Die Streuobstwiesen Manufaktur will weiter wachsen und sammelt zur Finanzierung Geld über die Crowd ein. / Foto: Pixabay

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Anleihe: Ostmost Wachstumsfinanzierung mit 7 % Zins plus Bonus

Die Streuobstwiesen Manufaktur GmbH vertreibt Säfte, Schorlen und Cider (Apfelwein) in zertifizierter Bio-Qualität unter ihrer Marke „Ostmost“. Um insbesondere den Vertriebsausbau für die Streuobst-Produkte zu finanzieren, bietet das Unternehmen über die Plattform wiwin eine Anleihe an. Die Mindestzeichnung beträgt 250 Euro. Bei einer Laufzeit von fünf Jahren beträgt der Zinssatz 7,0 Prozent pro Jahr. Zudem sind ein verkaufsabhängiger Bonuszins und eine Exiterlös-Beteiligung möglich. Welche Risiken stehen dem gegenüber?

Anbieterin und Emittentin der nachrangigen, tokenbasierten Schuldverschreibungen ist die Streuobstwiesen Manufaktur GmbH mit Sitz in Berlin. Das 2014 gegründete Unternehmen hat nach eigenen Angaben im Geschäftsjahr 2021 erstmals mehr als 1 Million Flaschen abgesetzt.

Minister und Kardinäle

Insgesamt hat die Streuobstwiesen Manufaktur den Angaben nach bisher über 2.000 Tonnen biozertifiziertes Streuobst abgenommen. Streuobst beschreibt eine naturverträgliche Anbauform in der Landwirtschaft, bei der Bäume “verstreut” auf der Wiese stehen. Ökologisch bewirtschaftete Streuobstwiesen sind in der Regel sehr artenreiche Biotope. Alte Streuobstsorten haben meistens auch einen hohen Anteil an gesunden, sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenolen. Als Basis aller ihrer Getränke nutzt die Streuobstwiesen Manufaktur nach eigenen Angaben altbewährte Mostapfelsorten wie den “Minister von Hammerstein”, den “geflammten Kardinal” oder die “gelbe Schafnase”.

Aufgrund von Flächenversiegelungen und der Intensivierung der Landwirtschaft ist der Bestand von Streuobstwiesen in Deutschland nach Angaben des Unternehmens seit 1955 um 80 Prozent zurückgegangen. Ein wesentlicher Grund: Die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen ist aufwendiger als die von konventionellen Obstplantagen. Daher zahlt die Streuobstwiesen Manufaktur einen deutlich höheren Preis für das Obst an die Landwirtinnen und Landwirte, damit sie ihre Streuobstwiesen nicht aufgeben.

Bis 2026 will das Unternehmen weitere 40 Millionen Flaschen produzieren und so den Erhalt von regionalen Streuobstwiesen substanziell und langfristig für die Zukunft sicherstellen.

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Die Emittentin hat sich laut Anlagebroschüre (Stand: 3.6.2022) bisher auf die Szene-Gastronomie ihrer Heimatstadt Berlin fokussiert. 2021 legte sie dann aufgrund der Corona-Beschränkungen den Fokus auf den Einzelhandel und ist in den nationalen Bio-Lebensmittelhandel eingetreten. Bis Ende 2021 haben nach Angaben des Unternehmens 135 Alnatura- und 240 denn’s-Filialen Ostmost-Produkte in ihr Sortiment aufgenommen.

Das Emissionsvolumen des vorliegenden Anleiheangebots „Ostmost Wachstumsfinanzierung“ beträgt bis zu 1,5 Millionen Euro. Der Nettoemissionserlös soll für den Ausbau der Geschäftstätigkeit verwendet werden. Das bedeutet konkret laut Anlagebroschüre, weiter nachhaltig zu wachsen und das Vertriebsteam kontinuierlich auszubauen. Im Geschäftsjahr 2020 beschäftigte die Emittentin laut Jahresabschluss-Angaben im Durchschnitt 8,25 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Laufzeit und Zins

Die Laufzeit der Anleihe endet am 30. Juni 2027. Die Emittentin ist aber berechtigt, die Schuldverschreibungen ab dem 1. Juli 2025 mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende eines Kalenderquartals zu kündigen. In dem Fall beträgt die vom Unternehmen zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung 70 Prozent der Zinsen, die bis Ende Juni 2027 noch fällig geworden wären.

Der Zinssatz der Anleihe beträgt 7,0 Prozent pro Jahr. Darüber hinaus ist ein Bonuszins möglich, der von den verkauften Produkten (Flaschen) der Emittentin abhängt. Wenn laut Basisinformationsblatt (BIB, Stand: 30.5.2022) die Anzahl der verkauften Produkte in einem Zinslauf zwischen 5 und 10 Millionen liegt, beträgt der Bonuszins 2 Prozent. Bei 10 bis 20 Millionen verkauften Produkten beträgt der Bonuszins 3 Prozent, bei mehr als 20 Millionen Produkten 7 Prozent. Der erste Zinslauf begann am 1. Juli 2022 und endet am 30. Juni 2023. Alle weiteren Zinsläufe beginnen am 1. Juli eines Kalenderjahres und enden am 30. Juni des Folgejahres.

Die Emittentin plant laut Anlagebroschüre, im Zuge ihrer Expansion 2024 mehr als 5 Millionen und 2025 erstmals mehr als 10 Millionen Flaschen abzusetzen. 2021 lag der Absatz bei rund 1,1 Millionen Flaschen.

Soweit bei der Emittentin während der Laufzeit ein Exitereignis eintritt (Börsengang, Verkauf der wesentlichen Gesellschaftsanteile, Verkauf der wesentlichen Werte des Unternehmens), werden Anlegerinnen und Anleger zusätzlich anteilig an einem etwaigen Erlös aus dem Exit beteiligt. Die Berechnungsformel für den Exitbetrag wird in den Anleihebedingungen erläutert.

Hohe Risiken

Bei der Anleihe handelt es sich um nachrangige, tokenbasierte Schuldverschreibungen, die mit einem Rangrücktritt und einer vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre ausgestattet sind.

Die Streuobstwiesen Manufaktur ist nach eigenen Angaben noch nicht in der Gewinnzone. Laut Jahresabschluss hat das Unternehmen 2020 bei einer Bilanzsumme von rund 1,74 Millionen Euro einen Jahresfehlbetrag von rund 260.000 Euro verzeichnet (2019: Jahresfehlbetrag rund 60.000 Euro). Der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2021 ist noch nicht im Unternehmensregister veröffentlicht (Stand: 5.7.2022). Die Emittentin wurde nach eigenen Angaben durch die Corona-Einschränkungen hart getroffen, da die Gastronomie bis dahin ihr stärkster und strategisch wichtigster Absatzkanal war.

Es besteht ein erhebliches Risiko, dass sich der Absatz der Emittentin nicht im geplanten Umfang erhöht. Marktbezogene Risiken sind laut BIB beispielsweise: Rückgang der Nachfrage nach Nahrungsmitteln aus nachhaltigem Anbau, sinkende Bereitschaft, für qualitativ hochwertige Produkte einen höheren Kaufpreis zu akzeptieren, und Anstieg des Wettbewerbs. Es ist möglich, dass viele (potenzielle) Ostmost-Käuferinnen und -Käufer aufgrund der hohen Inflation auf preisgünstigere Produkte mit geringerem ökologischen Nutzen ausweichen.

Die Streuobstwiesen Manufaktur ist teilweise abhängig von Dienstleistern und Produzenten. Das betrifft laut Anlagebroschüre den Systemdienstleister für das Leergut, der seinerseits von Kisten- und Glasproduzenten abhängt, und den Flaschenabfüller. Derzeit hat die Emittentin laut Anlagebroschüre nur einen Produzenten, der die Ostmost-Produkte abfüllt. Aktuell wird Unternehmensangaben zufolge ein zweiter Produzent „aufgeschaltet“. Auch ist die Emittentin abhängig von Ernteerträgen, die deutlich schwanken können.

Insgesamt ist die Streuobstwiesen Manufaktur hohen Risiken ausgesetzt, sodass für ihre Anlegerinnen und Anleger ein erhebliches Risiko besteht, ihr eingesetztes Kapital zu verlieren.

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