordern Nachbesserungen bei Gesetz zu "Generationenkapital"

Zehn Nichtregierungsorganisationen (NGOs) fordern in einer Stellungnahme verbindliche Regeln zum Schutz von Umwelt, Klima und Menschenrechten beim geplanten "Generationenkapital". Im Gesetzentwurf der deutschen Bundesregierung fehlen solche Regeln bislang.

Das Generationenkapital ist Teil des geplanten Rentenpakets II und eine Rücklage des Bundes, mit der die gesetzliche Rente im nächsten Jahrzehnt mitfinanziert werden soll. Dazu will der Bund Schulden aufnehmen und das Geld über eine unabhängige Stiftung am Aktienmarkt anlegen und vermehren. Ab Ende der 2030er Jahre, so sieht es das Konzept vor, soll dann Geld aus den Erträgen an die Deutsche Rentenversicherung fließen, um den Anstieg der Rentenbeiträge zu dämpfen.

Keine ESG-Vorgaben

Im Entwurf gibt es aber keine verbindlichen Vorgaben zum Umgang mit menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten für die staatlichen Investitionen, wie die NGOs kritisieren. Nur in der rechtlich nicht bindenden Gesetzesbegründung heißt es demnach allgemein, die zuständigen Ministerien würden im Nachgang ESG-Standards erarbeiten. Die Abkürzung ESG steht für Ökologie (E wie Environment), Soziales (S wie Social) und gute Unternehmensführung (G wie Governance). Es gibt allerdings keine verbindlichen Standards, die festlegen, was eine gute Leistung in den einzelnen Bereichen ist.

Verantwortlich für das Generationenkapital soll die Stiftung KENFO sein. KENFO ist der staatliche "Fonds zur Finanzierung der nuklearen Entsorgung". Eine aktuelle Analyse der Umweltorganisation urgewald kommt zu dem Ergebnis, dass KENFO im zuletzt veröffentlichten Portfolio per Ende 2023 Wertpapiere von 114 fossilen Unternehmen im Wert von rund 764 Millionen Euro hielt. Die größten Einzelinvestments im Öl- und Gassektor waren demnach Shell, Total Energies und BP mit 74, 67 und 62 Millionen Euro.

"Das Generationenkapital ist in vorliegender Form nicht generationengerecht. Von den Renteninvestitionen drohen Konzerne zu profitieren, die unsere Klimaziele verbauen, Geschäfte mit Regenwaldrodung machen oder Menschenrechte missachten", so die NGOs in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. "Als staatlicher Investor sollte die Bundesregierung für vorbildliche Geldanlage einstehen. Dafür sollte sie verbindliche Regeln zur Achtung von Umwelt-, Klimaschutz und Menschenrechten einführen. So könnte sie auch ein Signal an kommerzielle Investoren senden, ihre oft schlechte ESG-Bilanz zu verbessern."

Die Stellungnahme stammt von den Organisationen Brot für die Welt, CorA-Netzwerk, Dachverband Kritische Aktionäre, Facing Finance, FIAN, Finanzwende, Fossil Free Berlin, Greenpeace, Südwind und urgewald. Gestartet wurde auch eine Online-Petitionskampagne mit dem Titel "Generationenkapital: Fossile Rendite? Nicht für meine Rente!".

Kritik auch an der Transparenz

Auch Vorgaben zur Beteiligung des Bundestags und zur Transparenz der staatlichen Geldanlagen fehlen den NGOs zufolge, beide sind laut Stellungnahme Mindeststandards für eine angemessene öffentliche Kontrolle der Renteninvestitionen. Die "zivilgesellschaftliche Koalition fordert die Mitglieder des Bundestags auf, das Gesetz um ein klima-, umwelt- und menschenrechtsbasiertes Anlagemanagement zu ergänzen, das auf den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen basiert".

Neben den Aspekten Sicherheit, Liquidität und Rendite sollte der Gesetzgeber nach Ansicht der NGOs einen vierten Anlagegrundsatz "Nachhaltigkeit" festschreiben. Das Bundesland Baden-Württemberg hat dies in seinem Gesetz für nachhaltige Geldanlagen bereits umgesetzt. Der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung empfiehlt, dieses "magische Viereck" auf alle Kapitalanlagen der öffentlichen Hand anzuwenden, also auch auf das Generationenkapital.

Das Generationenkapital steht von mehreren Seiten in der Kritik. Auch innerhalb der Bundesregierung und den einzelnen Parteien gilt es als umstritten. Dabei steht vor allem im Mittelpunkt, ob der Staat tatsächlich "auf Pump" am Aktienmarkt investieren sollte.

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