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solarcomplex AG bietet Genussscheine an – Risiken derzeit hoch?
Die solarcomplex AG aus Singen betreibt zahlreiche Erneuerbare-Energien-Anlagen und mehrere Nahwärmenetze im Bodenseeraum und im Schwarzwald. Das Unternehmen plant, weitere Solar- und Wärmenetz-Projekte zu realisieren, die es teilweise mit Genussscheinkapital finanzieren will. Anleger können ab 3.000 Euro Genussscheine zeichnen.
Der Zinssatz der mit einem Nachrang versehenen Genussscheine beträgt 2,5 Prozent pro Jahr. Anleger und die Emittentin können die Genussscheine jeweils erstmals zum Ende des dritten vollen Kalenderjahres nach Einzahlung des Genussscheinkapitals kündigen. Das Emissionsvolumen beträgt rund 2,5 Millionen Euro.
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Laut Prospekt stehen drei Projekte fest, die teilweise mit dem Genussscheinkapital finanziert werden sollen. Dabei handelt es sich um drei Freiland-Solarparks mit jeweils 750 kW Leistung im Landkreis Konstanz, deren Errichtung für 2020 geplant ist. Es ist vorgesehen, die drei Projekte mit 300.000 Euro Eigenkapital, 500.000 Euro Genussscheinkapital und 1 Million Euro Bankdarlehen zu finanzieren.
Unsichere Rahmenbedingungen für neue Solarparks
Der Vorteil von kleineren Solarparks bis 750 kW besteht darin, dass sie nicht an den Ausschreibungen der Bundesnetzagentur für Solaranlagen teilnehmen müssen. Diese sind regelmäßig deutlich überzeichnet. Zudem führt der Wettbewerb bei den Ausschreibungen zu niedrigen Zuschlagswerten. Die gesetzlichen Einspeisevergütungen für Solarparks der 750 kW-Klasse sinken zwar kontinuierlich, liegen aber derzeit über den Ausschreibungswerten.
In dem Segment der kleineren Solaranlagen bestehen aber Risiken: Nach derzeitigem Gesetzesstand läuft die Förderung für neue Solaranlagen mit bis zu 750 kWp Nennleistung in Deutschland aus, wenn eine Solar-Gesamtkapazität von 52 Gigawatt (GW) erreicht ist. Dieser sogenannte Solardeckel von 52 GW kann nach Einschätzung von Marktexperten bereits im April erreicht werden, da auch Vorzieheffekte zu erwarten sind. In dem Fall würden kleine Solaranlagen, die nach diesem Zeitpunkt in Betrieb gehen, keine Einspeisevergütung mehr erhalten. Die Bundesregierung und der Bundesrat sind sich zwar seit längerem einig, den Solardeckel zu streichen, aufgrund anderweitiger Streitigkeiten ist aber gesetzlich bislang noch nichts beschlossen.
Niedriger Ölpreis schädlich für Umwelt, Klima und nachhaltige Wärmenetzprojekte
Der Verkauf von Wärmeenergie aus erneuerbaren Quellen steht in direktem Wettbewerb mit Energien aus fossilen Quellen. Sollte der Ölpreis über mehrere Jahre ähnlich niedrig bleiben wie in den Jahren 2015 bis 2017, wird die solarcomplex AG laut Prospekt neue regenerative Wärmenetze in geringerer Zahl und nur mit mehr Kostenaufwand umsetzen können als geplant. In diesem Szenario würde sich laut Prospekt die Ertragslage verschlechtern, auch weil die Personalkapazitäten in der Planungsabteilung für Zeiten wieder steigender Ölpreise beibehalten würden. Derzeit (10.3.2020) zeichnet sich nach dem jüngsten Ölpreis-Crash ab, dass sich die Ölpreise voraussichtlich zumindest für mehrere Monate auf einem (sehr) niedrigen Niveau bewegen werden.
Zudem hatte die solarcomplex AG in einigen ihrer frühen Bioenergiedörfer den Kunden garantiert, dass der vertraglich vereinbarte Lieferpreis nicht höher werde als der vergleichbare Preis bei Heizöllieferung. Bei einem (sehr) niedrigen Ölpreis kann diese vertragliche Regelung zu (erheblichen) Einnahmeausfällen bei der Emittentin führen.
Jahrelange Verzögerung beim Windpark Länge?
Die solarcomplex AG hat das Windenergieprojekt Länge entwickelt, das aus sieben Anlagen bestehen soll. Die Baugenehmigung wurde erteilt, nach Klagen verhängte aber im Frühjahr 2019 das zuständige Gericht einen Baustopp. Im Dezember 2019 bestätigte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim den Baustopp. Grund: Das von den Behörden vorgegebene Genehmigungsverfahren war rechtswidrig. Nach Einschätzung von solarcomplex kann sich das Projekt damit um mehrere Jahre verzögern. Die solarcomplex AG hält laut Prospekt 25 Prozent der Anteile an der Projektgesellschaft des Windparks Länge.
Erhöhte Risiken
Die solarcomplex AG ist in verschiedenen Erneuerbare-Energien-Bereichen tätig und hat seit 15 Jahren kontinuierlich Jahresüberschüsse erwirtschaftet. Das Unternehmen verfügt über ein größeres Kraftwerksportfolio, welches – im Vergleich zum schwankenden Projektentwicklungsgeschäft – stabilere Einnahmen erzielt. Aktuell bestehen aber für das Unternehmen erhöhte Risiken in zwei bis drei Geschäftsfeldern. Dabei handelt es sich hauptsächlich um externe Risiken, auf die das Unternehmen keinen Einfluss nehmen kann. Vielmehr muss es – wie auch andere Unternehmen der Erneuerbaren-Energien-Branche – mit den teilweise rechtlich unsicheren Rahmenbedingungen klarkommen, die Politik und Behörden vorgeben.