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Biogas-Anlage insolvent - was das für UDI-Anleger bedeutet
Die Betreibergesellschaft einer Biogas-Anlage in hessischen Nieder-Klingen, südlich von Darmstadt, hat Insolvenz angemeldet. Hinter dem Projekt steht die Nürnberger UDI-Gruppe. Was sind die Hintergründe, wer trägt den Hauptschaden, welche Anleger sind betroffen?
Biogasanlagen liefern normalerweise 24 Stunden am Tag Strom, auch wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Aber obwohl sie wetterunabhängig arbeiten - etwas Wichtiges brauchen sie: Substrate. Also Grundstoffe, aus denen das Biogas entsteht. Gülle, Mais, anderes. Das liefern Landwirte. Normalerweise gegen Festpreise, die vertraglich für Jahre festgelegt sind.
Aber was, wenn die Landwirte Schlupflöcher in Verträgen suchen? Wenn sie Transportkosten hochrechnen, wenn sie Substrate aus weiteren Entfernungen heranholen als vereinbart? Interpretationsspielräume gibt es vielfach bei solchen Verträgen. Werden sie arg weit ausgedehnt, kommt es in der Regel zu Prozessen. Gehören die Biogasanlagen Gesellschaften, die dafür ein Finanzprodukt aufgelegt haben und Anleger beteiligt haben, droht diesen Gesellschaften Ungemach: Jeder Prozess lässt Anleger misstrauisch werden.
Und eine Insolvenz ist erst recht ein Risiko für das Ansehen einer Gesellschaft, die Investments anbietet. Mit anderen Worten: Wer mit einer solchen Gesellschaft verhandelt, kann darauf vertrauen, dass sie es nicht zum Äußersten kommen lassen wird. Es wird alles getan, um eine Insolvenz zu vermeiden. Das ist der Normalfall. Hier liegt der Fall anders: Die UDI Biogas Otzberg Nieder-Klingen GmbH & Co. KG mit Sitz in Nürnberg hat - zur Vermeidung insolvenzrechtlicher Risiken aufgrund drohender Zahlungsunfähigkeit - am 15. Juni den Antrag auf Insolvenz beim Amtsgericht Nürnberg gestellt.
Als Folge aus der Insolvenz der UDI Biogas Otzberg-Nieder-Klingen GmbH & Co. KG wird zwangsläufig auch deren Komplementärin, die UDI Biomasse Verwaltungs GmbH, Insolvenz anmelden müssen. Da diese Gesellschaft auch die Komplementärfunktion bei anderen UDI-Fonds innehat, wird ein Austausch der Komplementärin notwendig werden.
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Wer ist betroffen?
Von der Insolvenz der Biogas-Anlage betroffen sind die Anleger zweier UDI-Finanzprodukte: Die Kapitalanlage UDI Sprint Festzins IV mit einem Gesamtvolumen von ca. 11,28 Millionen Euro hatte 860.000 Euro (7,6 84 Prozent des Gesamtvolumens) in die Projektgesellschaft der Biogas-Anlage Otzberg als Nachrangdarlehen vergeben. Und die Kommanditbeteiligung UDI Biogas 2011 (6 Millionen Euro Gesamtvolumen) hatte 900.000 Euro (15,2 Prozent) in die Biogasanlage investiert.
Reißleine gezogen
Die UDI-Gruppe muss gewusst haben, dass sie mit der Insolvenz die Anleger in Alarmbereitschaft versetzt. Warum hat sie trotzdem die Reißleine gezogen? Bei dem derzeitigen Verfahrensstand ist eine komplette Klärung der Hintergründe noch nicht zu erwarten. Nach ECOreporter-Schätzungen dürfte aber die Bank, welche die Biogas-Anlage finanziert hat, einen wesentlich höheren Ausfall zu beklagen haben als die Anleger. Die sind also nicht die einzigen Geschädigten – kein Trost, aber ein Hinweis darauf, dass die Situation verfahren gewesen sein muss.
Und das wohl von Anfang an. Denn der damalige Generalunternehmer der Biogas-Anlage meldete schon vor Fertigstellung Insolvenz an. 2011 ging die Anlage dann in Betrieb. Die Fertigstellung der Anlage durch andere Hersteller hatte höhere Kosten als prognostiziert verursacht. Zusätzlich zeigte sich nach Angaben von UDI mit Betriebsbeginn, dass die Anlage nicht die prognostizierten Erträge und Kosten erreichen würde und weitere Mängel aufwies. Obwohl die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft 2016 durch externe Berater ein positives Fortführungsgutachten bekam, führten weitere ungeplante Störungen und Ausfälle zu einer absehbaren drohenden Zahlungsunfähigkeit.
Immer neue Auflagen und Hindernisse
Die Anlage wurde zuletzt durch einen norddeutschen Biogas-Betreiber kaufmännisch und technisch geführt. Faktoren zur negativen Entwicklung der Kostenstruktur der Anlage waren nach Angaben von UDI zusätzliche behördliche und gesetzliche Auflagen. So seien durch die Düngemittelverordnung, die Landwirten kürzere Ausbringungszeiten für Gärreste vorschreibt, bei der Anlage längere Speicherzeiten für die Gärreste erforderlich geworden. Bedingt dadurch hätte die Gesellschaft trotz bestehender Betriebsgenehmigung nachträglich einen sechsstelligen Betrag in den Bau größerer Gärrest-Lager investieren müssen.
Auch ein geplantes Nahwärmenetz, das zu zusätzlichen Einnahmen führen sollte, konnte nicht realisiert werden. Hinzu kamen gerichtliche Auseinandersetzungen mit einem Landwirt, der Kostenforderungen stellt, die aus Sicht der Projektgesellschaft unberechtigte waren. Der Streitwert daraus soll mehrere hunderttausend Euro betragen.
Verkauf der Biogas-Anlage kam nicht zustande
Die Geschäftsführung der Projekt-Gesellschaft hat in den letzten Monaten den Verkauf der Anlage an den örtlichen Landwirt, der zugleich für die Lieferung der Substrate verantwortlich war, vorangetrieben. Aber dazu kam es nicht mehr. Die Geschäftsführung hat nun den Insolvenzantrag gestellt. Der vorläufige Insolvenzverwalter könnte den Verkauf und Weiterbetrieb der Anlage versuchen. Ob und in welcher Höhe aus den Nachrangdarlehen Rückflüsse zu erwarten sind, wird sich nach Angaben von UDI im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens zeigen.
Georg Hetz, Geschäftsführer der UDI Beratungsgesellschaft mbH erläutert dazu: „Unsere zahlreichen intensiven Bemühungen, die Biogas-Anlage dauerhaft in einen rentablen Bereich zu führen, konnten den jetzt erforderlichen Schritt leider nicht verhindern. Unser Konzept, Kapitalanlagen zu vermitteln, die in verschiedene Projekte investieren, hat aber erfolgreich die Risiken für unsere Anleger gestreut.“
Laut Hetz sollen Verluste, deren Höhe erst im weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens feststehen wird, wenn möglich durch Mehreinnahmen bei anderen Projekten zumindest teilweise ausgeglichen werden. Laut UDI laufen beispielweise die Biogas-Einspeiseanlagen dauerhaft gut. Hetz: "Die Entwicklung ist bedauerlich, aber nachdem sich nun auch noch die Realisierung des Nahwärmenetzes endgültig zerschlagen hat, blieb uns nichts anderes als der Insolvenzantrag übrig, um unsere Anleger zu schützen."
Fazit:
ECOreporter-Einschätzung: Weil die finanzierende Bank bei der Insolvenz der Biogas-Anlage viel Geld verlieren könnte, dürfte ein Verkauf der Biogas-Anlage nicht ausreichen, um Verluste auszugleichen. Weil andere finanzierte Projekte aber laufen, dürften die betroffenen UDI-Anleger ihr Kapital aus den beiden UDI-Finanzprodukten zurückerhalten, es sei denn, weitere Projekte geraten in Schwierigkeiten – wofür es derzeit aber keine erkennbaren Anzeichen gibt.
Inwieweit die Anleger die kompletten Zinsen erhalten werden, die prognostoziert waren, ist offen. Die Konstruktion der beiden UDI-Finanzprodukte führt nach ECOreporter-Einschätzung dazu, dass die Kredite, mit denen die Biogas-Anlage finanziert wurde, nun nicht den Anlegern zur Last fallen - ärgerlich für die Bank, erleichternd für die Anleger.