Mit dem Nettoerlös der Anleihe sollen etwa Gezeitenkraftprojekte in Kanada entwickelt werden. / Foto: reconcept

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Anleihe „reconcept Green Bond I“ mit 6,75 Prozent Zins – und die Risiken?

Reconcept hat bereits zahlreiche Geldanlagen initiiert, mit denen Privatanleger in Wind-, Wasser- und Solarkraftprojekte investiert sind. Dagegen investieren Anleger mit der Anleihe der reconcept GmbH nicht (direkt) in Projekte, sondern in den Entwickler dieser Projekte.

Was sollten Anleger dabei berücksichtigen? Welche Risiken bestehen bei der Anleihe, die einen Zins von 6,75 Prozent pro Jahr bei einer Laufzeit von 5 Jahren bietet?

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Die Anleihe mit der Bezeichnung „reconcept Green Bond I“ hat ein Emissionsvolumen von bis zu 10 Millionen Euro. Die Emissionskosten betragen laut Prospekt bis zu 700.000 Euro. Der fixe Emissionskosten-Anteil, der vom Platzierungsvolumen unabhängig ist, wird im Prospekt nicht benannt. Mit dem Nettoerlös der Anleiheemission von bis zu 9,3 Millionen Euro plant die reconcept GmbH nach eigenen Angaben,

  • Investitionen der reconcept Gruppe und zugehöriger Projektgesellschaften im Bereich der Erneuerbaren Energien vornehmlich in Kanada und Finnland zu finanzieren
  • sowie maximal zu 50 Prozent bisherige externe Finanzierungen abzulösen oder diese innerhalb der reconcept Gruppe umzufinanzieren
  • des Weiteren die Projektplanung im Windenergiebereich auch auf andere Länder Skandinaviens und des Baltikums sowie im Photovoltaikbereich auf Zypern auszuweiten
  • die Projektentwicklung im Bereich der Meeresenergie neben Kanada insbesondere in der Region Südostasien auszubauen

Der Schwerpunkt liegt nach Angaben von reconcept auf Windkraftprojekten in Finnland und Gezeitenkraftprojekten in Kanada. Die Projektentwicklung der reconcept-Gruppe erfolge vor allem über eigene Joint-Venture-Unternehmen (Gemeinschaftsunternehmen) in Finnland sowie über Projektpartner in Kanada.

Abschreibungen und eine Rückstellung

Die Emittentin der Anleihe, die reconcept GmbH, hat laut Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) 2019 Umsatzerlöse von rund 1,02 Millionen Euro erzielt. Im Vorjahr 2018 lagen die Umsatzerlöse noch bei rund 3,3 Millionen Euro. Im Geschäftsjahr 2019 wirkten sich auch Abschreibungen von zusammen rund 2,81 Millionen Euro negativ in der GuV aus (2018: 0 Euro). Zudem lagen die „Sonstigen betrieblichen Aufwendungen“ der Emittentin 2019 mit rund 3,91 Millionen Euro deutlich über denen von 2018 (0,91 Millionen Euro).

Der Hintergrund: Es wurde 2019 eine Rückstellung für eine Werthaltigkeitsgarantie von rund 3 Millionen Euro gebildet. Diese steht laut Prospekt im Zusammenhang mit Projektrechten an Flusslaufkraftwerken in den kanadischen Rocky Mountains, bei denen von den Ureinwohnern (First Nations) wahrgenommene Mitwirkungsrechte und eine Gesetzesänderung zur Stromabnahme eine Neubewertung erforderlich machten.

Gewinn durch Anteilsverkauf an Tochterunternehmen

Die reconcept GmbH konnte es aber vermeiden, für 2019 einen hohen Millionenverlust ausweisen zu müssen, indem sie ihren Anteil am Gemeinschaftsunternehmen Tuulialfa Oy an ihre – Ende 2019 umbenannte – Tochtergesellschaft reconcept Finnland GmbH verkaufte.

Grund für diese Maßnahme war nach Angaben von reconcept die strategische Entscheidung, sich in Finnland neu zu strukturieren. Aus dem Verkauf resultierte laut GuV 2019 ein Gewinn von 10,9 Millionen Euro für die Emittentin, so dass sie für das Geschäftsjahr 2019 einen Gewinn von rund 3,28 Millionen Euro verbuchen konnte.

Kann das Tochterunternehmen den Kaufpreis zahlen?


Werden Windparkprojekte in Finnland sich für reconcept rentieren? / Symbolfoto: Nordex

Tuulialfa Oy entwickelt derzeit mehrere Windkraft-Projekte in Finnland. Nach Angaben der Emittentin wird die Käuferin reconcept Finnland GmbH den Kaufpreis nur zahlen können, wenn die der Kaufpreisermittlung mit erheblichen Abschlägen zugrunde gelegte Bewertung der Projekte sich auch in weiteren Verkäufen als zutreffend oder zu niedrig erweist.

Die Projekt-Pipeline in Finnland umfasst laut Prospekt ca. 300 geplante Windenergieanlagen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Die Unternehmensstrategie besteht laut Prospekt darin, Projekte gemeinsam weitgehend – mindestens bis zur Baureife (Ready-to-build-Status) – zu entwickeln und dann gewinnbringend zu verkaufen.

Aus der Projekt-Pipeline in Finnland erwartet reconcept nach eigenen Angaben anteilige Verkaufserlöse im niedrigen zweistelligen Millionenbereich bis 2026.

Für neue Windkraftprojekte in Finnland gibt es keinen festen staatlichen Einspeisetarif mehr. Die Vergütung des Stroms erfolgt über technologieoffene Ausschreibungen sowie über privatrechtliche Stromabnahmeverträge, so genannte Power Purchase Agreements (PPA). PPA gelten beispielsweise auch für Gezeitenkraftwerksprojekte in Kanada und Solarprojekte in Zypern.

Es kann das Risiko bestehen, dass infolge der Corona-Krise der Abschluss von wirtschaftlich auskömmlichen PPA schwieriger wird, wenn beispielsweise Unternehmen weniger Strom benötigen. Auch ist es möglich, dass sich in den jeweiligen reconcept-Märkten die Rahmenbedingungen verschlechtern.

Hohe Verpflichtungen aus Anleihen

Die Emittentin ist laut Prospekt eine Holdinggesellschaft mit einem eigenen wesentlichen Geschäftsbetrieb. Die wesentlichen Vermögensgegenstände der Emittentin sind aber ihre Beteiligungen an ihren operativen Tochtergesellschaften und an Joint-Ventures. Erfüllen von der Emittentin finanzierten Unternehmen der reconcept Gruppe ihre Verpflichtungen gegenüber der Emittentin nicht, beziehungsweise nicht vollständig, besteht das Risiko, dass die Emittentin ihrerseits ihre Verpflichtungen gegenüber den Anleihegläubigern nicht (vollständig) erfüllen kann.

Im Zeitraum 2020 bis 2025 bestehen laut Prospekt für Tochter- und Enkelgesellschaften der reconcept GmbH schon aus den bisher begebenen Anleihen Rückzahlungs- und Zinsverpflichtungen von rund 20 Millionen Euro. Hinzu kommen dann die Verbindlichkeiten aus der neuen Anleihe „reconcept Green Bonds I“. Teile der neuen Anleihe sollen laut Prospekt zur Rückzahlung der Alt-Verbindlichkeiten verwendet werden.

Erweitertes Platzierungsrisiko

Es ist möglich, dass die reconcept GmbH zur (vollständigen) Rückzahlung der Anleihe „reconcept Green Bonds I“ nach 5 Jahren Laufzeit eine Anschlussfinanzierung benötigt. Es besteht dann das Risiko, dass sie diese nicht erhält. Schon während der Laufzeit der Anleihe tragen die Anleger das Vertriebs- und Platzierungsrisiko der reconcept GmbH mit. Das gilt nicht nur für den „reconcept Green Bonds I“ selbst, sondern auch für weitere (projektbezogene) Geldanlagen, die reconcept in den nächsten fünf Jahren auf den Markt bringt.

Fazit

Die Emittentin der Anleihe, die reconcept GmbH, hat als Holdinggesellschaft zahlreiche Tochtergesellschaften, mit denen sie eng verflochten ist. Ein Jahresabschluss für den reconcept-Konzern liegt aber nicht vor. Somit sind ein umfassender Einblick und eine fundierte Bewertung des Konzerns der Emittentin deutlich erschwert.

Da die Gesellschaften in hohem Umfang untereinander Geschäfte tätigen, haben die Einzel-Jahresabschlüsse der reconcept GmbH eine deutlich geringere Aussagekraft als ein Konzern-Jahresabschluss, so dass die Transparenz des Anleiheangebotes als teilweise gering gelten kann.

Das Projektentwicklungs-Geschäft ist mit hohen Risiken verbunden. Das gilt auch für den geplanten Einstieg in – für die Emittentin – neue Märkte, zum Beispiel in Südostasien und im Baltikum. Es besteht zudem das Risiko, dass sich infolge der Corona-Krise die Rahmenbedingungen für Investitionen in Erneuerbare-Energien-Projekte in den – bestehenden und neuen – reconcept-Märkten verschlechtern.

ECOreporter hat in diesem Jahr bereits ausführlich über Entwicklungen bei reconcept und ihre neue Kapitalanlage berichtet.

Ende März berichteten wir über einen neuen Eigentümer der reconcept GmbH. Wer sind nun die Eigentümer der reconcept GmbH? Ändert sich damit die Strategie von reconcept? Ist die Erschließung neuer Märkte geplant? Lesen Sie hier, was der Gesellschafterwechsel für Anleger bedeutet.

Energie aus Ebbe und Flut als nachhaltige Geldanlage: Für das Beteiligungsangebot „RE13 Meeresenergie Bay of Fundy“ sollen an der kanadischen Atlantikküste drei schwimmende Gezeitenströmungs-Kraftwerke errichtet und betrieben werden. ECOreporter hat das Angebot Ende Januar 2020 in einem ECOanlagcheck analysiert. Das Beteiligungsangebot RE13 ist seit Anfang Juni vollplatziert, ein Nachfolgeangebot ist in Planung.

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