Bürgerenergieprojekte sind für den Erfolg der Energiewende unabdingbar. / Foto: ECOreporter

  Erneuerbare Energie

Energiewende: Bürger am Drücker

Nur noch vier Jahre – dann treten die deutschen Atomkraftwerke schrittweise in den Ruhestand. Doch die Lichter werden nicht ausgehen. Denn die Erneuerbaren Energien können schon heute konkurrenzlos günstigen Strom liefern.

Entscheidender Faktor nun: die sogenannte Bürgerenergie.

Marcus Biermann weiß, wer auf der Bremse steht: die Bundesregierung. „Wenn die uns nicht immer wieder mit ihren politischen Maßnahmen stoppen würde, würden wir das Ziel viel schneller erreichen“, sagt er. Das Ziel? Das ist für Biermann, Solar- und Windkraftwerke da aufzubauen, wo sie nötig sind: nahe beim Stromverbraucher.

„Kurze Wege zum Bürger“ nennt er die Strategie. Biermann, Gründungsmitglied und Vorstand der Bürgerenergiegenossenschaft NaturEnergie Region Hannover eG sagt, für die alten Spieler im Markt, die riesigen Stromkonzerne, sei da kein Platz mehr. Eine Kostenfrage sei es auch nicht. Die Bürgerkraftwerke würden schließlich günstigen Strom bereitstellen.

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Lobbyarbeit zahlt sich leider aus: Bundesregierung bremst Bürgerenergieprojekte

Aber warum bremst die Bundesregierung dann die grüne Energie? „Das liegt an der guten Lobbyarbeit der fossilen Player“, meint Biermann. Also derjenigen Unternehmen, die vor allem mit alten Kohlekraftwerken ihr Geld verdienen, unterstützt von Gewerkschaften und Parteien, die dort ihre Mitarbeiter und Wähler schützen wollen.

Biermann dagegen will die Bürgerenergie voranbringen. Also Kraftwerke bauen, die Strom erzeugen und in der Hand von Bürgern sind: Solaranlagen auf Hausdächern. Windkraftwerke, die Genossenschaften gehören, deren Eigentümer wiederum die Bürger sind. Oder kleine Stromgesellschaften, an denen Bürger sich mit Geld beteiligen
können.

Wenn Bürger frei Strom handeln könnten, wären Energiekonzerne überflüssig

Und welche Bremse genau muss gelockert werden? Marcel Keiffenheim, der Leiter Politik und Kommunikation der Greenpeace Energy Genossenschaft, erläutert: „Bürger müssen ihren selbst produzierten Strom untereinander handeln können, ohne übermäßige Abgaben und Entgelte.“

Um diesen Punkt werde derzeit auf EU-Ebene hart gerungen, so Keiffenheim. Denn wenn der Bürgerstromhandel wirtschaftlich möglich würde, wäre das eine kleine Revolution – weil der Strommarkt dann ökologischer und unabhängiger von den Energiekonzernen würde.

Anstatt Hürden für Bürgerenergie lieber Gebühren für Ausstoß von CO2

Die Situation heute ist anders: „Ständig neue bürokratische Hürden und Auflagen für bürgergetragene Projekte“, bemängelt Jan Dobertin, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Nordrhein-Westfalen. Er fordert unter anderem schnell die Abschaffung der sogenannten Umlage auf lokal  verbrauchten Grünstrom und einen Preis für Kohlendioxid.

Das würde die Kraftwerke treffen, die aus Kohle und Gas Strom erzeugen, denn dabei entstehen riesige Mengen an klimaschädlichem CO2. Es gilt als eine der Hauptursachen des Klimawandels. Und die Stromkonzerne dürfen die Erdatmosphäre bislang kostenlos damit belasten. Die Bundesregierung hat festgelegt, was sie bei der Energiewende mittelfristig erreichen will:

• Die Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 Prozent niedriger sein als 1990
• Bis 2022 sollen alle Atomkraftwerke abgeschaltet sein
• Erneuerbare Energien sollen bis 2025 40 bis 45 Prozent der Stromverbrauchs decken
• Der Primärenergieverbrauch soll 2050 um die Hälfte geringer sein als 2008

Lesen Sie hier den zweiten Teil unseres Porträts der Bürgerenergie-Bewegung.

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