Einfach E-Mail-Adresse eintragen und auf "Abschicken" klicken - willkommen!

Anleihen / AIF, ECOanlagecheck
Unabhängige Analyse: "RE13 Meeresenergie Bay of Fundy, Kanada“
Energie aus Ebbe und Flut als nachhaltige Geldanlage: Die reconcept 13 Meeresenergie Bay of Fundy GmbH & Co. KG plant, an der kanadischen Atlantikküste drei schwimmende Gezeitenströmungs-Kraftwerke errichten und betreiben zu lassen. Ein sinnvolles Klimaschutz-Projekt für die Energiewende und/oder zu riskant in der aktuellen Entwicklungsphase?
Anleger können sich ab 10.000 Kanadischen Dollar (umgerechnet rund 6.900 Euro) plus 3 Prozent Agio beteiligen. Die Kommanditbeteiligung hat eine geplante Laufzeit bis Ende 2036. Der prognostizierte Gesamtmittelrückfluss (inkl. 100 Prozent Kapitalrückzahlung) beträgt rund 190 Prozent vor individuellen Steuern. Der ECOanlagecheck analysiert das Angebot und nennt Stärken, Chancen, Schwächen und Risiken.
Der folgende Premium-Inhalt ist aufgrund des Artikelalters nun frei verfügbar.
Rund 13 Meter beträgt – bei Normalhochwasser – der Unterschied zwischen Ebbe und Flut (Tidenhub) in der Bay of Fundy. Die geplanten drei Kraftwerke mit der Bezeichnung "Force 1“ nutzen diesen Tidenhub aber nicht direkt, sondern die durch die Gezeiten erzeugte Meeresströmung. Daher werden diese Anlagen, die keinen Staudamm benötigen, auch als Meeresströmungskraftwerke bezeichnet. Die geplanten drei schwimmenden Plattformen sollen durch ein Drehgelenk mit Seilen am Meeresboden verankert werden und sich nach der Gezeitenströmung ausrichten können. An jeder Plattform sollen sechs Unterwasserturbinen mit einer Leistung von jeweils 70 Kilowatt befestigt werden. Sie werden über Tragarme ins Wasser geschwenkt und für Wartungsarbeiten aus dem Wasser gehoben.
Verträge größtenteils noch nicht abgeschlossen
Die Emittentin plant, Force 1 mittelbar über ihre kanadische Betreibergesellschaft ab Mai 2020 zu errichten, im August 2021 in Betrieb zu nehmen und danach 15 Jahre zu betreiben. Die Anteile an der Betreibergesellschaft reconcept 13 Meeresenergie Bay of Fundy Limited Partnership kauft die Emittentin von der reconcept Renewable Energy Ltd., einer Tochter der reconcept GmbH. Die Betreibergesellschaft soll die Projektrechte kaufen, die laut Prospekt die wirtschaftlichen Auswirkungen des Projektes vermitteln. Juristischer Eigentümer von Force 1 soll aber der jetzige kanadische Projektinhaber Sustainable Marine Energy (Canada) Ltd. bleiben. Dieser gehört wie auch der kanadische Betriebsführer (inkl. Wartung), der kanadische Plattformentwickler und der deutsche Turbinenhersteller zur Schottel-Gruppe mit Hauptsitz in Spay am Rhein, die weltweit über 1.300 Mitarbeiter hat.
Die Betreibergesellschaft hat laut Prospekt bis zum 2. Juni 2020 exklusiv die Möglichkeit, die Projektrechte zu erwerben. Die Verträge sind laut Prospekt größtenteils noch nicht abgeschlossen. Zudem liegen noch nicht alle erforderlichen Genehmigungen und Vereinbarungen für Force 1 vor. Unter anderem ist laut Prospekt der Stromabnahmevertrag noch nicht auf die Betreibergesellschaft übertragen. Auch die geplante Bankfinanzierung ist noch nicht abgeschlossen. Die sogenannte Due Diligence, in der das Projekt vor Abschluss eines Projekt-Kaufvertrages durch die Betreibergesellschaft auf Risiken geprüft wird, läuft nach Angaben von reconcept derzeit.
Für die Durchführung der Due Diligence sind im Prospekt Kosten von umgerechnet rund 240.000 Euro angesetzt (1 Kanadischer Dollar (CAD) entspricht 0,69 Euro; Kurs 23.1.2020). Für den Abschluss der Bankfinanzierung kalkuliert reconcept mit Bankprovisionen von umgerechnet rund 240.000 Euro. Insbesondere für Erstellung, Konzeption und Strukturierung des Beteiligungsangebotes erhält die reconcept GmbH von der Emittentin umgerechnet rund 410.000 Euro. Es wird im Prospekt angenommen, dass sich die Betreibergesellschaft zu rund 69 Prozent mit Fremdkapital finanzieren kann. Der einkalkulierte Zins beträgt 5,5 Prozent pro Jahr für die gesamte geplante Darlehenslaufzeit von 14,25 Jahren. Damit soll das Darlehen neun Monate vor dem Stromliefervertrag (Power Purchase Agreement, PPA) enden.
Hoher Einspeisetarif

Gezeitenkraftwerk-Testanlage von reconcept. / Foto: Unternehmen
Der Projektverkäuferin liegt zum Abschluss eines Stromliefervertrags mit dem Energieversorger Nova Scotia Power eine Lizenz vor, die vom Energieministerium der kanadischen Provinz Nova Scotia (Neuschottland) vergeben wurde. Daraus resultiert laut Prospekt, dass das Projekt Force 1 für 4.193 Megawattstunden (MWh) produzierten Strom eine feste Einspeisevergütung von umgerechnet rund 36 Eurocent je kWh erhält. Für weitere 838 MWh gibt es einen Einspeisetarif von umgerechnet 29 Eurocent/kWh. Eine darüber hinausgehende Stromproduktion wird laut Aussage von reconcept zum aktuellen Marktpreis abgenommen, der derzeit verhandelt werde. Das von der DNV GL erstellte Ertragsgutachten prognostiziert für die Kraftwerke von Force 1 einen jährlichen Stromertrag von 4.915 MWh, der Grundlage der Prospektprognose ist. Daraus ergibt sich, dass Force 1 für weitere 116 MWh ein fester Einspeisetarif zusteht. Insofern sind die möglichen Mehrerlöse bei einer überplanmäßigen Stromproduktion begrenzt bzw. derzeit noch nicht fundiert zu kalkulieren.
Welche Auswirkungen hat es, wenn Force 1 weniger Strom produziert als prognostiziert? Die im Prospekt dargestellte Sensitivitätsanalyse zeigt auf, welche Auswirkungen ein Jahresenergieertrag hat, der über die gesamte Laufzeit 10 Prozent unter dem Prognosewert liegt. In diesem Fall sinkt der prognostizierte Gesamtmittelrückfluss (nach Steuern und Steuerberatungskosten in Kanada, vor Progressionsvorbehalt in Deutschland) an die Anleger von rund 150 Prozent auf 93 Prozent. Also weniger als die 103 Prozent, welche die Anleger einzahlen. Für die Anleger bestehen ein Währungsrisiko und ebenso eine Währungschance, wenn sie in CAD erhaltene Auszahlungen in Euro umtauschen.
Kraftwerk: ein Prototyp, keine langjährigen Erfahrungswerte
Laut Prospekt wurden im Rahmen der Prognose wesentliche technische Parameter der Gezeitenkraftwerke geschätzt, die Einfluss auf den Ertrag haben. Es handelt sich laut Prospekt bei der Technologie von Force 1 um einen Prototyp. Wesentliche Komponenten (z. B. die Turbinen) basieren zwar auf langjährig erprobten Technologien, aber das Gesamtkonzept der Gezeitenkraftwerke wurde laut Prospekt erst seit November 2017 in Schottland und seit September 2018 im raueren Klima der Bay of Fundy getestet. Insbesondere hinsichtlich der geplanten Betriebszeit der Force 1-Kraftwerke von 15 Jahren bestehen somit keine umfassenden Langzeit-Erfahrungen.
Sicherheit durch Vollwartungsvertrag?
Das gilt nicht nur für den Stromertrag, sondern auch für den Wartungsaufwand und die Lebensdauer der Kraftwerke. Es besteht das Risiko, dass die Kraftwerke von Force 1 nicht 15 Jahre halten und/oder die Betriebs- und Wartungskosten deutlich über der Prognose liegen. Die Betreibergesellschaft plant, mit dem Betriebsführer einen Vollwartungsvertrag über die gesamte geplante Laufzeit der Kraftwerke von 15 Jahren abzuschließen. Dieser sieht laut Prospekt vor, dass der Betriebsführer eine jährliche durchschnittliche technische Verfügbarkeit von 95 Prozent (abzüglich 18,25 Tage für geplante Wartungs- und Reparaturarbeiten) garantiert und dafür ab dem vierten Betriebsjahr 29 Prozent der Umsätze erhält. Es sind aber Haftungsbeschränkungen zugunsten des Betriebsführers möglich. Laut Prospekt werden die "möglichen Entschädigungszahlungen sowie die maximale Haftung für die Verfügbarkeit im Rahmen eines pauschalierten Schadensersatzes“ ausgehandelt.
Die Emittentin und/oder die Betreibergesellschaft können zudem laut Prospekt die Leistungsfähigkeit und Zahlungsfähigkeit ihrer Vertragspartner nicht abschließend beurteilen. Der vorgesehene kanadische Betriebsführer ist auch Vertragspartner bei der Errichtung der Kraftwerke. Die Betreibergesellschaft leistet dabei plangemäß frühzeitig erhebliche Anzahlungen: insgesamt 60 Prozent des Kaufpreises bis zum geplanten Beginn der Offshore-Konstruktionen am 1. Juni 2020. Es besteht das Risiko, dass die Kraftwerke nicht fertiggestellt werden und der Vertragspartner die Anzahlungen nicht zurückzahlt. Der Vertragspartner Spicer Marine Energy Inc. wurde im Juli 2019 gegründet und hat ein haftendes Kapital von 1.000 CAD.
Stärken
- Standort mit hohem Stromertragspotenzial
- Erfahrener Turbinenhersteller
- Vollwartungsvertrag mit Verfügbarkeitsgarantie vorgesehen
Schwächen
- Verträge größtenteils noch nicht abgeschlossen
- Genehmigungsrisiken noch möglich
- Keine langjährigen Erfahrungswerte
- Baurisiken
Chancen
- Niedrigere Fremdkapitalzinsen als kalkuliert
Risiken
- Geringerer Stromertrag als kalkuliert
- Geplante Lebensdauer der Kraftwerke wird nicht erreicht
- Begrenzung der Haftungszahlungen der Vertragspartner
- Höhere Fremdkapitalzinsen als kalkuliert
Fazit:
Gezeiten- bzw. Meeresströmungskraftwerke befinden sich derzeit noch in einer frühen Entwicklungs- und Marktphase. Daher sind sie im Vergleich zu Solar- und Windenergieanlagen größtenteils derzeit (noch) nicht wettbewerbsfähig. Sie haben aber in verschiedenen Ländern ein hohes Potenzial, um dort zum Gelingen der Energiewende beizutragen. Falls sich die Kraftwerke Force 1 im Praxistest bewähren sollten, kann dies dem Hersteller künftig gute Absatzchancen eröffnen.
Im Vergleich dazu sind die Chancen der Anleger, die über RE13 Meeresenergie in Force 1 investieren, gering. Die Vorsteuer-Renditeerwartung (IRR) für die Anleger beträgt auf Basis der Prognoserechnung – abhängig vom Zeitpunkt der Zeichnung – bis zu ca. 6,9 Prozent pro Jahr. Die Risiken für die Anleger sind aber erheblich. Es bestehen beispielsweise noch Genehmigungs- und Fremdfinanzierungsrisiken. Wenn alle projektbezogenen Verträge abgeschlossen werden können, trägt der Anleger mittelbar in der Folge die Bau- und Inbetriebnahmerisiken der Kraftwerke. Langjährige Erfahrungswerte für die Kraftwerke liegen nicht vor. Daher ist nicht fundiert zu beurteilen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie den prognostizierten Stromertrag und die geplante Lebensdauer erreichen. Angesichts der hohen Risiken ist die Renditeerwartung für die Anleger gering.
Basisdaten
Anbieterin: reconcept consulting GmbH, Hamburg
Emittentin: reconcept 13 Meeresenergie Bay of Fundy GmbH & Co. KG, Hamburg
Betreibergesellschaft: reconcept 13 Meeresenergie Bay of Fundy Limited Partnership, Kanada
Geschäftsführerin (Komplementärin) der Emittentin und der Betreibergesellschaft: reconcept Capital 03 GmbH, Hamburg
Treuhänderin: reconcept Treuhand GmbH, Hamburg
Beteiligungsform: Treugeber, Umwandlung in Direktkommanditist möglich
Währung: Kanadischer Dollar (CAD)
Gesamtfinanzierungsvolumen: 16,7 Millionen CAD
Eigenkapitalvolumen (ohne Agio): 6 Millionen CAD, Erhöhungsoption auf max. 10 Millionen CAD
Mindestzeichnungssumme: 10.000 CAD
Agio: 3,0 Prozent
Laufzeit: bis zum 31. Dezember 2036 (Plan, Mindestlaufzeit)
BaFin-Billigung: Ja
Leistungsbilanz: Ja
Mittelverwendungskontrolle: Ja
Sensitivitätsanalyse: Ja
Haftsumme: 100 Euro je 1.000 CAD Pflichteinlage (Außenverhältnis), 100 Prozent der Pflichteinlage (Innenverhältnis)