Die Verbio-Aktie hat auf Sicht von fünf Jahren fast 650 Prozent an Wert gewonnen. / Foto: Verbio

  Nachhaltige Aktien

Verbio-Aktie verliert 19 % - „unprofessionelle Kommunikation der Regierung“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat mit einem Zeitungsinterview die Aktie des Leipziger Biosprit-Herstellers Verbio auf Talfahrt geschickt. Das Unternehmen reagiert mit einer scharf formulierten Stellungnahme.

Lemke hatte gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ die Produktion von Biotreibstoffen aus Getreide und Pflanzenöl als „keine sinnvolle Option“ bezeichnet. Agrarflächen seien weltweit begrenzt – „wir brauchen sie dringend für die Ernährung, das führt uns der Krieg in der Ukraine dramatisch vor Augen“, so Lemke.

Daraufhin brach die Aktie von Verbio am Freitag um knapp 19 Prozent ein, der Mannheimer Konkurrent CropEnergies verlor fast 15 Prozent. Verbio reagierte noch am gleichen Tag mit einer Pressemitteilung, in der sich das Unternehmen „sehr verwundert“ über die Äußerungen von Ministerin Lemke zeigt.

Verbio weist in der Mitteilung darauf hin, dass die Verwendung von Nahrungsmittelrohstoffen für die Biokraftstoffproduktion in Deutschland seit Jahresanfang auf ungefähr 4 Prozent begrenzt sei. In der EU liege die Begrenzung mit 7 Prozent fast doppelt so hoch.

Getreidestroh statt Brotgetreide

Zudem setze Verbio „schon allein aus Kostengründen vor allem minderwertige Getreide-Qualitäten und kein Brotgetreide ein“. Man konzentriere sich bereits seit Jahren auf sogenannte „Biokraftstoffe der zweiten Generation“ aus Rückständen, etwa Schlempe, und Reststoffen wie Getreidestroh. In diesem Bereich ist Verbio eigenen Angaben zufolge Weltmarktführer.

Die Konzernleitung übt in ihrer Mitteilung harsche Kritik an der Politik: „Es ist leider nicht das erste Mal, dass eine unprofessionelle Kommunikation der Bundesregierung zur Verunsicherung des Kapitalmarktes führt, wenn es um die Ausgestaltung der Energiewende bzw. wenn es um die Bedeutung von Biomasse für diese Transformation geht.“

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Daher habe man sich in den letzten Jahren bewusst breiter aufgestellt und auch das Auslandsgeschäft ausgebaut, etwa in Nordamerika und Asien. Die Verbio-Mitteilung endet mit einer ungewöhnlich deutlichen Warnung an die Aktionäre: „Investoren sollten sich zukünftig sehr genau überlegen, ob sie bereit sind, in dieses Chaos zu investieren.“

Erst am Freitagmorgen hatte Verbio wegen der anhaltend hohen Nachfrage nach Biokraftstoffen seine Jahresprognose für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 300 auf 430 Millionen Euro angehoben. Wenige Stunden später stürzte die Aktie dann ab.

Allerdings bewegt sie sich nach wie vor auf einem hohen Niveau. Heute ist sie mit einem Plus von 2 Prozent in den Tradegate-Handel gestartet, aktuell kostet sie 68,70 Euro (Stand 2.5.2022, 8:55 Uhr). Auf Monatssicht hat die Aktie knapp 2 Prozent verloren, im Jahresvergleich liegt sie 63 Prozent im Plus. Auf fünf Jahre gesehen beträgt der Wertzuwachs fast 650 Prozent.

Mit einem erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnis für das laufende Geschäftsjahr von 27 ist die Verbio-Aktie auch nach dem jüngsten Kurseinbruch nicht günstig bewertet. Zudem schwankte sie in den letzten Jahren trotz ihrer insgesamt sehr positiven Entwicklung stark. ECOreporter beurteilt die Aussichten ähnlich wie Verbio selbst: Wer hier einsteigt, muss bereit sein, ein gewisses Maß an Chaos in Kauf zu nehmen.

Verbio Vereinigte BioEnergie AG: 

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